Kapitel 24

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Als Zunae in die Küche trat, war sie überrascht. Keiner der Köche oder Helfer war anzutreffen. Es war allerdings auch nicht ganz ruhig. Irgendwo her kam ein Klappern und sie konnte auch den Geruch von Essen wahrnehmen.

Langsam trat sie ein und sah sich um. War Yelir vielleicht doch nicht in der Küche, wie Dainte gesagt hatte?

Weil Zunae nicht wusste, was sie sonst tun sollte, folgte sie zuerst dem Klang des Messers, das in einem regelmäßigen, gekonnten Rhythmus auf ein Schneidebrett schlug und dabei etwas zerkleinerte. Allerdings hätte sie nichts auf den Anblick vorbereiten könnten, der sich ihr nun bot.

Da stand doch tatsächlich Yelir, der König der Raenacs, und zerkleinerte mit einem Messer Gemüse auf einem Schneidebrett, während neben ihm in einem Topf bereits etwas vor sich hin kochte, das stark nach Geflügel roch.

Zunae blieb stehen und beobachtete die Szenerie einen Moment lang.

Yelirs Bewegungen waren routiniert und präzise, als wäre er darin geübt.

Da sie ihn nicht stören wollte, machte sie mehrere Schritte zurück, doch bevor sie die Tür erreichen konnte, schlug diese plötzlich zu.

Erschrocken fuhr Zunae herum und starrte das Stück Holz an, das ihr den Weg versperrte.

»Wenn du irgendjemanden hiervon erzählst, bist du dran«, erklang Yelirs Stimme, der irgendwie sowohl peinlich berührt als auch verärgert klang.

Zunae drehte sich sofort wieder zu ihm um, um sich zu entschuldigen, doch die Tatsache, dass er mit dem Messer in ihre Richtung zeigte, ließ sie erneut erschaudern.

Meinte Degoni das mit, er mochte Messer?

Zunae starrte ihn einen Moment an, bevor sie ein: »Ich werde schweigen«, hervorbrachte. Dabei piepste sie, weil sie noch immer zu überrascht war.

Yelirs Lippen umspielte ein zufriedenes Lächeln. »Sehr gut, dann mach dich nützlich und hilf mir beim Schneiden, sonst dauert der Einstopf noch länger«, erklärte er und wandte sich wieder um.

Zunae brauchte einen Moment, bis sie seine Worte verstand und noch ein Stück länger, bevor sie sich aus ihrer Starre losreißen und zu Yelir gehen konnte.

Sie hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Yelir kochen konnte. Es passte nicht so richtig zu ihm. Zumindest nicht nach dem, was Zunae bisher so von ihm erfahren hatte.

Wenn sie aber ehrlich war, machte ihn das sehr sympathisch.

Langsam sah sich Zunae um, bevor sie sich ein Brett und auch ein Messer nahm, um das Gemüse zu schneiden, das Yelir ihr reichte. Dabei bemerkte sie, dass sie die Zusammenstellung des Essens kannte. Es war ein Eintopf, den sie in der letzten Zeit recht häufig gegessen hatten.

Während sie den Kohl schnitt, hielt sie inne und blickte kurz zu Yelir, um diesen zu mustern. »Kann es sein ...«, setzte sie an, verwarf den Gedanken dann aber gleich wieder. Es war naiv zu glauben, dass ausgerechnet Yelir für sie gekocht hatte. Vermutlich war das nur Zufall.

»Sprich«, forderte Yelir, der ganz auf das Essen konzentriert war. Dabei wirkte er überraschend entspannt, als würde er einer Beschäftigung nachgehen, die dafür sorgte, dass er abschalten konnte.

Zunae räusperte sich leise. »Kann es sein, dass du diesen Eintopf die letzten Wochen schon mehrfach gekocht hast?«, traute sie sich schließlich zu fragen, auch wenn in ihrer Stimme deutlich mitschwang, dass sie sich unsicher war.

Yelir hielt inne, bevor er die Möhren in den Topf warf, damit sie kochen konnten. »Durchaus«, erwiderte er, schien sich aber nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.

Zunae spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss, während sie darüber nachdachte, was das hieß.

Hatte Yelir wirklich extra für sie gekocht, weil sie das scharfe Essen nicht vertrug? Wenn ja, war er ein wirklich sehr zuvorkommender Mann, auch wenn er es nicht oft zeigte.

Das Blut der Drachen (Band 1+2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt