Kapitel 04

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Nach einer Woche nur rumgammeln hatte ich genug. Ich wollte wieder zur Schule.

Maria war erst skeptisch, ob es nicht zu früh sei, doch ich hatte sie dazu überredet, dass es mir gut tun würde, wieder in den Alltag zurückzukehren.

Als ich jedoch von meinem Wecker viel zu früh aus dem Schlaf gerissen werde, bereue ich meine Entscheidung sofort, doch es gibt kein zurück.

Im Halbschlaf schleppe ich mich ins Bad und mache mich fertig. Ich suche mir eins der neuen Outfits, die ich letzte Woche gemeinsam mit Maria gekauft hatte und binde meine Haare locker in einem Zopf zusammen.

Unten ist Maria schon in vollem Gange. In der Zeit, die ich mit ihr verbracht hatte, musste ich feststellen, dass sie selten nicht gut gelaunt ist. Die meiste Zeit über läuft sie mit einem breiten Lachen durch die Welt. Selbst jetzt lacht sie den Frühstückseiern entgegen, während sie diese zubereitet.

Luis sitzt bereits auf einem der cremeweißen Stühle und wackelt ungeduldig mit den Beinchen hin und her.

In den letzten Tagen konnte ich ihn regelrecht wieder aufblühen sehen. Er vermisst unsere Eltern, genau wie ich, dennoch lacht er immer öfter und wirkt wieder unbeschwert.

Während ich mich mit Maria immer besser verstehe, habe ich nach all der Zeit noch immer keinen Bezug zu Raik. Ihn sehe ich nur zum Essen, das wars. Womit er den Rest seines Tages verbringt, weiß ich nicht. Auch heute früh holt er sich nur sein Essen ab und verschwindet so schnell wie er gekommen ist.

Das Raik uns regelrecht ignoriert scheint Maria zu verdrängen. Für sie ist jenes Familienglück, das sie sich immer gewünscht hatte, in Erfüllung gegangen.

Ich setze mich zu Luis und warte bis Maria fertig ist. Irgendwann in der letzten Woche hatte ich aufgehört ihr meine Hilfe anzubieten. Sie lässt sich ja doch nicht helfen. Sie würde das gerne für uns machen, hatte sie erklärt und mittlerweile akzeptiere ich ihren Wunsch. Auch wenn das untätige dasitzen, während sie rumwuselt, immer noch komisch für mich ist.

Nach dem Essen packe ich schnell die letzten Bücher zusammen, die ich heute brauchen werde, und mache mich dann auf den Weg zur neuen Schule.

Maria hatte mir den Weg vor einigen Tagen gezeigt, sodass ich es ohne weitere Probleme pünktlich zum Schulgebäude schaffe.

Anders ist es mit den Räumen. Die Verteilung der Raumnummern scheint keinem System zu folgen, weshalb es sich als Neuling äußerst schwierig gestaltet sich zurecht zu finden.

Als ich die richtige Nummer dann endlich finde, ist der Flur bereits leer. Ich bin zu spät.

Um den peinlichen Auftritt der Neuen die zu spät kommt aus dem Weg zu gehen, begebe ich mich auf Erkundungstour durch das restliche Schulhaus. In der Hoffnung, die Räume demnächst besser zu finden.

Die Ruhe auf dem Flur versiegt augenblicklich, als es zur Pause klingelt. Massen an Schülern kommen aus den Räumen und eilen zur nächsten Stunde. Ich schließe mich dem Strom an und finde, zu meiner Erleichterung, dieses Mal pünktlich den Unterrichtsraum.

Anders als in meiner letzten Schule, scheint den Lehrern hier egal zu sein, wer den Unterricht besucht. Bis auf ein paar komische Blicke, von Schülern, die mich versuchen irgendwo einzuordnen, interessiert niemanden, dass ich neu bin.

Zur Mittagspause begebe ich mich zur Cafeteria, die ich vorhin während des Rundgangs entdeckt hatte. Maria hatte mir etwas Geld mitgegeben.

Bedacht mein überfülltest Tablett nicht fallen zu lassen und möglichst keinen anzurempeln, schlängle ich mich durch die Tische und finde schließlich einen einsamen Tisch in der hintere. Ecke. Lange allein bleibe ich aber nicht. Eine hochgewachsene blonde Schönheit, die etwas zu sehr an Mean Girls erinnert, setzt sich mir direkt gegenüber.

GeflüsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt