Kapitel 48

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Zunae spürte, das jemand sie rüttelte und immer wieder ihren Namen sagte, doch noch war ihr Körper dabei, die Magie, die ihn einzigartig machte, wiederherzustellen.

Sie fühlte sich schwerelos und hatte das Gefühl, um sich herum Dinge mitzubekommen, doch wirklich darauf reagieren konnte sie nicht.

Dennoch bekam sie mit, dass Degoni sie und Yelir fand und zu Dainte brachte. Er unterhielt sich mit dem Heiler, der sich zuerst um Yelir kümmerte. Er schien nicht schwer verletzt, was Zunae ein überraschendes Gefühl von Erleichterung verschaffte.

Yelir hatte zwar viel Blut verloren und hätten sie noch länger dort gelegen, wäre es kritisch geworden, doch durch Degonis schnelles Eingreifen, war er nun außer Gefahr.

Dafür wusste der Heiler nicht, was er mit ihr anfangen sollte.

»Arcas dieser Trottel«, schimpfte Degoni, doch Zunae hörte den Schmerz in seiner Stimme. »Was dachte er sich nur dabei?«

»Er hat mit dem Feuer gespielt und verloren«, erwiderte Dainte angespannt. »Yelir wird uns schon erzählen, was passiert ist, wenn er aufwacht.«

Degoni knurrte und Zunae hörte, wie er durch den Raum lief. »Hätte er ihn wirklich töten müssen?«, fragte er traurig und sofort fühlte sich Zunae schlecht. Sie war es gewesen, die diese Entscheidung getroffen hatte.

Aber was wäre die Alternative gewesen?

»Du hast die Szene gesehen«, erwiderte Dainte, der etwas distanzierter damit umzugehen schien. Er war zwar such mit Arcas verwandt, doch soweit Zunae verstanden hatte, war Degoni Arcas direkter Bruder und nur ein Halbbruder von Yelir. Es hatte sie bisher immer überrascht, wie innig die beiden Halbbrüder doch miteinander umgingen.

Zunae hörte ein leises Stöhnen. »Er kommt zu sich«, rief Degoni. Erneut erklangen Schritte und Zunae sah vor ihrem inneren Auge, sie Degoni zu seinem Bruder lief.

Dieser stöhnte leise und schien langsam wieder zu Bewusstsein zu kommen.

Zunae konnte nicht sehen, wie Yelir sie Augen aufschlug sih schwach umsah. »Wo ist Zunae. Geht es ihr gut«, brachte er mit schwacher Stimme hervor, was Zunae ein warmes Gefühl bescherte. Sie hätte nie geglaubt, dass sie die erste wäre, nach der er fragte, wenn er aufwachte.

Einer der beiden Männer schnaubte. »Komm erstmal auf dein eigenes Leben klar«, bemerkte Degoni mürrisch. »Ihr geht es besser als dir. Sie schläft nur.«

Glaubte er das wirklich oder sagte er das nur, um Yelir zu beruhigen.

Dieser stöhnte, vermutlich in dem Versuch, sich aufzusetzen. »Arcas hat sie verletzt, das habe ich deutlich gesehen«, krächzte er angestrengt.

»Wunden hat sie keine«, versicherte Dainte, der Yelir scheinbar dabei half, aufzustehen. »Erzähl uns lieber, was vorgefallen ist.«

Yelir seufzte. Dann hörte Zunae etwas Rascheln. »Was ist das?«, fragte Degoni skeptisch, als würde er etwas betrachten.

»Lies«, forderte Yelir rau.

Zunae konnte ihm nicht ganz folgen, doch als Degonis Stimme laut vorlas, wurde ihr übel.

»Wenn du deine Frau wiedersehen willst, dann komm beim ersten Morgenstrahl in den geschlossenen Innenhof.«

Degoni stieß die Luft aus. »Er hat sie genutzt, um dich zu einem weiteren Kampf zu zwingen?«, fragte er, klang aber weniger entsetzt, als mehr erschöpft und vielleicht enttäuscht.

»Und dann hat er auch noch unser Artefakt gestohlen«,erklärte Yelir.

Zunae wusste sofort, dass er die Fesseln meinen musste.

»Das erklärt, warum sie die Reste davon trägt«, erwiderte Dainte nüchtern. »Aber was genau ist nun passiert?«

Yelir stieß ein Seufzen aus. »Statt einem fairen Kampf, hat er sie bedroht. Mir blieb nichts anderes übrig. Ich musste dem ein Ende setzen, sonst wären wir beide tot.«

Zunae hörte die Worte und hätte am liebsten geweint. Sie war es gewesen, die Arcas getötet hatte, doch Yelir nahm die Schuld auf sich. Dabei ging es hier um seine Brüder. Zuzugehen, er hatte einen von ihnen getötet ...

Zunae hörte, wie es krachte, doch sie wusste nicht genau, was geschehen war. »Dieser Idiot«, knurrte Degoni frustriert. »Er hätte es einfach dabei belassen sollen. Wie kam er nur auf diese dumme Idee?«

Das war eine gute Frage. Zunae fragte sich, wie viel Charlet ihre Finger im Spiel gehabt hatte. Ob sie ihn dazu angestiftet hatte? Dabei war er eigentlich ein sehr charmanter Mann gewesen und sicherlich hätten sie in Zukunft gute Freunde werden können. Zudem war mit ihm auch ein wirklich guter Kämpfer verlorengegangen.

Mühsam kämpfte Zunae mit ihrem Körper, um zumindest etwas zu zucken. Nur so würde sie dafür sorgen können, dass sie ihre Augen wieder aufschlagen konnte. Es gelang ihr jedoch nicht, weshalb sie weiterhin nur zuhören konnte.

»Ich wünschte, es wäre anders gelaufen«, bemerkte Yelir, was Degoni leise knurren ließ.

»Ich habe die Szene gesehen. Hättest du dich nicht gewehrt, wärt ihr beide tot und wir hätten einen weiteren Krieg an den Fersen«, fauchte er aufgebracht und klang dabei überraschend katzenhaft. »Das war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. Dabei haben wir sowieso schon genug Probleme.«

Damit hatte Degoni durchaus recht. Die Angriffe, die an ihren Randgebieten angefangen hatten, nahmen immer mehr zu, was dazu geführt hatte, dass Yelir sein Heer vorbereitete. Bald war es so weit und er würde in den Krieg ziehen. Etwas, das Zunaes Herz schmerzen ließ.

Schließlich gelang es ihr, einige Worte hervorzubringen, auch wenn sie nur entfernt wie Yelir Namen klang.

Es wurde still, bevor sie Schritte hörte. Dann nahm jemand ihre Hand. »Zunae, bist du wach?«, fragte Yelir angespannt.

Obwohl sie nicken wollte, konnte sie es kaum. Dieses Artefakt hatte fast ihre komplette Magie absorbiert. Wo war sie hin und warum kehrte sie nur so langsam zurück?

»Das hast du dir nur eingebildet«, bemerkte Dainte nüchtern. »Sie wirkt nicht, als wäre sie wach. Was ist eigentlich mit ihren Haaren los?«

»Lag am Artefakt«, erwiderte Yelir kurz angebunden, der sanft Zunaes Finger streichelte.

Degoni seufzte frustriert. »Ich werde mich um die Sache mit Arcas kümmern. Du nimmst deine Frau und ihr ruht euch aus«, wies er an, obwohl nicht er der Arzt war. »Ich werde Wachen vor deinen Räumen positionieren.«

Zunae spürte, wie sie sanft hochgehoben wurde. Yelirs Duft drang ihr in die Nase und ließ sie sich ein wenig beruhigen. Er war da und würde sich um sie kümmern, auch wenn er vermutlich noch immer verletzt war.

Yelir setzte sich in Bewegung, doch Zunae wusste nicht genau, ob sie allein waren oder wo sie waren. Sie spürte nur das gleichmäßige Schwanken seiner Schritte. »Mach sowas nie wieder«, bat Yelir leise und mit belegter Stimme. »Ich habe mir echt Sorgen gemacht. Wehe dir, du wachst nicht bald wieder auf.«

Es tat ihr leid, dass sie ihm Sorge bereitet hatte, doch an allem war nur Arcas schuld. Sie hatte ihn zwar gesehen, doch das alles war irgendwie nicht so gelaufen, wie sie erwartet hatte. Hatte sie vielleicht ihre Vision falsch gedeutet oder etwas anderes getan, um die Zukunft zu ändern? Sie konnte es nicht sagen, doch sie musste herausfinden, wie viel sie geändert hatte. Manche Dinge durften einfach nicht anders laufen.

Das Blut der Drachen (Band 1+2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt