Kapitel 3

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Zunae hatte das Gefühl, dass sie eine riesige Gedächtnislücke hatte

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Zunae hatte das Gefühl, dass sie eine riesige Gedächtnislücke hatte. Yelir erzählte ihr zwar, was vorgefallen war, doch sie hatte das Gefühl, das auch er etwas wegließ. Als würde in seiner Erzählung und ihrem Kopf ein Teil fehlen, der aber wichtig war.

Zunae drängte Yelir jedoch nicht, sondern genoss, wie zuvorkommend und sanft er zu ihr war. Er vernachlässigte sogar seine Arbeit, obwohl sie einen ganzen Stapel an Dokumenten auf seinem Schreibtisch erkennen konnte.

»Weißt du«, setzte Zunae leise an, denn das was sie plante zu sagen, war nicht gerade nett. Es würde Yelir verletzen, doch es lag ihr auf dem Herzen. »Als ich mich entschied, den Drachen anzugreifen ... wusste ich, dass ich vermutlich sterben würde. Aber ich hatte das Gefühl, dass es allen gut gehen würde. Jetzt ... denke ich ... dass es noch nicht vorbei ist. Dass dieser Kampf weitergeht«, bemerkte sie leise, was bei Yelir dafür sorgte, dass er sich anspannte und beinahe die neue Suppe verschüttete, die Belle ihm gebracht hatte.

Zunae aß fast durchgängig und schien einfach nicht satt zu werden. Dafür bekam sie langsam wieder Farbe im Gesicht.

»Willst du damit sagen, indem ich dich gerettet habe, habe ich den Krieg ... weitergeführt?«, fragte er angespannt.

Zunae hatte das Gefühl, er nahm ihre Worte als Anklage, dabei waren sie so gar nicht gedacht, weshalb sie schnell den Kopf schüttelte. »Das ist es nicht. Ich frage mich, ob das hätte kommen müssen. Also, ob mein Gefühl einfach falsch war.« Konnte sie diesem Gefühl überhaupt noch vertrauen? Es fiel ihr schwer, da sich alles, was sie erwarte hatte, so geändert hatte.

Yelir streichelte sanft ihre Wange. »Wenn es um Vorahnungen und Gefühle geht, hast du eine besondere Gabe. Ich denke, dass du ihr vertrauen kannst«, sagte er mit ruhiger Stimme, als würde er sie damit beruhigen wollen.

Zunae stieß die Luft aus. »Warum fühle ich mich dann so ... verraten?«, fragte sie betrübt. Nichts von all dem hatte sie kommen sehen.

Es war ihr nicht gegönnt, das Schicksal zu ändern und doch hatte sie es getan. Zumindest glaubte sie das. Ob das wohl Auswirkungen auf die Zukunft hatte?

Vielleicht hatte sie damit Schaden angerichtet, der nicht zu richten war?

Am liebsten hätte sie ihren Vater geschrieben und nachgefragt. Die Vorstellung, dass ihretwegen bei den Raben alles zusammenbrach ... war erschreckend wie belustigend. Die alten Männer und Frauen waren oft sehr auf ihre Visionen fixiert und auf eine festgelegte Zukunft. Wenn diese nun aus den Bahnen geriet ... Zunae wollte sich gar nicht ausmalen, wie kopflos sie durch die Gegend rannten.

»Was grinst du so?«, fragte Yelir stirnrunzelnd und erst jetzt wurde Zunae klar, dass sie gelächelt hatte, während sie sich die Priester der Raben vorgestellt hatte.

Sie räusperte sich leise, konnte das Grinsen aber nicht unterdrücken. »Ich fragte mich, ob wir die Seher der Raben aus dem Konzept gebracht haben«, bemerkte sie, was bei Yelir erst einen verwirrten Gesichtsausdruck auslöste, bevor er zu verstehen schien.

Er grinste schief. »Als wären wir in der Lage, das Schicksal zu ändern«, sagte er, schien seine Worte aber selbst nicht zu glauben.

Was bei Zunae erneut ein Gefühl auslöste, das sich schwer beschreiben ließ. Als würde etwas fehlen.

Erneut streichelte Yelir über Zunaes Wange und hielt plötzlich inne. Er betrachtete Zunae eingängig und strich mit den Fingern immer wieder über eine bestimmte Stelle.

Das ließ Zunae die Stirn runzeln. »Was hast du?«, fragte sie, denn das war eine seltsame Reaktion. »Habe ich dort irgendwas?«, wollte sie wissen und hob ihre Hand, um über die Stelle zu streicheln. Allerdings nahm Yelir diese in seine und hielt sie fest, bevor er ihre Finger küsste.

»Nein. Alles gut«, versicherte er. »Mach dir keine Gedanken«, sagte er, was Zunae jedoch nicht gerade beruhigte. Wenn er so reagierte, war dort definitiv etwas, von dem er aber nicht wollte, dass Zunae es bemerkte. Außerdem war sein Blick noch immer auf die Stelle gerichtet.

Zunae hatte das Bedürfnis, sich vor einen Spiegel zu stellen, um ihr Aussehen generell zu kontrollieren, doch im Moment fehlte ihr die Kraft dazu. Würde Yelir sie nicht füttern, hätte sie vermutlich nicht einmal die Kraft, sich wieder zu erholen. Dabei hatte sie gar nicht so lange geschlafen, wie sie erst befürchtet hatte. Was Zunae jedoch Sorgen machte, war die Tatsache, dass sie in sich kaum Magie spürte. Sie trat nicht wie sonst aus ihren Körper aus, was eigentlich helfen sollte, damit sie schnell wieder zu Kräften kam. Es fühlte sich jedoch falsch an. Sie fühlte sich verletzlich, aber vor allem nutzlos. »Ich möchte schnell wieder zu Kräften kommen«, bemerkte sie, als Yelir ihre Hände wieder losließ, um sich dem Essen zuzuwenden. »Dazu musst du essen«, bemerkte er und hielt ihr einen Löffel Reis mit Gemüse hin. Zunae öffnete den Mund und ließ sich füttern, auch wenn sie lieber selbst gegessen hätte. Gleichzeitig mochte sie es, wie sich Yelir um sie kümmerte. Es zeigte ihr, dass er sich wirklich um sie sorgte und sie ihm etwas bedeutete. Zunae hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, was sein würde, wenn sie hier blieb. Für sie war die Zeit hier immer begrenzt gewesen. Mit einem Ende, nach dem nichts mehr auf sie wartete. Jetzt hingegen fühlte sie sich verloren und nutzlos. Was sollte sie denn jetzt mit ihrem Leben anfangen?

Das Blut der Drachen (Band 1+2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt