Der Oberarzt empfängt mich kurz nach der großen Stationstür, als meine Wangen noch hochrot, aber die Tränen schon versiegt sind. “Haben Sie noch einen Moment, Herr Lobrecht?” fragt er von der Seite, ich schaue zu ihm herüber und sehe, dass die Tür zu seinem Büro bereits geöffnet ist und er mit einladender Geste davorsteht.
“Also,", er seufzt, "Herr Schmitt hatte einen Herzstillstand. Keine unalltägliche Situation auf unserer Station, aber bei ihm haben wir nicht damit gerechnet. Eigentlich hätten wir ihn gerne in den nächsten Tagen verlegt. Das kann, muss aber nicht, an Nebenwirkungen der zusätzlichen Covid-Impfung gelegen haben, die wir ihm gegeben haben. Der Wirkstoff, AstraZeneca3000, ist schon länger umstritten und wurde erst vor kurzem für Intensivpatienten freigegeben. Das heißt nicht, dass eine Covid-Impfung grundsätzlich schlecht ist. Nur sind halt Intensivpatient deutlich exponierter. Und er hat diese Prophylaxe eben wahrscheinlich nicht vertragen. Wir haben ihn jetzt jedenfalls wieder intubiert, dass sein Körper sich besser davon erholen kann.” sprudelt er los, immer noch in der ruhigen Tonlage, die ich von ihm gewöhnt bin.Erst jetzt fällt mir auf, dass wir wie platziert in diesem Zimmer stehen, wenige Schritte von einander entfernt. “Das muss sehr schwer für dich sein, Felix.” spricht er weiter, geht auf mich zu, nimmt meine Hand und legt die andere an meine Hüfte. In meinem Körper schleicht sich ein unbeschreibliche Unwohlsein ein, die ihn gänzlich erfüllt. “Vielleicht kann ich dich ja bei der Trauerarbeit unterstützen. Du vermisst sicherlich guten, dreckigen Sex, nicht?”
"Äh, ja, also, nein!" stammele ich, mein Körper ist jedoch wie paralysiert und ich kann nicht weglaufen. Ich lerne den Oberkörper nach hinten, da spüre ich, dass seine Hand mich fester packt und er versucht, mich zu küssen.
In diesem Moment spüre ich eine stetige Vibration in meiner Hosentasche. Dann ein Klingelton. Mich ruft jemand an. Gott sei Dank.
"Äh, ich...muss telefonieren!" stoße ich aus, fingere mein Handy aus der Hosentasche und sehe auf das Display: Niclas. Nicht die erste Person, mit der ich gerade reden will, aber er rettet mich gerade.Ich stürme aus dem Büro, auf den Flur und dann durch die großen Türen. Dann gehe ich endlich ran. "Ja, hallo?" frage ich mit aufgeregter Stimme in das Gerät.
"Halloooo Felix, hier ist Niclas. Alles gut bei dir?"
"Äh, ja. Also...Nein."
Wir hatten uns letztens gestritten. Total unnötig und ich habe ja zur Zeit auch ganz andere Sorgen eigentlich. Danach haben wir uns geschworen, einfach kreuzehrlich zueinander zu sein, auch wenn es vielleicht gerade nicht passt oder der Andere dadurch verletzt wird.
"Warum? Was ist los? Wie geht's Tommi?" will er wissen. Ich atme tief ein. Okay, keine Lügen. Keine Beschönigung. Ehrlichkeit. Zu ihm, zu uns. Aber auch zu mir.
"Scheiß Tag." murmele ich, wissend, dass er das hört. Verwirrt, als wäre ich hier noch nie gesehen, schaue ich mich um und suche die Schilder nach dem Ausgangspfeil ab.
"Ich muss erstmal hier raus. Den Rest erkläre ich dir dann." sage ich atemlos, weil ich schon lausgelaufen bin.Wie unglaublich oft ich diese großen Türen jetzt schon verlassen habe. Immer in der Abenddämmerung, nach einem intensiven Tag mit meinem Schatz. Die letzten zwei Male hier draußen fühlten sich echt beschissen an. Außerdem sind mir die vier Bänke vor dem Eingang noch nie aufgefallen. Eigentlich bin ich immer sofort zu meinem Auto gegangen. Aber jetzt will ich mich einfach nur irgendwo hinsetzen. Irgendwo, wo dieser Mann nicht ist. Ich hoffe, er verfolgt mich nicht. Kurz erwäge ich, doch ins Auto zu gehen. Ich mache die Anstalten, aufzustehen, meine Beine legen jedoch sofort ein Veto ein und ich lasse mich wieder fallen. Ein Mal tief ein- und ausatmen.
"Hallo, bist du noch da?" frage ich dann in mein Handy.
"Ja, klar. Was ist los, Felix?"
"Ach man, ich wollte ihm gerade einen Ring holen weil wir doch eigentlich irgendwie irgendwann heiraten wollen und ich den Schwestern gesagt hab dass wir verlobt sind weil ich sonst nicht zu ihm gedurft hätte und ich war jetzt jeden einzelnen Tag bei ihm und dann haben sie letztens gesagt dass er bald aufwachen wird und heute als ich in sein Zimmer gegangen bin, da hat er mich einfach angeschaut, mit mir geredet und sich bewegt und so und wir haben uns auch geküsst und dann wollte ich halt den Ring holen weil dann irgendjemand gesagt hat was von Hochzeit und Tommi wusste ja aber davon nichts weil das mit der Verlobung ja nie stattgefunden hat und ich will den Mann aber heiraten aber ich kann jetzt keinen teuren Ring kaufen, am Ende gefällt oder passt ihm der gar nicht und da dachte ich mir ich kaufe aus Kitsch einfach so einen Plastikring aus so einem alten Automaten, die überall noch hängen weil dann wäre das trotzdem mit Kniefall und weinen und Ring aber halt aus Plastik. Und da wollte ich also grade los und dann ist sein Herz stehen geblieben, einfach so. Ich hab 'ne Minute vorher mit ihm noch geredet und dann bleibt sein Herz stehen, wenn ich nicht da bin. Und dann mir so'n Oberarzt in seinem Büro was erklärt und hat mich dabei angetatscht und festgehalten und wollte mich küssen. Du hast grade angerufen, als ich mich fast nicht mehr wehren konnte."Ich atme tief durch, weil ich das, glaube ich, in den letzten Minuten nicht getan habe. Wahrscheinlich habe ich auch viel zu laut geredet.
"Danke." schiebe ich noch hinterher und lege dann eine Pause ein.
"Okay, das ist scheiße. Aber weißt du was? Kriegen wir alles hin, Felix. Mach dir keinen Kopf."
In diesem Moment fällt mir wieder auf, wie angenehm ich seine Stimme eigentlich finde. Und wie sehr ich diese vermisst habe. Sie beruhigt mich.
"Aber warte mal, habe ich das jetzt richtig verstanden? Ihr seid zusammen und nicht nur Podcastpartner?"
Ich muss schlucken. Fuck. Ich hatte total vergessen, dass er dass überhaupt nicht weiß. Aber wir hatten einander ja Ehrlichkeit versprochen.
"Ja, wir sind zusammen. Ich bin bi, glaube ich. Und er auch."
"Felix, ich kenne dich schon ein Stück. Wir haben viel über unsere Gefühle geredet. Meinst du, das ist mir nie aufgefallen? Danke, dass du es jetzt gesagt hast. Und jetzt zu diesem Arzt: Wie heißt der und wo kann ich ihm am besten auf die Fresse hauen?"
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Platzierte, verkopfte, elegalante Gemischtes Hack Story
RandomKreativerer Titel kommt vielleicht noch,aber so wisst ihr wenigstens, worum es geht. Für die Tzex-Ferkel: Kapitel 18: Felix top, Sicht Felix Kapitel 57: Felix top, Sicht Tommi Kapitel 69: Tommi top, Sicht Tommi Kapitel 100: Tommi top, Sicht Felix Ka...