Zunae blickte der Kutsche hinterher, die ihre Schwester wieder nach Hause bringen würde.
Obwohl die Wunde an Zunaes Schulter noch nicht ganz verheilt war, hatte Aidina die weitere Heilung an Dainte abgegeben, denn sie selbst musste zurück und sich um Nuya kümmern. Eine königliche Schwangerschaft war immerhin sehr wichtig.
Zunae war ihr deshalb nicht böse, wünschte sich aber, sie könnte ihre Schwester ebenfalls bald wiedersehen. Nuya mit Babybauch würde sie sehr gern sehen. Es war aber schon ein Kampf gewesen, Yelir davon zu überzeugen zu den Rabenklippen zu segeln.
Diese lagen westlich ihres Kontinents in einem Gewässer, das von einem dichten, magischen Neben umgeben war.
Auf einer kleinen, sehr bergigen Insel lebte der Clan der Raben. Die Seher, welche die Hochzeiten eingefädelt hatten.
Dorthin reiste man nicht grundlos und erst recht nicht ohne Einladung. Zunae wusste jedoch, dass man bei ihr eine Ausnahme machen würde. Was einfach dem Grund geschuldet war, dass die Seher für sie blind waren. Sie konnten Zunae also nicht einfach einladen, wenn sie nicht wussten, wann.
Nur konnte sie das Yelir nicht erklären.
Zunae trat vom Balkon zurück in das gemütliche, warme Zimmer.
Belle und Jane hatten die Erlaubnis sich um Zunae zu kümmern, wenn Yelir nicht da war, doch da dieser fast immer an ihrer Seite war, sah sie die Mädchen kaum noch.
»Hast du darüber nachgedacht?«, fragte sie Yelir, der erst vor einer Minute zurückgekehrt war, da er seinen Bruder verabschiedet hatte. Jetzt hockte er vor dem Kamin und stocherte im Feuer herum.
»Das ist viel zu gefährlich«, behauptete er angespannt.
Zunae konnte es verstehen, denn der magische Nebel war durchaus eine Gefahr. In diesem waren schon viele Schiffe einfach verschwunden, wenn die Seher sie nicht hatten sehen wollen.
Zunae zog das Schultertuch zurecht und kam dann langsam zu Yelir, um sich neben ihn zu hocken. »Ich verspreche, dass es keine Probleme geben wird«, sagte sie sanft, doch Yelir schnaubte nur.
»Wie kannst du das versprechen?«, fragte er aufgebracht. »Ist dir überhaupt bewusst, in welche Gefahr du uns damit bringen würdest?«
Zunae seufzte leise. Sie konnte seine Reaktion nachvollziehen, doch war es wirklich so schwer, ihr zumindest ein wenig zu vertrauen?
»Ich verspreche, dass es keine Probleme geben wird«, wiederholte sie und erhob sich langsam. »Ich bin sicher, der Hohepriester erwartet uns schon.«
Nun war es an Yelir zu schnauben, bevor er einen Holzscheit ins Feuer warf, sodass es knirschte und knackte, was Zunae zusammenzucken ließ. Eine Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus, während sie gegen die Bilder des Flammenmeeres ankämpfen.
Sie hab nach außen hin gern den Schein, dass das Feuer sie kalt gelassen hstte, doch dem war nicht so. Nur dank Yelirs Gegenwart konnte sie sich dem Kamin überhaupt nähern. Wenn er nicht da war, hielt sie oft sehr großen Abstand, auch wenn sie dadurch oft fror.
Obwohl Rauch und Feuer durch ihre Drachenblut nicht so gefährlich waren, wie für andere, hieß das nicht, dass sie nicht verbrennen konnte. Es dauerte nur länger.
»Das haben schon viele behauptet«, knurrte er frustriert und blickte zu Zunae. »Was macht dich so sicher?«
Zunae zögerte einen Moment, denn sie konnte ihm einfach nichts sagen. Nicht, solange sie nicht verheiratet waren. Sie musste darauf vertrauen, dass Yelir ihre Geheimnisse wahrte und das ging am besten, wenn sie diese zur Familiensache machte. »Dass kann ich dir nicht sagen«, beharrte sie schließlich. »Noch nicht.«
Yelir fuhr sich mit einem Seufzen durch die Haare und schien mit sich zu ringen. War es Neugier darauf, was sie mit den Raben zu schaffen hatte oder etwas anderes? »Gut. Ich werde ein Schiff startklar machen, doch wir werden nur bis zum Neben fahren und dann mit einem kleinen Boot weiter.« Seine Stimme war endgültig und zeigte Zunae so, dass er nicht darüber diskutieren würde.
Da er einlenkte, wollte sie das auch gar nicht, weshalb sie zustimmend nickte. »Ich kann auch allein fahren«, bot sie an, da sie genau wusste, dass ihr nichts geschehen würde.
»Nein«, fuhr Yelir sie an. »Kommt gar nicht in Frage! Als würde ich mir nachsagen lassen, meine zukünftige Frau verloren zu haben.«
Die Art und Weise, wie Yelir diese Sache hervorbrachte und formulierte, ließ Zunae leise lachen. Seine Ansichten waren wirklich einzigartig. Gepaart mit seiner eher grummeligen, bestimmenden Art, machte ihn das für Zunae überraschend sympathisch.
»Was gibt es denn da zu lachen?«, fuhr Yelir sie barsch an, als wäre er beleidigt.
Das sorgte nur dafür, dass Zunae noch weiter lachen musste und kaum noch Luft bekam.
Plötzlich griff Yelir nach ihrer unverletzten Schulter, sodass Zunae aufsehen musste. Statt sie jedoch weiter anzuschreien oder gar handgreiflich zu werden, beugte er sich vor und drückte ihr einen innigen, intensiven Kuss auf die Lippen, der Zunae förmlich den Atem raubte.
Sie schloss gerade genießen die Augen, als sich Yelir wieder von ihr löste. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie lange ich schon darauf warte. Werde bloß schnell wieder gesund. Ich will mit dir spielen.«
Dieser unverblümte Beweis, dass er sich von ihr angezogen fühlte, trieb Zunae die Röte ins Gesicht und ließ Wärme in ihr aufsteigen.
Die Vorstellung, erneut mit Yelir intim zu werden, war sehr verlockend, doch sie wusste nicht, ob die Kräuter, die eine Schwangerschaft verhindern sollten, wirkten, wenn sie andere Medizin nahm. Dainte war immerhin nicht eingeweiht und er behandelte sie aktuell.
»Danach«, hauchte sie gegen seine Lippen und nutzte diese Tatsache als kleinen Anreiz. Sie glaubte nicht, dass sich Yelir damit erpressen ließ, denn er hatte genug schöne und willige Frauen, doch das hieß nicht, dass er es ganz ignorierte. Vielleicht hatte sie Glück.
Yelir stieß die Luft aus. »Du willst das unbedingt so schnell wie möglich, oder?«, fragte er und fuhr sich durch die Haare.
»Ja. Der Hohepriester weiß mit Sicherheit, was aktuell mit mir los ist«, bemerkte sie ernst, auch wenn sie das gar nicht so genau wissen konnte. Sie hoffte es aber. Immerhin war er ein weiser Mann, der schon viel gesehen hatte.
Yelir musterte Zunae eingängig. »Gut. Wenn das der Fall ist, werde ich heute Abend ein Schiff bereit haben«, sagte er, was Zunae für einen Moment überraschte. War er nicht noch immer dagegen?
Vielleicht machte er sich doch mehr Sorgen um sie, als Zunae angenommen hatte.
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Das Blut der Drachen (Band 1+2)
FantasyZunae, eine starke Magierin bekommt eine wichtige Aufgabe. Sie soll das verfeindete Oberhaupt eines anderen Clans heiraten. Yelir Raenac. Das Problem: In dieser Gegend sind Frauen nicht sonderlich viel wert. Trotzdem könnten ihre Reiche in Gefahr se...