Zunae starrte an die Decke und betrachtete das wunderschöne Gemälde, das die bekannten Göttertiere zeigte. Nicht nur die Seelenkatzen, auch die Drachen, Einhörner, Leviathane, Raben und Quallen waren zu sehen. Lediglich der Phönix fehlte. Vermutlich, weil niemand mehr wusste, ob eine Familie mit Phönixblut überlebt hatte. Es gab zwar Gerüchte, doch keine Garantie.
Im Vergleich zum Rest der Burg, war der Haremsbereich wunderschön dekoriert und voller Luxus. Hier gab es dutzende Dienerinnen, die sich um die Haremsfrauen kümmerten und es schien keine Sorgen zu geben.
Zunae konnte das nicht so recht glauben, weshalb sie auch nicht schlafen konnte.
Dainte, Yelir und Degoni hatten sie vor einer Stunde hergebracht, damit sie sich erholen konnte und waren wieder gegangen. Seitdem lauschte sie darauf, ob sie wirklich allein war.
Eigentlich wollte sie ihre unnötige Magie abgeben, um ihren Körper zu schonen, doch hier im Harem war das zu gefährlich. Die Frauen hier waren nicht geschützt. Keiner trug ein Artefakt oder beherrschte gar selbst Magie. Darum fühlte sich Zunae auch völlig Fehl am Platz.
Trotzdem wusste sie, dass der Harem sehr gut bewacht wurde. Überall gab es Wachen, die an den meisten Türen warteten.
Zunae erhob sich schwerfällig und lief auf sie Tür zu, die hoffentlich nach draußen führte. Als sie diese öffnete, atmete sie die frische Luft ein.
»Lady«, erklang eine vorsichtige Stimme und Zunae entdeckte Belle, die mit Blumen auf sie zu kam.
Sie legte fragend den Kopf schief, als ihr schon wieder schwummrig wurde und ihr Blick etwas verschwamm.
Zunae versuchte, nicht zu sehr zu schwanken, doch Belle schien es zu bemerken. »Bitte ruht Euch aus«, sagte sie schnall und hielt Zunae am Arm, als sie bei ihr war. »Der König wünscht nicht, dass Ihr hinausgeht«, bemerkte sie besorgt, schien sich aber nicht zu trauen, Zunae wieder hineinzuführen.
Diese versuchte sich wieder zu fassen, doch so richtig gelang es ihr nicht. »Ich würde mich gern setzen«, murmelte sie und suchte mit ihrem verschwommenen Blick nach einer Bank.
Sie verstand nicht, was mit ihr los war. Warum nahm diese Magie sie so sehr mit?
Belle sah sich hektisch um. »Hier entlang«, flüsterte sie und führte Zunae ein Stück nach links, wo sich eine Bank befand. Eine steinerne, wie Zunae spürte, als sie sich setzte.
Mit einem Seufzen lehnte sie sich zurück und schloss die Augen. Dabei spürte sie, wie sich etwas zwischen ihre Bein schlich und sich an sie drückte.
Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Belle, kannst du mir bitte etwas zum Trinken bringen?«, fragte sie, ohne die Augen zu öffnen.
»Wie Ihr wünscht«, erwiderte Belle sofort und lief los. Ihre sanften Schritte klangen an Zunaes Ohr und erst, als diese verklungen waren, öffnete sie die Augen.
Als sie sich jetzt versuchte zu fokussieren, wurde ihr Blick wieder klarer. Erst dann sah sie nach unten und schmunzelte.
Das schwarze Fellknäul, das sich um ihre Beine schmiegte, hatte sie die letzten Tage sehr vermisst.
Sie klopfte sich leicht auf ihren Schoß und mit einem eleganten Sprung landete Chiaki darauf, der sich sofort an ihre dargebotene Hand schmiegte. »Was hast du alles rausgefunden, mein Süßer?«, fragte sie leise und stupste mit ihrer Stirn sein Köpfchen an.
Statt Worte bekam sie eine Flut an Bildern, als würde der Kater ihr direkt zeigen, was er gesehen hatte.
Ohne Worte, die für Menschen verständlich waren, gab Chiaki das Gesehene weiter, was Zunae nachdenklich machte.
Es gab genug Diener im Schloss, doch Yelir schien keinen von ihnen richtig zu vertrauen. Zumindest nicht, wenn es um sie ging.
Er wusste, dass es wichtig war, dass ihr nichts geschah, weshalb er sich selbst um sie kümmern wollte. Zumindest hatte er das seinen Brüdern so noch einmal erzählt, als Chiaki sie beobachtet hatte.
Zunae wurde klar, dass er ihr aber auch nicht vertraute. Nicht unbedingt, wenn es darum ging, ihn nicht anzugreifen, aber aus irgendeinem Grund traute er ihr zu, sich selbst zu schaden, um den Frieden zu gefährden.
Zunae hatte zwar damit gerechnet, dass die Raenacs nicht vertrauensselig waren, doch dass sie noch immer so misstrauisch waren, machte sie nervös.
Chiakis Ausführungen machten sie nachdenklich.
Sie schloss erneut ihre Augen und begann Chiaki zu kraulen. Dabei ließ sie ihre Magie über ihre Kette in den Kater fließen, um ihn zu stärken und sich selbst von dieser seltsamen Magie zu befreien, die ihren Körper durcheinanderbrachte.
So saß sie eine Weile da, bis Belles Stimme erklang. »Lady, Euer Tee«, sagte sie, klang aber irgendwie anders als sonst.
Als Zunae die Augen öffnete, blickte sie in Belles besorgtes Gesicht, weshalb sie etwas lächelte, da Zunae davon ausging, dass Belle nur besorgt war. »Danke«, sagte sie und nahm die Tasse entgegen.
Erst dabei bemerkte sie, dass Belle nicht allein war. Es war Ariel, die an ihrer Seite stand und Zunae musterte, bevor sie lächelte.
Ariel knickste. »Lady Charlet hat mich gebeten, Euch Gesellschaft zu leisten.«
Obwohl Zunae nicht genau wusste, was sie von der Frau halten sollte, lächelte sie und deutete neben sich auf die Bank. »Ariel war Euer Name?«, fragte sie, während sich die zierliche Frau mit den blonden Locken elegant neben Zunae niederließ.
»Ja, Lady«, erwiderte Ariel mit einem Lächeln. »Lady Charlet hat mich Euch an die Seite gestellt, damit ich Euch auch ein wenig über den Harem beibringe«, erklärte sie, ohne gefragt zu werden.
Zunae nickte erneut. Dafür hatte sie im Moment zwar keinen wirklichen Kopf, aber vermutlich sollte sie es lieber früher als später lernen. Immerhin war das irgendwie wichtig.
»Sie ist es, die aktuell die Fäden in der Hand hat, oder?«, wollte Zunae wissen, denn sie war sich nicht mehr sicher.
Der Harem war eigentlich eine Sache, die sie weiterhin gern der Mutter des Königs überlassen wollte, doch vermutlich würde das zu Konflikten führen. Wenn sie es richtig verstanden hatte, dann gehörte der Wechsel von der Königsmutter zur Königin zur Tradition und diese sollte Zunae ehren. Sie war sich sicher, dass es sonst erneutes Problempotential hervorrufen würde. Niemand mochte es, wenn Dinge, die einem wichtig waren, von anderen mit Füßen getreten wurden.
»Nur so lange, bis Ihr in der Lage dazu seid, Ihre Arbeit zu übernehmen«, erwiderte Ariel.
Zunae machte das nachdenklich. Sie wusste nicht, ob sie das wollte oder nicht. Eigentlich würde sie die Sachen mit dem Harem lieber so weit wegschieben, wie es möglich war, aber gleichzeitig sollte das ihre Aufgabe werden.
Zunae stieß ein Seufzen aus. »Sobald ich mich wieder erholt habe, werde ich mit dem Lernen anfangen«, sagte sie und würde ihre körperliche Erschöpfung erst einmal als Ausrede nehmen.
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Das Blut der Drachen (Band 1+2)
FantasyZunae, eine starke Magierin bekommt eine wichtige Aufgabe. Sie soll das verfeindete Oberhaupt eines anderen Clans heiraten. Yelir Raenac. Das Problem: In dieser Gegend sind Frauen nicht sonderlich viel wert. Trotzdem könnten ihre Reiche in Gefahr se...