33. Kapitel

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Nach einiger Zeit schreckte Steve hoch, und ein Stimmengewirr drang an seine Ohren, etwas Unruhe machte sich in ihm breit. Er brauchte ein paar Sekunden um sich wieder zu orientieren. Es war kein Traum. Er saß in einer Menschenmenge, die dicht an dicht gedrängt saßen, so dass man den Boden nicht sah. Müde drückte Steve mit Daumen und Zeigefinger an seinen Nasenrücken und sah sich suchend nach dem Mann um, mit dem er sich Stunden zuvor unterhalten hatte. Doch so sehr er sich abmühte, er konnte ihn zwischen all den Männern nicht entdecken. So bahnte er sich mühsam den Weg zu den provisorischen Duschen und achtete nicht darauf, dass er von einer Gruppe beobachtete wurde. Plötzlich rempelte ihn einer dieser Kerle an. Dieser war ein Stück kleiner als Steve. Sonst war er von der Figur her eher schmächtig. Sein ehemalig rotes T-Shirt war an eigenen Stellen gerissen.
„Hey Weißbrotfresser, hier habe ich meinen Platz verzieh dich.“
Steve machte einen Ausfallschritt zur Seite und betrachtete ihn, nahm ihn aber nicht ernst und ging weiter.
„Hey Weißbrot, bist du taub, das ist mein Platz, verzieh dich.“
Raunzte dieser ihn erneut an. Es fehlte nicht viel, und Steve hätte ihm das passende an den Kopf geworfen, wäre nicht Bob gekommen und hätte ihn weggezogen.
„Hey, keine Alleingänge hier, wenn du überleben willst. Besonders von Mr. Song solltest du dich fernhalten, gehe ihm aus dem Weg. Vielleicht hätten wir dir ein paar Grundregeln vorher erklären sollen. Also komm erst mal mit.“
Bob dirigierte ihn wieder nach draußen auf den Hof. Aber er blieb nicht stehen und schob Steve unaufhörlich weiter in den hinteren Teil des Zellentraktes. Vor einer umgebauten Zelle standen eine Handvoll Männer, die geduldig warteten. Steve konnte einen flüchtigen Blick hineinwerfen und sah eine Liege. Von oben ab der Decke war eine provisorische OP-Leuchte montiert. Zusätzlich war an der Stirnseite ein offenes Regal mit einem Stuhl und einem kleinen Tisch darunter. Auf den ein alter Mann saß. An dem Tisch lehnt ein weiterer Mann. Steve erkannte Charles wieder. Gemächlich trat Steve mit Bob ein.

"Das ist Han, er ist unser Doc. Ich habe ihm von deinen Verletzungen erzählt, er wollte sich diese mal anschauen“, äußerte sich Charles, der an der Wand lehnte. Dabei machte eine einladende Handbewegung, dass Steve auf der Liege Platz nehmen sollte. Skeptisch warf Steve einen Blick in die Runde und setzte sich schließlich auf die Kante der Liege. Han machte eine Handbewegung, dass er sein T-Shirt ausziehen sollte, was Steve auch unter schmerzverzerrtem Gesicht tat. Seine Rippen und der Unterbauch sowie seine Lenden schmerzen. Auch die beiden Streifschüsse am Oberarm und der seitlichen Taille, die notdürftig versorgt waren, nahm der Arzt unter die Lupe.

Außerdem nahm Han jeden Bewegung- und Gesichtsausdruck von ihm war und ging hinüber zum Regal. Er kam mit zwei Stäbchen, die wie zwei angespitzte Essstäbchen aussahen zurück und forderte Steve auf, sich hinzustellen und die Hände hinter seinen Kopf zu nehmen. Irritiert von dem, was Han tat, ließ er es geschehen. So pikste er mit der spitzen Seite in die Hämatome und rollte mit der Länge den Rücken hinunter. Zum Schluss klopfte er mit den Fingerkuppen über den gesamten Oberkörper und Rücken des Seals. Danach durfte Steve sich das Shirt wieder anziehen. Han verabschiedet Steve mit den Worten: „Liǎng gè xiǎoshí hòu huílái.“ Worauf Steve erwiderte „Wǒ huì zuò“ und legte die Handflächen aneinander und senken zur Ehrerbietung den Kopf auf die Brust, was ihm einen wunderten Gesichtsausdruck von den beiden europäischen Männern einbrachte. Steve konnte sich trotz der unwirklichen Umgebung, in der sie sich befanden, ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen. Er kannte auch die Frage, die ihnen auf der Seele lag. „Er hat gesagt, ich soll in zwei Stunden wiederkommen. Darauf habe ich mich bedankt“,  äußerte sich Steve gelassen und ging aus der Zelle.

„Du sprichst Mandarin?“, fragte Bob ein wenig überrascht. Steve bejahte es mit einem Nicken und lehnte sich an die Lehmwand. Schließlich drehte er sich zu den Männern um, die jetzt neben ihm standen. 

„Ja ein wenig.“ Charles trat vor ihn und kniff die Augen zusammen.
„Okay, raus mit der Sprache, wer bist du?“
Steve setzt sich auf die Bank, die neben ihm stand. Dabei sah er mit einem resignierten Blick den restlichen Häftlingen bei der Essensausgabe zu.
„Nun ja Charles, du hast recht, ich bin vom Militär. Vor über zwölf Jahren bin ich aus dem aktiven Dienst der Navy in die Reserve gewechselt. Und nun hat mich meine Vergangenheit eingeholt.“
Dabei stützte Steve seine Ellenbogen auf seine Knie ab und vergrub sein Gesicht für einen Moment dahinter. Gewissensbisse plagten ihn. 

„Was ist passiert?“
Charles legte eine Hand auf seine Schulter und sah auf ihn sorgenvoll hinunter. Steve zog die Brauen zusammen und blickte zu Boden. 

„Charles“, begann er und leckte sich mit der Zungenspitze über die Oberlippe. „Du kannst darüber nicht reden, richtig.“
Steve sagte nichts, nickte nur wieder stumm und stand in Zeitlupe von der Bank auf und begab sich nach draußen auf den Hof. Schweigend folgten ihm Bob und Charles und beobachteten Steve genau.

„Du bist verheiratet, wie ich sehe,“ sagte Charles und nickte zu seiner Hand und dem Finger, wo ein Ring gesessen haben musste. Der deutliche Abdruck und die helle Stelle verrieten ihm das. Steves Augen fingen an zu strahlen und um die Augenwinkel bildeten sich kleine Lachfältchen.
„Ja, sie heißt Amy.“
Als er plötzlich die Augen schloss und ruhig wurde. 

"Ist, sie etwa ... ?“, Charles wollte nicht genau nachfragen, er beobachtete Steve und sah ihm an, dass da was an ihm nagte. Steve schüttelte kurz den Kopf.
„Ich hoffe nicht. Es wäre dann meine Schuld.“
Steve stand auf, wischte sich mit der Hand durchs Gesicht, während er die andere in die Hosentasche steckte. 
„Man hat sie entführt, weil sie an mich rankommen wollten.“

Zeichen der Vergangenheit  (Hawaii Five-0, Steve Mcgarrett, Alex oLoughiln)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt