»Sag ah«, grinste Yelir, als er Zunae den Löffel Suppe vor den Mund hielt.
Diese fragte sich noch immer, wie sie ausgerechnet in Yelirs Schlafzimmer gelandet war.
Nachdem Aidina und Dainte entschieden hatten, es ginge ihr gut genug, um nicht mehr dauerhaft überwacht zu werden, hatte Yelir sie geschnappt und in sein Zimmer getragen. Dann hatte er eine Suppe auf sein Zimmer bestellt und nun waren sie hier.
Zunae betrachtete den Löffel und erinnerte sich an ihr aller erstes gemeinsames Essen zurück. »Werde ich vor Schärfe sterben, wenn ich den esse?«, fragte sie skeptisch.
Yelir machte ein gespielt betroffenes Gesicht. »Was unterstellst du mir?«, fragte er, wobei Zunae ihn das erste Mal so ungezwungen erlebte. Fast, als würde er es genießen, dass er sie so umsorgen konnte.
Dieser Mann war ihr ein Rätsel. Er hatte so viele Facetten, dass sie noch immer nicht sagen konnte, wie er in manchen Situationen reagierte.
Zunae wollte den Löffel gerade in den Mund nehmen, um die Suppe zu essen, da zog Yelir ihn zurück und aß ihn selbst.
Überrascht beobachtete Zunae wie er die Suppe probierte, als würde er vorkosten, um sicher zu gehen, dass sie nicht scharf war. Oder vergiftet.
Zunae zog dir Luft ein. »Mach das nicht«, bat sie nach Luft schnappen, wofür Yelir ihr einen überraschten Blick zuwarf.
»Keine Sorge, sie ist nicht scharf«, versicherte er, als wäre es das, worüber sich Zunae Sorgen machte. Diese spürte jedoch das unruhige Klopfen ihres Herzens, während sie Yelir musterte. Er zeigte jedoch keine Vergiftungserscheinungen.
Zunae benetzte ihre Lippen mit der Zunge. »Was, wenn sie vergiftet wäre?«, fragte sie und blickte ihn direkt aus großen Augen an.
»Du machst dir Sorgen, dass ich eine vergiftete Suppe essen, aber selbst hättest du nicht gezögert?«, fragte er.
Zunae wusste, dass es seltsam klang, da sie gerade erst noch vergiftet worden war, doch sie wusste auch, dass sie nicht so leicht an Gift sterben würde.
Ihr Körper fühlte dich noch immer mitgenommen an, doch nicht so sehr, dass sie Angst hatte.
Ein leises Klopfen ließ Yelir auf stehen, bevor er sich grummelnd erhob. Es schien als wüsste er nicht, wer das war, doch Zunae fragte auch nicht. Stattdessen beobachtete sie, wie er zur Tür ging. Da seine Räumlichkeiten aus mehreren Zimmern bestanden, verlor sie ihm aus den Augen, konnte aber hören, wie er sie Tür öffnete. »Ich habe für meine Schwester etwas gekocht«, erklang Aidinas zarte Stimme. »Sie verträgt die Schärfe nicht so gut«, erklärte sie sich.
»Ich weiß. Darum habe ich für sie gekocht. Es ist also nicht nötig.«
Zunae lauschte, doch sie nahm die Stimmen nicht mehr richtig wahr. Stattdessen spürte sie, wie ein unangenehmes Rauschen in ihren Ohren immer schlimmer wurde und ein stechender Schmerz in ihrer Brust sie leise schreien ließ.
Zunae hatte das Gefühl, durchgeschüttelt zu werden und krallte sich am Bettlaken fest.
Die Umgebung um sie herum änderte sich und plötzlich saß sie nicht mehr in dem prunkvollen Zimmer auf dem gemütlichen Bett.
Sie stand auf einem kargen Feld, dessen Früchte abgebrannt und niedergetrampelt waren.
Kalter Wind ließ sie erschaudern und als sie ihre Arme um sich schlang, bemerkte sie, dass sie noch immer das Kleid trug, das sie im Bett getragen hatte.
Wo war sie hier? Was war das?
Zunae sah sich um und versuchte zu begreifen, was sie da sah.
Schluckend machte sie einen Schritt auf einen kleinen Kohlehaufen zu, in dem sie glaubte, ein Gesicht zu erkennen.
Als sie sich niederbeugte, um dieses zu berühren, zerfiel es zu Staub.
Irgendwo in der Ferne erklang ein lautes Brüllen, das sie erschaudern ließ.
Schnell wandte sie sich um und entdeckte die Silhouette eines riesigen Drachens, der über den Himmel sauste. //Hilfe//, drang eine Stimme an ihr Ohr, die sie nicht einordnen konnte. //Hilf mir//, klagte sie, doch Zunaes Aufmerksamkeit wurde von einem anderen Geräusch abgelenkt.
Sie wandte sich erneut um, nur um zwei Männer zu erkennen, die mit Schwertern aufeinander losgingen.
Einer davon war Yelir, den sie sogar von weiten erkannte.
Mit heftig klopfenden Herzen rannte sie darauf zu, um zu sehen, was da vor sich ging.
In dem Moment blickte Yelir einen Moment zu ihr, bevor sich seine Augen weiteten. Seine Lippen öffneten sich und Zunae glaubte die Frage zu hören, was sie hier tat, als Blut spritzte.
Entsetzt registrierte Zunae, wie Yelirs Kopf von einem Körper rutschte und dumpf zu Boden fiel. Roter Lebenssaft breitete sich aus und drang in den Boden, während ein schrilles Lachen erklang.
»Auch ihr werdet bald fallen«, lachte der Mann, der über Yelirs toten Körper schritt und auf Zunae zuhielt.
Diese konnte jedoch nur den Kopf mit den leeren Augen anstarren. Selbst der stechende Schmerz, der sich in ihrer Schulter breit machte, konnte ihr nicht helfen, den Blick abzuwenden.
Dann änderte sich plötzlich die Umgebung erneut. Das Feld löste sich vor ihren Augen auf und wurde wieder zu einem Raum.
»Zunae«, hörte sie das besorgte Schreien ihrer Schwester, die sie sofort in den Arm nahm. »Zunae«, keuchte sie aufgelöst.
Einen Moment völlig verwirrt, sah sich Zunae um und entdeckte einen blassen Yelir, der sie nur anstarrte. Dann setzte der Schmerz ein, der sie keuchen ließ.
Widerwillig drängte sie Aidina von sich und hielt sich die Schulter. Warmes Blut rann über ihre Hand, was Aidina entsetzt zurückspringen ließ.
»Was ist passiert?«, fragte sie entsetzt und kümmerte sich sofort um die Wunde. »Was hast du gesehen?«
Zunae schüttelte benommen den Kopf. Sie konnte die Bilder noch immer nicht verarbeiten und so legte sie Aidina nur beruhigend eine Hand auf die Schulter. Sie verstand nicht, warum diese so aufgelöst war. Wegen der Verletzung? Es war immerhin nicht das erste Mal, dass Zunae derartige Visionen hatte und eigentlich sollte Aidina das wissen. Dass sie jedoch eine Verletzung davontrug war nichts Alltägliches.
Yelir kam auf sie zu und griff nach ihrer Hand, als würde er testen wollen, dass sie wirklich da war. »Was war das?«, fragte er mit belegter Stimme. »Du bist einfach verschwunden und dann verletzt wieder aufgetaucht.«
Zunae blickte ihn verständnislos an. Was meinte er damit, dass sie verschwunden war?
Aidina, die Zunaes Schulterwunde notdürftig mit Laken verbunden und mit Magie geheilt hatte, blickte ihre Schwester ernst an. »Ich glaube, es wird Zeit, dass du die Raben aufsuchst.«
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Das Blut der Drachen (Band 1+2)
FantasyZunae, eine starke Magierin bekommt eine wichtige Aufgabe. Sie soll das verfeindete Oberhaupt eines anderen Clans heiraten. Yelir Raenac. Das Problem: In dieser Gegend sind Frauen nicht sonderlich viel wert. Trotzdem könnten ihre Reiche in Gefahr se...