Kapitel 35

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Die nächste Woche wurde für mich zur Qual. Ich rief Hannah fast jeden Tag an oder schickte ihre tausende Nachrichten. An einem Tag stand ich auch vor ihrer Haustür, aber niemand machte auf und auch die anderen Kommunikationversuche blieben erfolglos. Ich hingegen lehnte jeglichen Kontakt zu Smudo ab. Nach dem Drama am Bahnhof wollte er andauernd wissen, was sich noch zugetragen hatte, aber ans Telefon ging ich nicht und auf seine Nachrichten antworte ich auch nicht wirklich. Ich schrieb ihm lediglich, dass es mir gut ging.

Irgendwann dann, 2 Tage vor Tourbeginn. Nahm sie dann doch endlich mal meinen Anruf entgegen.
,,Ja?", tönte ihre Stimme genervt durchs Telefon. Kein Wunder, denn mein erster Anruf war das an dem Tag auch nicht.
,,Hannah, ich...hier ist Michi.", stammelte ich zusammen.
,,Ist mir schon klar. Was gibt's?"
,,Ich weiß, das ist alles furchtbar gelaufen, aber ich brauche dich. Die letzten Tage ohne dich waren für mich so schlimm. Bitte Hannah, am Sonntag fahr ich auf Tour. Könnten wir uns morgen bitte noch einmal sehen. Ich würde gerne versuchen alles wieder gut zu machen."
,,Michi, ich...ich weiß nicht.", sagte sie nun bedrückt.
,,Bitte, tu mir den Gefallen. Ich bin verzweifelt.", gab ich zurück und ich spürte erneut, wie eine Träne meine Wange hinunter rollte.
,,Hmm...ja, ok."
,,Danke Hannah...vielen Dank. Komm einfach ins Restaurant vom letzten mal.", sagte ich durch den Hörer.
,,Ok, dann sehen wir uns am morgen.", gab sie zurück und legte ohne ein weiteres Wort auf.

Die Zeit bis zum nächsten Tag verstrich so qualvoll langsam. Ich packte lediglich meine Sachen für die Tour ein und sonst langweilte ich mich zu Tode.
Am Sonntagmorgen würde mich Milla mit dem Auto abholen, denn er wollte beim Tourauftakt am Montag in Schwerin mit dabei sein und so hatten wir uns ausgemacht, dass wir zusammen gen Norden fahren würden. Danach würde die Tour für mich und die anderen im Nightliner weiter gehen.

Als es dann endlich soweit war, zerbrach mir den ganzen Tag den Kopf darüber, was ich anziehen sollte und am Ende entschloss ich mich für das gleiche Outfit, was ich bei unserem 1. Essen in diesem Restaurant trug.

Kurz vor 18:00 machte ich mich mit dem Auto auf den Weg. Hannah wollte nicht, das ich sie abholte. Das hatte sie mir vorher noch geschrieben und ich wollte sie auch nicht zu irgendwas zwingen. Immerhin war es ihr Entscheidung.

Pünktlich betrat ich das Lokal und einer von Marcellos Söhnen führte mich zu meinem reservierten Tisch. Hannah war noch nicht da, aber ich bestellte schonmal eine Flasche Wein für uns.
Sie kam ewig nicht und immer wieder sah ich auf die Uhr. 18:30. 19:00. 19:30.
Ist ihr vielleicht was passiert?! Ich war voller Sorge, denn auch auf meine Anrufe reagierte sie nicht.
Kurz nach 20:00 klingelte dann mein Handy.
,,Hannah, geht's die gut?! Ist was passiert?", brüllte ich ins Telefon und die anderen Gäste sahen mich schon mit aufgerissenen Augen an. Auf der anderen Seite des Hörers blieb es jedoch still.
,,Antwortete mir doch.", flehte ich sie an.
Irgendwann vernahm ich ihre leise Stimme...sie weinte.
,,Michi. Ich...ich kann das nicht. Verzeih mir, aber so hab ich mir dir ganze Sache nicht vorgestellt. Wir sollten das mit uns vergessen...alles.", schluchzte sie ins Telefon.
,,Hannah...nein. Tu mir das nicht an. Bitte."
,,Leb wohl, Michi. Danke für alles."
,,Bitte, leg jetzt nicht auf. Ich bitte dich.", flüsterte ich schon fast ins Telefon doch plötzlich war es still und ich hörte es nur noch tuten.

Ich schlug mir die Hände vors Gesicht und versuchte die Tränen zurück zu halten. Du wirst hier nicht weinen Beck! Vergiss es!
Schnell kramte ich Geld aus meiner Tasche hervor, knallte es auf den Tisch und rannte aus dem Lokal zu meinem Auto. Die Blicke der anderen Gäste und auch der Fakt, dass ich fast überfahren wurde, juckte mich kein bisschen.
Ich steig in meine Auto und fuhr los. Tränen sammelten sich in meinem Auge und ich wurde immer schneller. Auf dem kurzen Weg baute ich fast 3 Unfälle, doch in diesem Moment war mir alles scheiß egal. Ich wollte nur noch nach hause und weinen...vielleicht auch noch alle Möbel zerlegen, aber Hauptsache ich konnte meinen Gefühlen freien Lauf lassen, was ich auch tat.

Am nächsten Morgen musste ich zeitig aufstehen. Milla würde in einer Stunde kommen und ich musste mich noch fertig machen. Die große Zerstörung am Vorabend blieb zwar aus, aber von ein paar Tassen und Tellern waren nur noch Scherben übrig...was solls. Bekanntlich sollen die ja Glück bringen.

Einige Zeit später saß ich mit meinem Kumpel im Auto. Er hatte bemerkt, dass was nicht stimmte, aber auf seine Nachfrage reagierte ich sehr gereizt und somit ließ er mich die ganze restliche Fahrt über in Ruhe und wir wechselten nicht ein einziges Wort mehr miteinander.

In Schwerin an unserem Hotel angekommen fiel auch die Begrüßung mit den anderen nur kurz aus. Ungeduldig ließ ich mir meinen Zimmerschlüssel austellen und stürmte entnervt an den anderen vorbei, die mir besorgt hinterher sahen.
,,Wir sehen uns nachher, du Oberdiva.", rief Thomas mir hinterher worauf er nur meinen ausgestreckten Mittelfinger erntete.

In meinem Zimmer angekommen, schmiss ich mich verzweifelt aufs Bett und schon wieder kamen mir die Tränen...diesmal aber nicht wegen Hannah. Ich war einfach nur enttäuscht von mir selbst. Meine Freunde hatten das nun wirklich nicht verdient, dass ich sie so behandelte. Immerhin wussten sie nicht mal, was los war.
Eine ganze Weile zerbrach ich mir den Kopf, bis ich vor voller Erschöpfung einschlief.

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