2024
»Wolltest du dir nicht einen Jacuzzi zulegen?« Jessica, die mit ihrem eigenen Schlüssel Vincents Behausung betreten, und ihn im Garten vorgefunden hatte, sah, wie er etwas aufbaute, was allen Anschein nach kein Sprudelbad war. »Was soll das sein?«
Vincent, der auf dem Boden hockte, sah sie nun an. »Das wird ein Spielhaus.«
Sie verzog ihr Gesicht. »Ein ... was?«
»Ja, wenn zum Beispiel Dag und Becky mit Levi hier sind, oder ...«
»Dein fucking Ernst?« Sie trat eines der Teile, welche er benötigte beiseite. »Ich bitte dich um einen Jacuzzi, den du nicht auf die Reihe bekommst, aber sobald dein bester Freund sich ein Balg anlacht, machst du deinen Garten zu einem Kinderparadies?«
»Was ist daran so schlimm?«
»Der kann nicht mal laufen?«
»Und? Bald wird er es können. Er zieht sich schon überall hoch, und ...«
»Und? Was interessieren mich die Kinder anderer Leute? Ich sollte an erster Stelle bei dir stehen. Mein Wunsch war wichtiger.«
Vincent legte das Werkzeug beiseite, blieb jedoch auf dem Boden sitzen. »Wenn du willst, kann ich mich ja jetzt demnächst noch für einen Whirlpool ...«
Sie lachte geschauspielert auf. »Auf dein Mitleid kann ich verzichten. Benötige ich nicht. Und meinst du echt, ich kann mich entspannen, wenn du hier einen Spielplatz aufbaust?!«
»Das ist ein Haus Jessica. Ein Haus. Mehr nicht.«
»Erst ein Haus. Dann kommt bestimmt eine Rutsche ... eine Schaukel ... und was weiß ich, was du denkst noch für andere zu tun.«
»Du regst dich unnötig auf.«
»Ach? Ist dem so? Dieses blonde Kind ist auch sehr oft hier.«
»Ich gebe Nicolas Klavier-Unterricht.« , rechtfertigte er sich. Erst seit einigen Wochen kam es dazu, dass der Kleine ihn gefragt hatte, woraufhin er mit Doreen einleitend darüber gesprochen hatte, die selbstverständlich nichts dagegen gehabt hatte.
»Und gehört Basketball Spielen auch dazu? Er hat mein Auto übrigens letzte Woche getroffen.«
»Das war ich.« , log er und nahm den Jungen in Schutz. »Und so verbringen wir halt die Pausen.«
»Du bist so komisch geworden. Bäh.« Sie streckte bei dem letzten Begriff ihre Zunge raus und klackte mit ihren Pumps wieder ins Innere.
Vincent sah ihr nach und dachte an die Worte, die Max erst vor Kurzem an ihn gerichtet hatte.
~ ich hab' das Gefühl, du willst ein Ende, aber traust dich nicht, es selbst zu beenden. Du wartest darauf, dass sie es macht. ~
Hatte er Recht?
In dem Moment hatte Vincent ihm gesagt, es wäre Schwachsinn. Momentan ventilierte er jedoch Maxs und seine Worte.
Er war nicht glücklich. Das stimmte. Selbst als die Fake-Hochzeit mit Alex, welche live im Fernsehen übertragen wurde, ins Wasser gefallen war, so wie das Drehbuch es hergebeten hatte, fühlte er sich nicht besser. Während der Zeremonie hatte Jessica ihre unsterbliche Liebe zu ihrer Model-Kollegin Olga mit Tränen in den Augen bekundet.
Sie hatte es geschafft.
Seine Freundin war damit vielmehr als nur ins Gespräch gekommen. Sie bekam so viele Aufträge, wie schon lange nicht mehr. Interviews hier und da. Alles Mögliche. Sogar eine Rolle in einem Film hatte sie bekommen. In der spielte sie jedoch nur einen kleinen Part und auch sich selbst. Dennoch kam sie sich seitdem vor, als wäre sie die nächste Oscar-Preisträgerin.
»Ich hab' letztens übrigens deinen Blick gesehen.« , sprach sie umstandslos weiter, als sie wieder nach draußen trat mit ihrem Handy in der Hand. Sie setzte sich hin und ihr Augenpaar blieb auf ihr Display gerichtet, während sie tippte.
»Mein Blick?«
»Die Nachbarin. Als du ihr deine Nummer gegeben hast.«
»Ja für Notfälle.« , gab er an.
»Was für Notfälle? Wenn sie einen hat, soll sie keine Ahnung wen kontaktieren, aber nicht dich.«
»Ich meinte, wegen Nicolas.«
»Und meine Antwort bleibt dieselbe.«
»Nicolas ist ... mein Schüler. Ich gebe ihm Klavier-Unterricht.« , wiederholte er. »Ich muss selbstverständlich auch die Nummer seiner Mutter haben, wenn irgendwas sein sollte.«
»Klar.« , antwortete sie. »Und dabei muss man das ausgeleierte Muttchen angaffen.«
»Wie bitte?«
»Ach komm Vincent. Ich bin nicht blind. Ich erkenne genau, wenn ein Mann gafft. Mich gafft man schließlich täglich an.« , erklärte Jessica. »Warum du jedoch sie angegafft hast, ist mir schleierhaft.« Sie lachte auf.
»Ich hab' nicht ... gegafft.« , betonte er und dachte darüber nach, ob es stimmte. Hatte er Doreen ein wenig länger, als es hätte sein sollen, angesehen?
Logischerweise erinnerte er sich an den Tag, wo er ihr seine Nummer gegeben hatte. Ihr Haar trug sie offen und sie hatte kaum Make-up seiner Ansicht nach aufgetragen. Vollkommen natürlich, dennoch ...
... ja, er hatte gegafft.
Rückblickend musste er es zugeben. Und jetzt, wo er darüber nachdachte, hatte er das öfters schon wie von selbst getan.
Selbstverständlich wollte er das aktuell nicht bekennen.
»Doch klar. Das hast du.« , sprach Jessica weiter. »Damit beschämst du mich. Das ist dir hoffentlich klar.«
Vincent stand auf. »Es tut mir leid, wenn du der Ansicht bist, ich hätte ...«
»Nein, du tust mir leid.«
»Ich?«
»Ja natürlich. Du musst einem ja leidtun.«
»Weil?« Völlig konfus, war er auf ihre Antwort gespannt.
»Du hast mich. Jeder Mann beneidet dich. Und was schaust du dir an?« Sie lachte auf.
»Erstens, weiß kaum einer, dass wir beide ein Paar sind. Denn aktuell ist es ja Olga, die dich befummelt. Dementsprechend beneidet mich schon mal niemand. Und zweitens, solltest du mal aufhören, dich höher als alle anderen zu stellen. Das macht unattraktiv.«
»Nur mit dem Unterschied, dass ich mit meiner Attraktivität mein Geld verdiene. In der Konsequenz kann ich dir nicht zustimmen.«
»Willst du jetzt einen Jacuzzi oder nicht?« Vincent hatte keine Lust mehr, mit ihr darüber zu philosophieren, und lenkte das eigentliche Thema wieder ein.
»Wenn das Haus entsorgt wird.« Sie zeigte auf die Bauteile, welche sich weiterhin auf dem Boden befanden.
»Okay. Dann halt nicht.« , lautete seine logische Antwort darauf, eh er sich wieder hinkniete und das Häuschen weiter aufbaute.
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Du fühlst dich lonely, doch du bist nicht allein
FanfictionVincent ist im Grunde zufrieden mit seinem Job, seinem Haus und seiner Model-Freundin Jessica. Doch alles ändert sich schlagartig, als die alleinerziehende Doreen samt ihrem Sohnemann Nicolas ins Haus nebenan einzieht. Irgendetwas an ihr bringt Vin...