"Down. Hey, warte kurz." hörte ich jemanden rufen.
Verwirrt sah ich mich um.
Wer sollte etwas von mir wollen?Oder die bessere Frage - wem hatte Emmas Kommentar heute mir gegenüber noch nicht gereicht? Wer musste mich noch weiter runtermachen?
Ich fuhr mir noch einmal über das Gesicht, um die Spuren meiner Tränen zu vertuschen. Ich hasste mich dafür, dass man mich so leicht zum weinen bringen konnte. An sich war ich ja nicht einmal so emotional, aber bei manchen Themen war ich einfach.. Naja, sagen wir einmal sensibler.Und der Tod zweier Menschen die mir so nah gestanden hatten wie kaum jemand anderes fiel leider in den Bereich dieser speziellen Themen.
Während ich also versuchte die Spuren meines kleinen Zusammenbruchs auf dem Mädchenklo zu vertuschen, erkannte ich schließlich, wer meinen Namen gerufen hatte.
Seine blauen Augen funkelten schon von weitem und irgendwo tief in mir drin begann eine kleine Wunde sich wieder bemerkbar zu machen. Ein kleiner Stich tief in meinem Herzen.
Was wollte er von mir? Er hatte doch schon seit Ewigkeiten nicht mehr mit mir gesprochen..
Ich erinnerte mich daran, ihn in der vorderen Reihe gesehen zu haben, vorne bei Jason, als Emma mal wieder ihr erbärmliches Leben damit hatte ausgleichen müssen, mich runter zu machen. Brandon war dabei gewesen, er hatte alles mitbekommen.
Was also wollte er jetzt? Noch mehr auf mir rum trampeln? Nein danke, darauf konnte ich gerade so verzichten.
Also lief ich in die ihm entgegengesetzte Richtung los, auch wenn ich eigentlich in seine Richtung hatte laufen müssen, um zum Chemie Saal zu kommen. Ein Hoch auf die Schulen, an denen immer nur ein Weg zu dem Raum führt, in den du musst.
So schnell wie möglich laufend, ohne dabei zu rennen, entfernte Ich mich vom Brandon. Doch er ließ nicht locker.
"Warte Down." rief er den Gang entlang, und ich fühlte wie sich zahlreiche Augenpaare auf mich richteten.
Ja super. Gerade dann wenn ich verheult durch die Gänge flüchtete.
Innerlich meine kurzen Beine verfluchend lief ich weiter. Im Gegensatz zu mir versuchte Brandon aber nicht unauffällig zu sein.
Er verfiel in eine Art joggen und dadurch dass seine Beine bedeutend länger waren als meine und dass er als Footballspieler leider eine deutlich bessere Kondition als ich hatte, war es für ihn ein leichtes, mich einzuholen.
Ich zuckte zusammen, als sich eine Hand auf meine Schulter legte und mich festhielt.
"Warte Down. Du musst nicht wegrennen. Nicht vor mir".Nicht vor dir? Ich glaube gerade du bist die Person vor der ich flüchten sollte. "Ich renne nicht, ich laufe schnell. Hab keine Lust zu spät zur nächsten Stunde zu kommen und mir Nachsitzen einzubrocken."
"Du hast Chemie, da geht es in eine andere Richtung."
"Nein habe ich nicht. "
"Doch hast du."
"Ich habe englisch."
"Du hast Chemie. Englisch hattest du vorhin."
"Woher kennst du meinen Stundenplan?" ich beäugte ihn misstrauisch und machte einen Schritt nach hinten.
"Falls es dir noch nicht aufgefallen sollte, die englisch Kurse finden immer freitags in den ersten beiden Stunden statt. In jeder Stufe. Und wegen Chemie - Ich und Jason begleiten Celia immer zu Chemie und du bist dann meistens schon im Raum. "
"Aha"
"Ja."
Argwöhnisch musterte ich seine Erscheinung. Seine Augen funkelten noch immer im gleichen Blauton wie damals, doch sonst sah er komplett anders aus. Das kleine wohlfühlbäuchlein und das runde Gesicht sind einem durchtrainierten Körper und definierten Zügen gewichen. Es ist komisch, wie sehr sich ein Mensch in zwei Jahren ändern konnte.
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Gerechter Dieb
General Fiction---Manche Menschen sind anders als sie zu sein scheinen. Jeder entscheidet selbst wie er auf die anderen wirken will. Doch diese Maske,die wir uns dabei auflegen, zeigt nicht, wie wir wirklich sind--- Sie bricht in viele Läden ein, nur um die Beute...