Kapitel 39

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Zunae krallte ihre Finger in die Reling, während sie beobachtete, wie das Schiff dem Hafen immer näher kam.

Dabei arbeitete ihr Kopf auf Hochtouren, denn sie fragte sich, ob es möglich war, dass diese Hexen-Illusionen es gewesen waren, die auch andere Handelsschiffe angegriffen hatten. Aber warum?

Zunae verstand das alles nicht. Ein Angriff aus dem Hinterhalt passte nicht zu dem, was sie in Zukunft gesehen hatte. Oder war sie einfach zu naiv, dass sie das ausschloss?

»Sobald wir nah genug an Land sind, werden wir alle Männer, die ein Artefakt besitzen mit den Booten an Land bringen«, erklärte Yelir, der neben sie trat.

Die Stimmung an Bord war angespannt und auch Yelirs Stimme klang überraschend fest und zornig.

Zunae nickte leicht, auch wenn sie geglaubt hatte, dass es auf dem Schiff keine Artefaktträger gab. Zumindest nicht neben Ilan und Yelir. Vielleicht waren aber unter der Schiffsbesatzung noch ein paar weitere.

»Was soll ich tun?«, fragte sie, denn sie sah es gar nicht ein, einfach nur zuzusehen.

Yelirs Gesicht wurde düster. »Du hast einmal gesagt, du wärst eher ein Support und würdest aus der Ferne agieren. Also halte dich bitte so gut es geht vom Schlachtfeld fern«, erwiderte Yelir.

Zunae ließen seine Worte die Stirn runzeln. Er hatte nicht gesagt, dass sie sich nicht einmischen sollte. Nur, dass sie sich fernhalten musste. Das würde sie hinbekommen und würde sicherlich trotzdem helfen können. Also nickte sie zustimmend.

Zunaes Blick wanderte wieder zu dem Hafen. Dort stieg Rauch auf und auch Feuer war zu sehen, was sie zunehmend nervöser machte. Noch war ihr Ziel aber zu weit weg, als dass sie das Feuer mit ihrer Magie hätte löschen können.

Ein Kribbeln zog sich über ihre Haut, was sie schaudern ließ. »Die Magie, die uns dort erwartet, ähnelt der, der Hexen«, flüsterte sie, wobei sie die Arme um sich schlang. Sie wollte nicht schon wieder mit dieser Magie konfrontiert werden, doch eine Wahl hatte sie nicht.

Für einen Moment kam sie auf die Idee, eine Vision zu erzwingen, doch die Kräuter, die sie dafür brauchte, hatte sie in Yelirs Burg zurückgelassen.

»Das Boot ist zu Wasser gelassen«, erklärte der Kapitän, der irgendwie angespannt wirkte.

Yelir nickte und wandte sich zu dem älteren Mann mit der sonnengebräunten und wettergegärbten Haut um. »Pass gut auf meine Königin auf«, erwiderte er ruhig, fast schon gelassen, als wüsste er, dass sich Zunae nicht so einfach bewachen ließ und stattdessen etwas Dummes tun würde.

Der Kapitän verneigte sich ehrerbietig. »Wie Ihr wünscht.«

Yelir nickte erneut, bevor er sich auf den Weg zur Strickleiter machte. Dort wartete Ilan auf ihn und ein anderer Mann, den Zunae nicht kannte. Er wirkte jung, ein wenig ängstlich und nicht, als wäre er sonst auf einem Schiff. Dazu wirkte seine Haut zu blass und seine Kleidung zu gut.

Bisher war er Zunae auch noch nicht aufgefallen, weshalb sie die Zeit nun nutzte, um ihn eingängig zu mustern.

Seine Haare hatte ein dunkles Grau, das sie so noch nie hier gesehen hatte. Dazu kam, dass er sehr, sehr jung aussah. Zunae schätzte ihn auf etwa vierzehn, wenn nicht sogar jünger.

Zunae beobachtete, wie er mit in das Boot stieg, doch kaum war er außerhalb ihres Blickes, hatte sie ihn auch schon wieder vergessen. Stattdessen blickte sie den Kapitän an, der unruhig, regelrecht nervös wirkte. »Lady«, setzte er an, doch Zunae schüttelte nur den Kopf.

Sie überlegte, was sie tun sollte. Sollte sie Yelir bei dem Kampf helfen oder sollte sie vielleicht auf dem Schiff eine Art Krankenstation einrichten? Sie wusste nicht, was sich eher lohnen würde.

Das Blut der Drachen (Band 1+2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt