Kapitel 12

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Ich finde mich vor meiner Tür zusammengekauert wieder. Mein ganzer Körper schmerzt. Wie bin ich hier gelandet?

Als es mir einfällt bekomme ich direkt wieder eine Gänsehaut.

Ich schüttle die die Gedanken an gestern ab und gehe ins Bad.

Die bedrückte Stimmung verfliegt, als ich Nelli sehe, die auf mich zugerannt kommt. "Es tut mir ja so leid, ich bin mal wieder zu spät." Sie hakt sich bei mir unter. "Und was ist bei dir passiert, während wir uns nicht gesehen haben."

Ich seufze. "Wo soll ich da anfangen ..."

"Ich will alles wissen!"

"Gabriel stand auf einmal vor meiner Tür gestern Abend." Sie sieht zu mir rüber. "Oh ... mein ... Gott!"

"Er wollte mit mir reden, weil ich ja weggelaufen bin. Und naja wir haben uns geküsst und ..."

"Und was?", fragt Nelli ungeduldig.

"Und wir sind jetzt zusammen."

"Ahhhh!", quietscht Nelli und fällt mir um den Hals. "Du hast keine Ahnung wie sehr ich mich freue. Ich habe gebetet, dass das passiert. Ich bin überglücklich!"

Ich lache. "Du bist süß." Nelli grinst über beide Ohren, als wäre sie die verliebte und nicht ich.

Wir kommen gerade rechtzeitig zur ersten Stunde und mein Puls beruhigt such wieder. Ich werde mich wohl nie an Nellis Unpünktlichkeit gewöhnen.

Nach zwei quälend langen Deutschstunden, wechseln wir zu Musik und ich bereue aufs Neue, dass ich nicht doch lieber Kunst gewählt habe. Anders als Nelli bin ich leider nicht mit einer engelsgleichen Stimme gesegnet.

Herr Huld lässt uns eher gehen und so sind wir die Ersten in der Cafeteria. Es ist ungewohnt den großen Raum menschenleer zu erleben, dennoch genieße ich die kurze Ruhe vor dem Sturm.

Schon kurze Zeit später ist alles voll, wie immer. In der Menge entdecke ich auch Gabriel. Aufgeregt  winke ich ihm zu.

"Larissa", schimpft Nelli. "Du bist doch kein Kleinkind, dass seine Mutter im Publikum erkennt." Ich sehe sie erschrocken an. "So schlimm?"

Sie nickt, immer noch leicht schockiert.

Zu meinem Glück scheint Gabriel die Geste weniger schlimm zu finden. Er begrüßt mich mit einem Kuss auf den Scheitel und nimmt neben mir Platz. Währenddessen kann ich Nelli beobachten, die vor Freude fast zu platzen scheint.

"Hi Isa. Hallo Nelli." Gabriel reicht ihr seine Hanf über den Tisch, doch Nelli schaut ihn nur entgeistert an. "Okay. Ihr passt zusammen. Das ist weird!"

Als er demonstrativ seine Hand ein wenig mehr in ihre Richtung bewegt, schlägt sie mit einem Augenrollen dann doch ein.

"Geht doch." Er grinst. Dann dreht er sich zu mir, jetzt etwas ernster. "Isa, war es sehr schlimm gestern noch? Ich habe ihn noch schreien gehört." Er verzieht das Gesicht.

"Wer hat geschrien? Larissa, was weiß ich nicht?", mischt sich Nelli ein.

Ich seufze. "Ich habe das vorhin vergessen zu erzählen, aber wir wurden gestern von Raik überrascht, der ausgerastet ist, als er uns zusammen gesehen hat. Er hat rumgeschrien, wie bei seinem letzten Ausbruch und hat mich zurück ins Haus gezogen, um mir dort eine Ansage zu drücken."

Nellis Augen werden groß. "Das hast du mal eben vergessen zu erwähnen?"

Ich beiße mir auf die Unterlippe. "Tut mir leid, aber unsere Stimmung war vorhin so gut und ich war froh, dass ich es verdrängen konnte."

GeflüsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt