Platzierte, verkopfte, elegalante Gemischtes Hack Story

#22

"Ich träum von dir in Melodien
die Überdosis Endorphin

Wenn du bei mir auftauchst
ist das als wärst du niemals weg
Wir können feiern, lachen, heulen
nichts gelogen nichts versteckt
Alles normal
weil man sich kennt und sich versteht
Mal viel zu tief
Mal zu verdreht"

"Your lips
my lips
apocalypse

when you're all alone
I will reach for you
When you're feeling low
I will be there too"

Wow. Der große Felix Lobrecht kann ja doch auch weiche Lieder und nicht nur Draufhau-Rap. Meine Nachforschungen in seinen privaten Spotify-Playlists lassen mich auf Lieder wie "In Melodien" von Tiemo Hauer oder "Apocalypse" stoßen. Da es mich interessiert, schaue ich nach, von wem der letzte Song ist. Cigarettes After Sex.
Es geht schlagartig los, ohne mein aktives Zutun:

Ich muss an die Nacht seines Geburtstages denken.
Ich muss an den Morgen danach denken.
Ich muss schlucken.
Ich realisiere, dass ich noch nicht ganz darüber hinweg bin.
Ich hasse mich dafür.

Zum Glück ist Felix gerade nicht im Raum.

Einige der Songs in der Playlist kenne ich bereits, da es anscheinend eine weitere gemeinsamere Eigenschaft ist, dass wir zwischendurch auch Mal romantischere Musik hören.
Um ehrlich zu sein, muss ich mir eingestehen, dass mich dieser Fakt beruhigt.
Er ist immer so der harte Motherfucker aus Berlin-Neukölln und es kommt immer so anzweifelbar rüber, wenn er unironisch "Careless Whisper" oder "Killing me softly with his song" hört.
Doch jeder Mensch hat irgendwo genau diese eine Seite- es fällt nur unterschiedlich leicht, sie in gewissen Situationen zu zeigen.
Ich wusste, dass hinter dem Bad-Boy-Image, das er nach außen hin im Allgemeinen zu zeigen pflegt, etwas steckt, was genau diese Playlist widerspiegelt.
Zwar habe ich als einer seiner besten Kumpels immer schon etwas mitbekommen, doch immer hat er es relativ schnell geschafft, souverän das Thema zu wechseln und subtil abzuschließen.
Erneut kommt mir in Gedanken, wie faszinierend seine Distanziertheit zu all der Scheiße in seinem Leben ist.

Auch, wenn uns nur ein Monat trennt, finde ich oft, dass er eine viel erwachsenere Verhaltensweise an den Tag legt als ich.
Wir lachen zwar beide mit 30 und 31 noch über schlechte Pimmel- und Fotzen-Witze, Felix teilt in vielen Belangen aber einfach reifere Ansichten oder beschäftigt sich mit wichtigen Dingen wie Seenotrettung, Blut- und Kleiderspende oder Nachhaltigkeit, während sich meine außerberuflichen Tätigkeiten eigentlich auf Fußball jeglicher Art beschränken lassen- sei es selbst auf dem Platz, im Stadion auf der Tribüne oder übertragen auf dem Bildschirm als FIFA oder Livespiel.
Dass er sich sozusagen auf mich eingelassen hat, wundert mich ehrlich gesagt, doch die Wertschätzung überwiegt.

Ich bin verdammt froh, dass er mir gegenüber solche Gefühle zeigt und schätze das wirklich wert- er hat mir auch schon erzählt, dass er Leute kennt, bei denen er durchgehend der harte Kerl ist, dessen Charakter und Inneres sich gemäß seiner Muskelmasse definieren lassen.
Aber auch finde ich es komisch, dass er so plötzlich so enorm offen wird- immerhin hat er fast geweint, was ich bei Felix nur unter enormen Stresssituationen in Verbindung mit Schmerz erlebt habe- und das war auch nur einmal in den über drei Jahren, die wir uns kennen.

Mache ich unterbewusst etwas mit ihm?
Habe ich einen gewissen Einfluss auf ihn?
Ist das positiv oder negativ?
Oder einfach egal-?
Hat er es unter Kontrolle, wer oder was ihn wie stark beeinflusst?
Immerhin ist eine seiner Gründe keine Serien zu schauen, dass sie zu viel Einzug in sein persönliches Leben halten.
Außerdem hat er selbst gesagt, dass er schnell von Sachen abhängig wird, was ich allerdings schon von ihm kenne.

Aber kann man nach mir "süchtig" sein?
Kann ich, Thomas Schmitt, einen fremden Menschen so stark verändern?
Wenn ich an Selina denke, muss ich die Frage wohl mit "Ja" beantworten.
Wenn ich an Felix denke, will ich die Frage nicht, oder zumindest nicht mit "Ja" beantworten.
Es verwirrt mich zutiefst.
Er verwirrt mich zutiefst.
Ich verwirre mich zutiefst.