32. Kapitel

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Nur Stunden und einige Tausende von Meilen von Oahu entfernt wurde Steve langsam wach. Der Kopf dröhnte, körperlich gab es keine Stelle, die nicht schmerzte. Schwerfällig öffnete Steve seine Augen. Verschwommen nahm er seine Umgebung wahr. Nichts war ihm vertraut, so wie es in den letzten Stunden gewesen war. Es roch weder nach Diesel noch nach Fisch und das Schwanken hatte aufgehört. Die letzten Erinnerungen, die er hatte, waren, dass zwei Männer ihn vom Boot nach draußen geschleift und auf die Ladefläche eines Transports gebracht hatten. An mehr konnte er sich nicht erinnern, nun lag er hier auf dem harten Betonboden. Seine Hände und Füße waren nicht mehr gefesselt. Der Dieselgeruch war verschwunden, aber der Duft, der ihn jetzt umgab, war um ein Vielfaches übler. So roch es hier streng nach verschiedenen Körperflüssigkeiten: Hitze, Abfluss, Fäulnis und noch mehr undefinierbaren Gerüchen. Es wirkt wie ein schlechter Traum auf ihn. Allmählich wurde sein Verstand wieder etwas klarer. Mühselig versuchte er sich aufzusetzen, was ihm ein erzürntes Raunen der Männer, die in seiner Nähe saßen, einbrachte. Direkt neben und vor ihm saßen fernöstlich fast asiatisch wirkende Männer, die gerade eine kleine Schale mit wässrig wirkenden Brei und eine kleine Scheibe Brot in den Händen hielten und ihn erbost anstarrten. Bis auf einen, der seitlich neben ihm saß. Dieser sah europäisch aus.
„Komm, ich helfe dir", er griff Steve am Oberarm und half ihm dabei, sich an die Wand anzulehnen. Mit schmerzverzerrtem Blick bedankte Steve sich und schaute sich erstmal genauer um. Ringsum saßen Männer in den unterschiedlichsten Altersgruppen, die ihn misstrauisch beäugten.
„Willkommen in der Hölle, mein Freund, was verschlägt dich hier in unser bescheidenes Zuhause?", sprach der Mann, der ihm aufgeholfen hatte und reichte ihm seinen Metallbecher mit einer übelriechenden Flüssigkeit. Kopfschüttelnd verneinte Steve das angebotene Getränk.

„Du solltest es trinken, es wird hier keiner mit Champagner kommen." Der Mann hielt es ihm erneut hin. Mittlerweile ganz klar im Kopf, nahm er das stinkende Gebräu und nippte dran.

„Wo bin ich hier und wer sind diese Männer?", dabei zog Steve sein Shirt nach oben und betrachtete seinen Unterbauch. Die Männer auf dem Boot hatten bei seinem Fluchtversuch gute Arbeit geleistet, als sie ihn mit Fäusten und Tritten wieder in ihre Gewalt gebracht hatten. Sein Bauch schimmerte in allen Farben - von dunkelrot bis grün-gelblich.

„Wo bin ich?", wiederholte Steve.

„Ich sagte doch, in der Hölle", antwortete der Mann. Steve hielt sich den schmerzenden Bauch, um sich in eine andere Sitzposition zu begeben.
„Und wo ist diese Hölle zum Teufel?", dabei musste er bei diesem Wortspiel etwas lächeln, auch wenn ihm gerade nicht zum Lachen war.

„Du gefällst mir. Du hast absolut keine Ahnung, wo du bist?"
Der Mann, mit dem er sich unterhielt, schätzte Steve so auf Mitte sechzig: Grau melierte Haare, die irgendwann einmal eine Frisur hatten, wären sie nicht stellenweise verfilzt. Steve hatte den Eindruck, dass der Mann, wie er selbst, kein typischer Gefangener war. Ganz im Gegenteil, er wirkte eher wie ein Mann, der in seinem Leben nicht mal eine Strafanzeige wegen Falschparkens bekommen hatte. Doch diesem Eindruck zum Trotz befanden sie sich mit einem Haufen anderer Menschen in einem offensichtlichen Gefängnis. Scheibenlose, vergitterte Fenster und Türen sowie einem Wachturm, auf dem zwei Männer mit Maschinenpistolen standen. Die Sprache konnte alles zwischen Indonesisch, Taiwanisch oder Malaysisch sein. Steve verstand kein Wort, was zum großen Teil aber auch seinen Kopfschmerzen geschuldet war.

„Im Übrigen, ich heiße Robert, aber alle nennen mich ‚Big Bob‚ Bob oder nur Bo, und du befindest dich etwa dreißig Meilen nordöstlich von Manila.

„Manila?"

Steve zog die Brauen zusammen, während er sich den Hinterkopf hielt und nach seiner Beule tastete. Big Bob musterte ihn gründlich. Er hatte in den letzten Jahren schon viele Ausländer hier gesehen. Aber so jemanden wie Steve, der nicht den Anschein machte, ein Drogenboss oder Waffenschieber zu sein, noch nie. Selbst wie ein Zuhälter sah er nicht aus. Was hatte der Mann getan, um hier an diesen Ort des Vergessens zu kommen? Entkommen war fast unmöglich, es sei denn, man konnte gut dafür zahlen, oder man wurde mit den Füßen voran mit einem Leichensack herausgetragen. Anders hatte man keine Möglichkeit.

„Hi, ich bin Steve, und nein, ich habe keine Ahnung, dass ich hier auf den Philippinen gelandet bin. Im Übrigen: Welchen Tag haben wir heute?" Obwohl er sich die Antwort schon denken konnte, fragt er trotzdem, auch um noch mehr Informationen zu bekommen. Bob schmunzelte etwas: „Irgendeinen Tag. Hier ist jeder Tag gleich. Aber ich glaube, es muss so Ende Juni sein. Warum fragst du?"
Steve runzelte die Stirn und schloss die Augen. Ende Juni. Über zwei Wochen war er bereits unterwegs.
„Vor ein paar Tagen war ich noch in Oahu", äußerte sich Steve bedrückt und presste die Zähne aufeinander und sah in die dunklen Augen der Männer, die dicht an dicht auf dem Boden gedrängt saßen. Angestrengt überlegte er, was Alexej damit bezwecken wollte, ihn gerade nach Manila zu bringen. Es erschloss sich ihm gerade nicht. Aber eins wusste er, hier war der letzte Ort, wo man nach ihm suchen würde. Er dachte weiter an Amy, so wie in den letzten vergangenen Tagen auf dem Schiff. Danny würde sich schon um sie kümmern und gleichzeitig alles daransetzen, ihn zu finden, das wusste er. Doch würde er ihn hier auf den Philippinen finden?

„Oahu, oh, dann lag ich doch richtig mit meiner Vermutung, du bist Amerikaner, dann musst du vom Militär sein, sonst wärst du nicht hier." Bob sah zu einem der anderen Männer hinüber, der nun langsam aufstand und sich einen Weg durch die Reihen bahnte.

„Hey, ich habe eure Unterhaltung am Rande mitbekommen, Bob, du weißt, wenn er vom Militär ist, dann halte dich zurück. Besser noch, ihr erwähnt das nicht." Dabei setzte er sich neben Bob und taxierte Steve aus zusammengekniffenen Augen. Steve leckte sich über die Lippen und schaute hinauf zu der Wache auf dem Turm und checkte weiter die Umgebung ab.
„Ich wette eine Elitesoldat, Navy? Im Übrigen, ich bin Charles, und ich meinte das ernst. Halten Sie sich hier bedeckt. Hier haben die Wände Ohren." Charles machte es sich an den Gitterstäben bequem und nahm einen kräftigen Atemzug. Auch Steve nahm einen kräftigen Atemzug und lehnte den Kopf an die Wand. Dabei schloss er die Augen, er war müde und erschöpft.

Zeichen der Vergangenheit  (Hawaii Five-0, Steve Mcgarrett, Alex oLoughiln)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt