Kapitel 43 - Aussprache & Familie

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Was wollte er denn hier?

* * *

"Down? "

Ich nickte  und blickte  überrumpelt auf die hochgewachsene Gestalt mit den braunen Haaren und den braunen Augen,  die direkt vor mir stand. Er trug eine graue Mütze  und einen ebenfalls grauen Pulli.
" Was machst du denn hier,  Tony? "

Mein Bruder hatte sich anscheinend vor mir von der Überraschung erholt,  denn er lehnte sich nach hinten und verschränkte die arme. "Ich wurde gestern kurzfristig zu einem Gespräch mit dem Rektor  eingeladen.  Er macht sich Sorgen um sein Umfeld und generell um deine Situation."

Ach, der Rektor hat ihn eingeladen?

Dieser Penner.  Nur weil er mich damals bei der Aktion mit dem Nachwürzen des Tagesessens nicht hatte bestrafen können  musste er mich  jetzt ja unbedingt in die scheisse reiten, indem er meinen großen  Bruder anrief. 

Super.  Tolle Idee.  So machte man sich bei seinen Schülern beliebt.

Ich war gerade dabei  genervt die Augen zu verdrehen,  als Tony  weitersprach.
"es war wirklich ein bisschen kurzfristig,  aber weißt du,  wenn mich jemand um ein Treffen bittet dann komme ich auch.  Der Rektor war ebenfalls da, im Gegensatz zu so manchen  anderen Personen in meinem näheren Umfeld,  die mich eingeladen hatten. " streng sah er mich  an.

Ach ja..  Das Treffen dass ich damals verpasst hatte weil ich zuerst bei den kleinen gewesen war und nachdem die Sache mit Celia  stattgefunden hatte..
Schuldbewusst  blickte ich zurück.
" ehm ja..  Doof gelaufen..  Einen Gruß von Mr. Reay übrigens.  Ehm.. Bock auf nen Kaffee? "

* * *
Tony war mir immer ein guter Bruder gewesen. 
Ein Beschützer,  eine Familie,  ein Freund.

Aber leider hatte er seine lockere Kumpel - Art  verloren seit..  Seit dem Unfall  bei dem unsere Familie ums Leben kam. 
Seitdem hatte er immer mehr die Vaterrolle  übernommen  und war immer ernster geworden. 
Dass er sich danach in eine Streber - Uni eingeschrieben hatte,  machte die Sache übrigens nicht besser.
Jetzt war er kaum wieder zu erkennen. Zwar sah er jetzt irgendwie  besser aus,  kleidete sich modischer,  aber seine lockere und Witzelnde Art,  die ich an ihm immer so gern gehabt hatte ,  war nicht mehr da. Den jungen,  mit dem ich,  sofern Brandon  nicht da gewesen war,  immer den Nachbarshund  geärgert hatte. Er war nicht mehr da.
Stattdessen war da ein geordneter,  strenger,  kein bisschen  chaotischer junger Mann mit einem hohen Bildungsstand und guten Chancen für die Zukunft.
Es war so eine Person die jeder Chef gerne in seinem Büro sitzen haben wollte.

Aber war es eine Person,  die ich als Bruder haben wollte?

Ich sah zu ihm rüber,  wie er am Steuer seines Fords  saß  und den Wagen zu irgendeinem Café  lenkte   während er auf die Straße sah.

"Was ist? Worüber denkst du nach? " er nahm seinen Blick,  wie es  jeder verantwortungsbewusste Fahrer tun sollte, nicht von der Fahrbahn.

Hatte der etwa  Augen an der Seite  oder wie hatte er das  gemerkt?
Du bist einfach nur höchst auffällig.
Ach so,  danke für die Antwort. Nicht.

Sollte ich ihm meine Gedanken wirklich sagen?  Nein,  das könnte ich nicht.  Ich konnte ihn doch nicht einfach so beschuldigen. Also entschied ich mich für etwas anderes.
"Wie geht es eigentlich mit deinem Studium voran? Ich habe den Eindruck,  dass dich das ganze ein bisschen" (sehr viel) "reifer"  (also strenger und unlustiger)  "gemacht hat."

er runzelte  die Stirn. "Ich bin eben Erwachsen geworden. Ich habe  gelernt Prioritäten zu setzen und verantwortungsvoll zu handeln."

In seinen Worten schwang ein gewisser Ton der Anklage  mit, weswegen ich sofort wusste worauf  er damit anspielen wollte.
"Ach,  und du denkst dass ich das nicht bin.  Dass ich nicht erwachsen  genug wäre. Nicht verantwortungsvoll wäre. "
Ich setzte mich etwas schräg auf meinen Sitz,  sodass ich ihn besser ansehen konnte .   Oder, besser gesagt, wütend anfunkeln konnte. 

Gerechter DiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt