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Kapitel 6* Bekanntschaften ____________________________________

Ich kam an meiner Bushaltestelle an und musste noch fünf Minuten warten. Der Himmel zog sich immer mehr zu und der Wind fuhr eisig durch meine Haare. Schützend stellte ich mich unter einen Baum und hoffte, es würde nicht anfangen zu regnen. Es war jetzt schon sieben Uhr fünfzehn und der Bus kam immer noch nicht. Ich wollte nicht gleich am ersten Tag zu spät kommen, aber ich wäre dann nicht die Einzigste. Der gelbe Bus kam endlich und ich stieg ein. Ausnahmsweise schenkte ich der Fahrerin ein freundliches Lächeln und sah mich um. Sage und schreibe neun Leute saßen im Bus. Ganz vorne saß ein Junge mit einer Brille und vielen Pickeln, auf der anderen Seite ein Mädchen ganz in schwarz mit vielen Piercings. Ich wollte mir diese Leute nicht weiter ansehen und suchte mir eine freie Bank ganz hinten. Alles war leise und ich zog meine Kopfhörer aus dem Rucksack, stellte die Musik an und sah verträumt aus dem Fenster. Ich sollte mir dringend ein Auto kaufen! Der Bus hielt und ein Mädchen, welches vielleicht etwas kleiner war als ich, stieg ein. Ihre dunkelbraunen Haare waren feucht vom Nieselregen, der angefangen hatte. Sie sah fröhlich und trotzdem genervt aus und wirkte im Gegensatz zu den anderen in diesem Bus normal. Sie sah sich im Bus um und ihr blick blieb bei mir hängen. Ich würde sagen, gleich lerne ich jemanden kennen. Sie steuerte auf mich zu und setzte sich.

»Du bist neu hier«, stellte sie fest und sprach weiter.

»Ich hab dich hier noch nie gesehen. Ich bin Marry«, sagte sie.

»June«, stellte ich mich vor, um nicht unfreundlich zu wirken.

»Freut mich.« Neugierig sah sie mich an, doch ich nickte nur.

»Du scheinst nicht gesprächig zu sein.«

»Oh doch, tut mir leid«, entschuldigte ich mich.

»Schon ok. Vielleicht sehen wir uns ja wieder«, sagte sie und stieg aus.

Ich hatte jetzt erst gemerkt, dass der Bus angehalten hatte. Ich stieg aus und lief über den Hof. Die Blicke lagen auf mir, doch ich lief einfach weiter. Ich musste mit einem Zettel in das Sekretariat. Meine Mom hatte ihn mir gegeben, doch ich wusste nicht, was darauf stand. Genervt quetschte ich mich an den Menschenmengen vorbei. Ich konnte viele Leute auf einem Haufen noch nie leiden. Grade als ich die Tür des Sekretariats ansteuerte, lief mir jemand vor die Füße und ich prallte gegen eine harte Brust. Das fängt ja super an! Ich sah nach oben. Sturmgraue Augen durchzogen mit einem Silberschleier, dunkelbraune Haare und verdammt gutaussehend. So ein Mist aber auch! Das Silber in seinen Augen zeigte die Verwunderung, doch in dem dunkelgrau tobte ein Sturm, der nur darauf hinwies, dass er sauer war. Ich schluckte schwer und fing sofort an, dummes Zeug zu reden.

»Oh Gott. Sorry. Ich hab dich nicht gesehen.« Was war los mit mir? Er ist mir doch vor die Füße gerannt!

»Ja ja, hör auf zu faseln und nerv mich nicht!« War das jetzt sein ernst? Entsetzt starrte ich ihn an und wurde sauer.

»Könntest du so freundlich sein, und mir aus dem Weg gehen, ich muss da rein.«

Ich hoffte, dass ich freundlich klang und er sah mich nur verdattert an. Er ging bei Seite und ich betrat den Raum. Eine ältere Dame mit einer Brille auf der Nase sah mich verwundert an.

»Was wollen Sie denn junge Dame?«

»Den sollte ich abgeben und dann sollte ich meinen Stundenplan abholen«, berichtete ich und hielt den Zettel hoch.

»Ach, dann bist du bestimmt June Wain«, sagte sie und gab mir meinen Stundenplan.

»Danke.«

Ich sah auf ihr Namensschild bevor ich ging und erkannte den Namen Rose. Mein Plan zeigte mir, dass ich die erste Stunde Mathe in Block A zweite Etage hatte. Die Schule wurde in vier Blocks eingeteilt. In Block A fanden Mathematik, Geschichte, Englisch und andere Fremdsprachen statt, also für mich dann Latein. Block B war mit Chemie, Biologie und Physik beschäftigt. Kunst und ähnliche Fächer oder AG's, wie Mediengestaltung, fanden im Block C statt. Block D war für den Sport verantwortlich. Also alles ziemlich simpel. Den Raum fand ich erstaunlicherweise ziemlich schnell und irgendwie hatte ich gehofft, Marry wäre auch hier, aber das war sie nicht. Ich setzte mich auf einen Platz und packte meine Sachen aus. Immer mehr Schüler betraten den Raum und plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter.

»Das ist mein Platz«, sagte ein blondes Mädchen.

Soviel dazu, dass ich nicht auffallen wollte.

»Ach ja? Ich sehe nirgends einen Namen, wo steht, dass dieser Stuhl jemanden gehört«, sagte ich und sah sie freundlich an.

Ihre blauen Augen funkelten mich kalt an und sie ging. Die erste Zicke hatte ich anscheinend schon kennengelernt.

Mein Engel und IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt