39. Kapitel

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Steve gewöhnte sich langsam an seinen neuen vierundzwanzig Stunden Tag. Zusammen gepfercht mit fünfundzwanzig anderen Häftlingen, unter ihnen Bob und Charles, in einem Raum, der eigentlich für acht Personen ausgelegt war, mit einem kleinen vergitterten Fenster. So war jeder Morgen gleich. Um sieben Uhr öffneten die Wachen die Zellen und trieben alle nach draußen. Schnell die Katzenwäsche mit dem gesammelten Regenwasser und dann ging es zum Frühstück. Es war jeden Tag das gleiche, Reis oder Nudelsuppe, die so dünn war, dass man den Boden sehen konnte.
Nur hier den Rest seines Lebens zu verbringen, war keine Option für Steve. So brach er nach dem Frühstück auf, ging in den Hof und sah sich genauer um. Wellbleche bedeckten die maroden Dächer und zwischen den einzelnen Zellenblöcken war rostiger Stacheldraht gespannt. Die wenigen Schattenplätze im Innenhof waren rar, jeder der es frühzeitig geschafft hat einen zubekommen, verteidigte ihn auf äußerste. So auch Mr. Sung, der mit seinen Männern draußen auf einer Holzbank saß und einen Jungen schikanierten. Misstrauisch beobachtete Steve, wie Sung sich über einen jungen Mann mit dunklen Haaren und braunen mandelförmige Augen lustig machte und diesen von seiner Gefolgschaft hin und her schubsen ließ. Schließlich schlug er sich an der pink gestrichenen Hofwand den Kopf an. Steve sprang sofort auf, um ihm auf die Füße zu helfen.
„Beweg dich weiter, du hast hier nicht zu suchen, Toastbrot. Dein Platz ist dahinten“, sprach Sung und zeigte in Richtung der Latrinen.
„Mach das du Füße bekommst, sonst …“
Schwungvoll drehte sich Steve um und stellte sich vor Sung.
„Sonst was ...,“ herrschte er ihn an. Gleichzeitig versuchte Sungs Männern, ihn ebenfalls bei Seite zu schubsen. Steve wich aus, dass einer der Kerl vor ihm zu Boden fiel, dem zweiten drehte er den Arm auf den Rücken und zwang ihn auf den Boden zu knien.
Doch bevor der dritte eingreifen konnte, zogen Charles und Bob ihn und den jungen Mann bei Seite.

„Hast du mir die Tage nicht zu gehört? Ich sagte, du sollst dich von denen fern halten, oder willst du unbedingt ein Messer im Rücken haben? Außerdem haben die Wachen euch schon beobachtet.“ Bob kniff die Brauen zusammen und blickte Steve wutentbrannt an.
Steve löste sich aus seinem festen Griff und blickte ihn nicht minder finster an.

„Was wollen die tun, auf uns schießen?“ sprach Steve ebenfalls energisch, während er seinen Blick von Bob löste und hoch oben auf die Türme mit den Wachen schaute.
„Ja genau, die erste Kugel ist ein Warnschuss mit dem Vollgummi, die zweite ist eine scharfe und die trifft dich egal wohin. Wenn du Glück hast, kann Han sie herausbekommen. Hast du Pech, dann gehst du im Holzsarg nach draußen. Verdammt, wenn du hier überleben willst, solltest du für die hier unsichtbar sein.“
Langsam entspannte sich Steve und hockte sich neben den Jungen. Dabei sah er sich die Wunde, die gerade von Charles verarztet wurde, an.
Nebenbei beobachtete er die Wachen, die oben auf dem Dach weiter Patrouille liefen und die immer noch ein wachsames Auge in den Innenhof hatten.
Verängstigt sah der Junge auf den Boden und wagte nicht, den drei Männern in die Augen zu sehen.

„Wie heißt du?", fragte Steve vorsichtig. Doch der junge Mann rührt sich nicht.
„Du musst vor uns keine Angst haben, wir tun dir nichts“, wiederholte Steve und lächelte ihn zu zuversichtlich an. Aber der Junge drückte sich noch mehr gegen die Wand, an der er saß. Verängstigt zog er seine Knie zu sich ran und umklammerte sie mit seinem Armen.
„Ok, wenn du jetzt nicht reden möchtest, dann vielleicht später. Wir sind da hinten.“ Dabei zeigte er zu einer kleinen Bank und blickte zu Bob und Charles hoch. Langsam erhob er sich und ging mit den Männern hinüber. Charles betrachtet Steve und strich sich über das Kinn.
„Er erinnert mich ein wenig an einen Jungen in meiner Heimat. Allerdings ist er etwas jünger als er hier.“ Steves Wangen wurden ein wenig rosig und um die Augen bildeten sich kleine Fältchen.
„Dein Sohn?“, wollte Charles wissen. Steve presste die Lippen aufeinander und legte seinen Kopf an der Wand ab, während er etwas in das Sonnenlicht blinzelte. Der Schweiß rannte ihm die Schläfe runter und das weiße Tank-Top war durch die schwül feuchte Wärme am Morgen feucht. Gemächlich krempelte er seine orangefarbenen Hosenbeine des Overalls nach oben und band die Ärmel vor den Bauch zusammen.
„Nein, ist er nicht, ich habe ihn erwischt, wie er den alten Mercury meines Vaters geklaut hat. Diesen hatte ich in mühseliger Kleinarbeit wieder hergerichtet und er hat die Teile verhökerte, eines nach dem anderen.“ Gezielt wischte sich Steve den Schweiß von der Stirn und warf einen Blick zu dem Jungen rüber.
„Ich hoffe doch, du hast ihn angezeigt.“ Charles sah Steve eindringlich an.

„Nein habe ich nicht, er hat die Teile wiederbesorgt und wir haben es gemeinsam wieder zusammen gebaut.“ Verwundert blickten sich die Männer an. „Und warum nicht? Bist du ein Sozialhelfer?"
Steve grinste wie ein Honigkuchenpferd übers ganze Gesicht.
„Nahele hat mich an mich selbst erinnert. Ich war fünfzehn als ich damals ebenfalls ein Auto geklaut habe. Ich sollte aufs Festland geschickt werden. Wäre das nicht gewesen, dann hätte ich vielleicht eine andere Laufbahn eingeschlagen. Mir hat damals jemand eine Chance gegeben und die wollte ich ihm auch geben."
„Aber einen normalen Bürojob hast du jetzt aber auch nicht gerade, wenn ich mir die Vielzahl der Narben auf deinem Körper so anschaue und im Übrigen, was hat deine Mutter dazu gesagt, dass dich dein Vater so einfach wegschicken wollte?“ Erwartungsvoll beäugten sie ihn, denn bislang hatte Steve nicht viel über sich erzählt. Außer dass er bei der Navy war und das er aus Hawaii kam. Was sie verwunderte, dass Steve so weit von dort hier im Nirgendwo auftauchte.
Starr blickte Steve zur Seite und wurde ruhig. Seine Augen glänzten ein wenig und er wischte sich anschließend unter der Nase entlang.
„Wir dachten, sie wäre bei einem Autounfall gestorben und mein Vater meinte, es wäre besser und sicherer für mich und meine Schwester, die Insel zu verlassen.“
Verwirrt und Kopf schüttelnd setzte sich Bob neben ihn.
„Wieso dachte ihr, sie wäre gestorben? Ist sie nun tot oder nicht?

Steve lachte auf: „Ja, jetzt schon. Aber es ist zu kompliziert und es dauert zu lang, um es zu erzählen.“ Mühsam erhob sich Steve und betrachtete nochmals die Wachen auf dem Turm und ging zu dem Jungen zurück.

„Hey Steve, falls es dir entgangen ist, wir haben Zeit und davon reichlich. Du wirst nicht so schnell von hier fortkommen. Gewöhne dich an diesen Gedanken. Oder hast du Freunde auf Hawaii, die dich hier herausholen werden?“ Bob klang dabei ein wenig sarkastisch.
Steve zog die Schultern merklich ein Stück nach oben.
„Vielleicht, wer weiß,“ dabei dachte er an Danny und seine Rettungsmissionen, die ihm bereits mehrfach den Arsch gerettet hatten.

Zeichen der Vergangenheit  (Hawaii Five-0, Steve Mcgarrett, Alex oLoughiln)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt