"Baby!" stoße ich aus, als ich zum unzähligen Mal sein Zimmer betrete und er endlich wieder die Augen offen hat. Ich stürze auf ihn zu, ohne die Tür richtig zu schließen. "Mein Schatz!" schluchze ich, als ich mich vor seinem Bett auf die Knie sinken lasse und meinen Kopf an seinem Oberkörper vergrabe.
Ich vernehme ein leises "H-hallo." Dass ihm das Sprechen zu Anfang noch schwer fallen wird, wurde mir bereits erklärt. Zusätzlich spüre ich eine Hand an meinem Nacken. Es ist seine. Sie ist warm, bewegt sich. Weil er wach ist. Fuck, denke ich, sage es aber nicht laut. Eine Träne benetzt sein Bettlaken, ich schniefe laut.
Dann fällt mir wieder ein, dass er ja wach ist. Ich kann ihn anschauen und er schaut mich zurück an.
Also hebe ich wieder meinen Kopf, um genau das zu tun: ihn anzusehen.Er ist irgendwie blass, dafür leuchten mich seine grünen Augen umso heller an. Die Augenpartie ist eher eingefallen, er sieht fast schon traurig aus. Seine Haare sind ungewaschen und total lang, die Locken fallen überall auf das Kissen. Die Wangenpartie ist eingefallen, er hat definitiv abgenommen. Das fällt mir jetzt noch mehr auf als vorher. Die meisten Kabel an ihm sind noch dran, aber wenigstens hat er diesen beschissenen Schlauch nicht mehr im Hals. Seine Lippen sehen schmaler aus als sonst.
"D-darf ich dich küssen?" frage ich leise, als wäre es etwas verbotenes. Er nickt. Langsam bewege ich meinen Kopf auf seinen zu und greife währenddessen nach seiner Hand.
Dann treffen sich unsere Lippen. Sie sind trocken, aber fühlen sich noch genauso gut an wie immer. Ich lächle in den Kuss, kneife dann die Augen zusammen. Es fühlt sich so verdammt gut an, ihn endlich wieder zu spüren."Ach, Herr Lobrecht. Schön, dass Sie da sind." höre ich eine Stimme hinter mir.
"Wir hatten Sie schon vermisst.", eine Zweite.
Wie ein ertappter Teenager schrecke ich auf und drehe mich um, rutsche dabei fast mit dem Oberkörper von Tommis Bett herunter. Als ich mich wieder halbwegs gefangen habe, blicke ich nach oben und erkenne, wer da steht: Der Oberarzt und eine Schwester. Ich glaube, sie heißt Kim."Äh, ja, hallo." stammele ich, ohne dabei Tommis Hand loszulassen. Ich höre seinen Kopf sich auf dem Kissen Richtung Tür bewegen. Ich wusste nicht, dass mich allein dieses kleine Geräusch so glücklich machen kann.
"Ja, die guten Neuigkeiten haben Sie ja jetzt schon selbst herausgefunden. Er ist wieder wach." sagt der Arzt mit seiner sanften Stimme und lächelt uns an. Eine weitere Träne rollt meine Wange herunter, während ich nicke und sie dann wegwische."Danke." stoße ich leise hervor.
"Wie schön, dass die Verlobten wieder einander haben. Dann steht ja der Hochzeit nur noch wenig im Weg." säuselt der Oberarzt und grinst.
Mittlerweile habe ich es geschafft, mich auf einen Stuhl zu setzen."Verlobt?" ächzt Tommi leise. Mir entgleisen in diesem Moment alle Gesichtszüge. Fuck. Das hatte ich total verdrängt. Ich hatte gelogen. Um bei ihm sein zu können. Ich beiße mir auf die Unterlippe und drehe meinen Kopf erst zu Tommi, der nun nur noch verwirrter dreinblickt als so schon. Vielleicht erkennt er in diesem Moment in meinen Augen den Ausdruck der puren Panik. Mein Herz rast. Zum Glück ist Tommi an die Überwachung angeschlossen, und nicht ich. Meine Lüge wäre sofort aufgefallen.
Zu meiner Verwunderung beirrt Tommis Frage den Arzt und die Schwester überhaupt nicht. Als hätten sie es beide gewusst.
"Der Felix ist Ihr Verlobter." klärt sie mit sanfter Stimme auf. "Wenn Ihre Verlobung kurz vor dem Unfall war, ist auch diese Erinnerung weg. Wie die an den Unfall selbst." ergänzt sie. An Tommis unteren Augenlidern bilden sich Tränen, die seine Wangen herunterlaufen. Dann nickt er.
"Okay." sagt er mit heiserer Stimme.
"Nun, denn, dann lassen wir Sie beide trotzdem mal alleine. Wenn irgendetwas ist, dürfen Sie klingeln. Aber das wissen Sie ja." verabschieden sich die beiden. Ich nicke dankbar, dann schließt sich die Tür von Zimmer 7.Mein Kopf fällt, fast automatisch, wieder auf seinen Schoß. Meine Hände halten seine. Wie zu Hause. Gott, wie sehr ich das vermisse. Erneut schließe ich die Augen. "Und du kannst dich wirklich nicht mehr an den Unfall erinnern? Was passiert ist? Wo? Wie?" frage ich, blicke dann wieder zu ihm nach oben und stütze das Kinn auf seinen Bauch. Er schüttelt den Kopf. Ich nicke und beiße mir auf die Lippe, schaue nach draußen und sehe den Kran. Kurz muss ich lächeln. Davon muss ich ihm auf jeden Fall noch erzählen. Ich muss ihm so unglaublich viel noch erzählen!
Dann wechselt die Schärfe meines Blickes unkontrollierbar wieder auf die tristen Fensterrahmen seines Zimmers, die mich daran erinnern, wo wir hier eigentlich sind.
"Ich fühle mich hier falsch. Wir sollten hier nicht sein. Wie Möwen im Moncler." wispere ich und schließe wieder die Augen, weil Gedanken denken grade so unglaublich doll wehtut.Dann schießt mir plötzlich eine Idee quer durch den Kopf, die ich sofort laut ausspreche: "Warte, ich hole dir einen Ring."
Verdattert schaut Tommi mich an und mir wahrscheinlich auch hinterher, als ich mit meinem Portemonnaie in der Hand aus seinem Zimmer stürme.
Gegenüber vom Krankenhaus ist so ein uralter Kaugummiautomat, in dem es auch Plastikringe in diesen transparenten Kugeln gibt. Das wird DER Antrag.Kaum bin ich einige Meter auf dem Flur gejoggt, höre ich, wie in einem der vielen Zimmer die Alarmtöne angehen. Das ist für mich mittlerweile kein ungewöhnliches Geräusch mehr. Als ich dann jedoch einen Pfleger "Herr Schmitt?!" rufen höre, wird mir plötzlich total heiß. Wie von einer Tarantel gestochen renne ich in Richtung seines Zimmers, zusammen mit vier anderen Personen, die ich in diesem Tunnelblick nicht identifizieren kann.
"Herr Lobrecht, raus!"
"Gitta, den Intubationswagen! Ich nehm' dann 'nen Drei-Fünfer Spatel und 'nen achter Tubus!"
"Rea-Ruf erfolgt?!"sind die letzten Sätze, die ich höre. Wenige Sekunden später finde ich mich atemlos und mit auf den Oberschenkeln abgestützten Armen außerhalb des Klinikgebäudes auf dem großen Vorplatz.
Die Tränen strömen unaufhaltsam wie Bäche aus mir heraus. Mit verschwommenem Blick sehe ich die drei alten, verrosteten Automaten vor mir. Meine Hände zittern und ich erkenne die Farbe des Plastikringes gar nicht, der da in seiner Kugel mit Ach und Krach auf die zweite Kugel fällt. Egal. Ich muss zurück. Sofort. Nein. Stop. Wenn ich bereit dazu bin. Wann auch immer das sein wird.
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Platzierte, verkopfte, elegalante Gemischtes Hack Story
De TodoKreativerer Titel kommt vielleicht noch,aber so wisst ihr wenigstens, worum es geht. Für die Tzex-Ferkel: Kapitel 18: Felix top, Sicht Felix Kapitel 57: Felix top, Sicht Tommi Kapitel 69: Tommi top, Sicht Tommi Kapitel 100: Tommi top, Sicht Felix Ka...