Kapitel 59 - Fangfragen

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Klatsch.

"H...hast du mich gerade ernsthaft geohrfeigt?" ungläubig rieb er sich die Wange.

"Ja, vielleicht ist mir ja tatsächlich die Hand ausgerutscht. Aber wieder zum wesentlichen.. Bitte sag das das ein Witz ist."

"Ist kein Witz." zerknirscht sah er mich an, und das war ja wohl noch das mindeste.

Gerade erst hatten wir uns wieder zusammengerafft und redeten endlich wieder miteinander , und jetzt wollte er mich einfach so verlassen?
Das war ja wohl ein schlechter Scherz, oder?

Dieser..

"Meine Eltern haben sich getrennt und meine mum hat einen anderen Job dort gefunden. "

Er sah mich aus großen Augen an, und ich konnte nur ahnen wie schwer es für ihn war.
Aber.. Ich konnte ihn jetzt doch nicht einfach so ziehen lassen!

"Kannst du nicht bei deinem dad wohnen? "

Brandon schüttelte traurig den Kopf. "Das ist nicht so einfach, mein dad hat zu viel zu tun mit seinem Job. Außerdem hatten wie noch nie so ein gutes Verhältnis zueinander und.. Ich habe mich selbst entschieden bei meiner Mutter zu bleiben. Es noch mal von vorne zu versuchen, auch wegen der Chance mit Claire..Es tut mir leid."

Tat ihm leid..Das war ja schön und gut, aber..
Es änderte nichts an der Tatsache, dass er ging.
Absichtlich.

"..Außerdem" fuhr er fort, während ich versuchte mir klarmachen, dass es bedeutete dass ich ihn dann wahrscheinlich nie wieder sehen würde. Meinen alten Freund, den ich von klein auf kannte.
"..- meine Zensuren stehen im Moment eh nicht so gut, und wenn ich jetzt wechsle kann ich drüben quasi noch mal von vorne anfangen. Und dann gibt es keine Lehrer mehr, die mich einfach so hassen und mir deshalb ne schlechte Benotung in Mitarbeit geben."

Klang plausibel. So rein logisch betrachtet. Aber leider regierte ja nicht nur der verstand beim Menschen.

Einerseits wollte ich ihn wirklich verstehen. Ich wollte mich für ihn freuen, wie es gute Freunde nun mal taten.
Aber ich konnte einfach nicht. Was sollte ich denn ohne ihn anstellen?

Ja klar, ich hatte auch vorgehabt zu gehen, aber..
So fühlte es sich an, als wenn ich verlassen werden würde.

"Also ehrlich gesagt weiß ich nicht ob ich jetzt traurig oder wütend sein soll." sagte ich, während ich weiter mit unkoordinierten Bewegungen am Modell herumbastelte. Vergebens .
Traurig, das war ja wohl verständlich wieso. Und wütend weil.. Weil er sich selbst dazu entschieden hatte.

"Was meinst du, wie ich reagieren sollte?" Ich sah ihn nicht an, sondern fokussierte mich weiter auf das Modell.

"Eh.. Dankbar? "

Dankbar.
Genau. So sah ich auch aus.

"Dankbar dafür, dass mein jahrelanger und erst jetzt wieder gefundener bester freund mich in einer Woche verlässt? " meine Stimme klang seltsam hohl.

"Eh.. Dankbar dafür dass wir uns wenigstens aufgerafft haben und nicht im Streit auseinander gehen?"

"Das Mit dem Streit kann noch werden, weil du Penner mir das jetzt erst erzählst. Beziehungsweise es generell erzählst. Auf die Nachricht hätte ich echt verzichten können. "
Ich legte den Teller kapitulierend zur Seite, da das ganze durch die leichte Zerstörung dessen eh nicht mehr auf einen grünen Zweig kommen würde.
Dann sah ich ihn an, und blickte in seine Augen.
Es tat ihm wirklich leid, das könnte ich in ihnen erkennen.

"Sieh es positiv.. Du bist immerhin die erste, die davon erfahren hat. "

"Macht die Sache nicht besser."

Gerechter DiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt