3. Kapitel

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Knapp zehn Minuten später nahm er leicht genervt wortlos neben ihr Platz. Liebevoll legte sie ihre Hand auf seinen Oberschenkel und streichelte etwas über die Innenseite. Einen kurzen Augenblick später wurde Steve schon ins Behandlungszimmer von Dr. Douglas gebeten. Ein flüchtiger Kuss auf ihre Wange und schon war Steve verschwunden. Amy nahm sich eine Garten-/Hobby-Zeitschrift und blätterte sie durch. Dann kam die nächste Zeitschrift dran. Belanglos las sie die Überschriften und den einen oder anderen Artikel, als sie plötzlich über ein Inserat stolperte. Es hatte ein neues Angelgeschäft unten am Hafen am Nimitz Highway in der Nähe vom Aloha Tower aufgemacht. Die Angebote hörten sich gut an und Amy überlegte, ob es nicht das passende Geschenk für Steve wäre, denn ihr erster Hochzeitstag stand unmittelbar bevor. Schnell machte sie ein Foto von der Anzeige und blätterte weiter. Wie ein kleines Kind freute sie sich endlich, was für Steve gefunden zu haben. Sein Angelzeug war bestimmt noch aus der Zeit von seinem Vater und daher längst überholt. Die dritte Zeitung war durchgeblättert und gelesen, als sie beschloss, sich etwas die Beine zu vertreten. Gemütlich schlenderte sie über den Flur und sah sich die einzelnen farbenfrohen Bilder an den Wänden an. Es waren mal ein paar Farbkleckse mit geometrischen Formen, mal so was, wo man meinen konnte, es hätte ein Fünfjähriger gemalt. Amy schüttelte den Kopf, ihre Schüler würden weiß Gott besser malen, aber würden nie das Geld bekommen, was diese hier wert waren. So ging sie in Gedanken zurück in den Wartebereich, als Ellen auf sie zukam.

„Mrs. McGarrett, ihr Mann ist fertig mit den Untersuchungen und lässt fragen, ob sie beim Gespräch mit Dr. Douglas dabei sein möchten.“ Säuselt Ellen und ihre Wangen erröten sich leicht wie zu Beginn, als Steve vor ihr an der Anmeldung stand. Ach ja, dachte sie, er braucht nicht viel zu tun, außer sein verschmitztes Lächeln aufsetzen, das zusammen kräuseln seine Augenbrauen, und schon liegt ihm die Damenwelt zu Füßen. Warum soll es der einen oder anderen Frau nicht so ergehen wie ihr, als sie ihn das erste Mal sah? Ihn sehen und seinem Charme erlegen sein.
Schnell holte sie ihre Jacke aus dem Wartebereich und ging auf direktem Wege zu Dr. Douglas Zimmer. Es war ein modern gehaltenes Büro mit stylishen Möbeln und mit einer großen Fensterfront hinter dem Schreibtisch von Dr. Douglas. Steve stand auf und rückte ihr den Stuhl zurecht. Sein Blick wirkte auf sie etwas bedrückt und wich ihr aus.

„Nehmen Sie bitte Platz, Mrs. McGarrett. Ihr Mann hat mich gebeten, Sie dazu zu holen.“ Einladend wies er mit der Hand auf den Schwingsessel und Amy setzte sich. Dr. Douglas schlug die Akte von Steve auf und rückte die Brille zurecht. Dr. Douglas war ein erfahrener Arzt von Ende fünfzig, leicht untersetzt, mit grau melierten Haaren. Seine Erfahrung als Urologe ging über dreißig Jahre zurück und er hatte fast überall in den Staaten gearbeitet, bis er sich vor fünf Jahren hier auf Oahu niedergelassen hatte. Er war auf seinem Gebiet eine Koryphäe.

„So, dann fange ich direkt an, wenn es recht ist. Die Werte vom Belastungs-EKG sind hervorragend, es gibt nichts zu beanstanden, so wie die restlichen Werte, die wir bislang haben.“ Er machte eine kurze Pause und blätterte weiter in den Berichten. Es herrschte für einen Moment Ruhe. Amy schielte währenddessen zu Steve, der angespannt im Sessel saß und die Hände vor sich im Schoß gefaltet hatte.

„Aber das ist nicht das, was Ihnen auf der Seele liegt.“ Amy bemerkte, dass Dr. Douglas ein ernstes Gesicht aufgesetzt hatte. Langsam schob Dr. Douglas seinen Stuhl nach hinten, kam zur vorderen Kante seines Schreibtisches und blickte auf Amy hinunter.

„Doktor, was ist es? Sie sagten, die Werte wären so weit in Ordnung, die sie jetzt haben? Ist es meine Leber, nimmt mein Körper sie doch nicht so an, wie sie sollte? Ich nehme regelmäßig meine Medikamente. Und versuche mich so weit es geht, gesund zu ernähren.“ Rechtfertigte sich Steve.

„Nein, Commander McGarrett, Ihr Körper hat die Leber gut angenommen. Damit bin ich sehr zufrieden. Aber nun ja, ich weiß, Sie sind jetzt verheiratet und wollen eine Familie gründen, und daher bin ich froh, dass Ihre Frau mithören kann.“ Steve schaute leicht irritiert zu Amy und setzte sich gerader in seinen Sessel.

„Commander, Sie erinnern sich an die zweite Probe, die Sie uns heute gegeben haben? Damit haben wir ein Spermiogramm durchführen könnten?“ Steve leckte sich mit der Zugspitze über die Oberlippe und nickte.

„Also, das hätten wir gerne schon bei der letzten Untersuchung gemacht, aber Sie hatten diesen Termin damals abgesagt. Nun, es ist, wie es ist. Es geht dabei um die Strahlenerkrankung, die mit ihrer zukünftigen Familienplanung in Zusammenhang zu bringen ist. Die Sie sicherlich jetzt durch Ihre Heirat ins Auge gefasst haben?“

Ein erneutes Nicken von Steve folgte und er fühlte Amys fragenden Blick. Eigentlich war sie stets davon ausgegangen, dass Steve seine Kontrolluntersuchung alle wahrgenommen hatte. So runzelte sie nur kurz ihre Stirn und hörte Dr. Douglas weiter zu.

Dieser ging zurück zu seinem Platz und nahm sich aus der Akte ein Stück Papier, lass noch mal den Befund durch und widmete sich wieder Steve, der in sich gekehrt an der Lehne lehnte. Er hatte eine leise Ahnung, worauf Dr. Douglas gleich hinaus wollte. Langsam nahm der Doktor die Brille ab und legte sie zu den Unterlagen.

„Also, wie ich Ihnen vor gut zwei Jahren mitgeteilt habe, lagen damals ihre Werte im unteren Grenzbereich. Diese Werte von heute haben sich verschlechtert. Wir können mit Medikamenten versuchen, diese zu verbessern. Aber dennoch ist das keine Garantie, dass es auch gelingen wird. Deshalb sollten Sie beide überlegen, wie Sie Ihrem Kinderwunsch anders näher kommen möchten. Es gibt ja noch Alternativen, wie zum Beispiel durch eine ICSI oder eine In-vitro-Fertilisation. Entweder von Ihnen oder von einem Samenspender. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit eines Pflegekindes oder zum Schluss eine Adoption.“ Douglas machte erneut eine Pause, ging zum Sideboard und holte ein paar Flyer raus. Steve verfolgte ihn mit den Augen.

„Was wäre gewesen, wenn Steve, ich meine, mein Mann früher gekommen wäre, oder kann ich etwas tun?“
Amy wandte sich Dr. Douglas zu.

„Mrs. McGarrett, wir hätten schon eher mit den Medikamenten anfangen können, um zu sehen, ob diese anschlagen. Denn wie gesagt, es ist ein Versuch letztendlich.“

„Gibt es irgendwelche Risiken oder Nebenwirkungen bei den Tabletten?“ Hakte Amy nach und wurde dabei von Steve brüskiert angesehen.
„Was Steve? Darf ich nicht fragen?“
Amy kräuselte ihre Nase und war leicht von Steves Teilnahmslosigkeit und dass er seinen Kontrolltermin abgesagt hatte, angesäuert. Steve ignorierte ihren Blick und den leicht spitzen Unterton.

„Mrs. McGarrett, verständlich, gibt es Nebenwirkungen. Ich gebe Ihnen für die beiden ersten Behandlungen heute Unterlagen mit, lesen Sie sie sorgfältig durch und wir machen noch mal einen Kontrolltermin, wo wir den Wert Ihres Mannes kontrollieren und darüber sprechen, ob die Tabletten angeschlagen haben. Noch habe ich eine kleine Hoffnung, dass, wenn Sie meinen Rat befolgen, es doch auf natürlichem Wege klappen könnte. Sie sollten wirklich Ihr Stresslevel um mindestens zwei Drittel reduzieren. Dies ist nicht nur für Ihre Familienplanung wichtig, sondern auch für Ihre restliche Gesundheit. Commander, Sie sind sportlich und fit, aber keine dreißig mehr, und bei dem Stress, dem Sie in Ihrem Beruf tagtäglich ausgesetzt sind, gibt es noch andere Risikofaktoren wie Herzinfarkt und so weiter.“
Zuversichtlich lächelte er Amy an, während er sich von den beiden verabschiedete. Angespannt verließen beide die Praxis und gingen durch die parkähnliche Gartenanlage zum Auto. Gerade als Steve die Fahrertür öffnete, konnte er in seiner Seitenscheibe einen langsam vorbeifahrenden dunklen SUV erkennen; seine Nackenhaare stellten sich auf und ließen ihm ein ungutes Gefühl über den Rücken laufen. Schnell warf er einen Blick über seine Schulter, konnte aber nicht erkennen, wer der Fahrer war. Zum Glück saß Amy schon im Wagen und konnte seinen besorgten Blick draußen nicht sehen. Steve schnaufte zwei Mal tief durch und setzte sich wortlos hinters Steuer. Amy, die sorglos neben ihm saß, lächelte ihn honigsüß an.

Zeichen der Vergangenheit  (Hawaii Five-0, Steve Mcgarrett, Alex oLoughiln)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt