Kapitel 16

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Ich stellte meinen Koffer schnell in der Wohnung ab, machte mich aber schnell wieder nach draußen, denn mein Kühlschrank hatte es bitter nötig mal wieder aufgefüllt zu werden. Ich machte mich in den nächstgelegenen Supermarkt, schnappte mir einen kleinen Korb und schlich durch die verschiedensten Regalreihen. Während der Feiertage nahm ich mir vor auch mal wieder frisch zu kochen, denn der Appetit auf die ganze Tiefkühlkost ist mir echt vergangenen. Ich hatte eine Menge Ideen für Gerichte und mein Korb war dementsprechend voll. Als ich dann am Ende meines Einkaufs noch den Gang für Waschmittel betrat stockte mir der Atem und mein Herz hörte vermutlich einen Moment auf zu schlagen. Hannah! Ich ging langsam auf sie zu. Noch blieb ich unbemerkt, denn sie war sehr auf die große Auswahl von Weichspüler fixiert. Was soll ich jetzt machen? Mich räuspern? Sie ansprechen? Ich entschied mich letztenendes für eine ganz andere Variante und tippte ihr auf die Schulter. Vor lauter Schreck ließ sie die Packung fallen, für die sie sich entscheiden hatte fallen. Schnell griff ich nach dem Henkel der Flasche und verhinderte einen Aufprall auf dem Boden. ,,Na na, wir wollen doch nicht, dass hier irgendwas kaputt geht oder?", lachte ich und hielt ihr den Weichspüler entgegen. Sie sah mich an als wäre ich ein Geist, doch schnell hellte ihr Blick auf und verlegen lächelnd griff sie nach der Flasche und legte sie in ihren Korb. ,,Hey M-m-michi. E-ein gesundes neues Jahr wünsch ich dir.", sagte sie und sah mich fröhlich an. ,,Gleichfalls." Sie bedankte sich mit einem kurzen Nicken und fragte: ,,Was machst du denn hier?" ,,Ähhm...einkaufen.", antwortete ich und lachte. Was war das denn für eine Frage. Auch sie merkte anscheinend, wie sinnlos die Frage war und stimmte in mein Gelächter mit ein. Wieder dieser wunderbare Klang. Auch sah sie so schön unbeschwert aus, wenn sie lachte. ,, Wie war Thailand?", fragte ich sie als wir uns langsam beruhigten. ,,Es war soo schön, wie du es mir erzählt hast. Ich muss da irgendwann nochmal hin."
,,Siehst du. Da hast du ja anscheinend nichts bereut." Sie schüttelte mit dem Kopf und lächelte mich wieder verlegen an. ,,Dein Korb sieht echt schwer aus. Darf ich ihn dir abnehmen?", unterbrach ich die Stille. Sie zögerte kurz, reichte mir ihn dann aber zu. Ich schnappte mir nur noch schnell eine Packung Waschpulver und folgte danach Hannah auf Schritt und Tritt, da sie noch ein paar Dinge benötigte und da sollte sie keineswegs auf ihren persönlichen Korbträger verzichten. Als sie fertig war schländerten wir, weiterhin wortlos, zur Kasse. Natürlich ließ ich ihr den Vortritt und half ihr auch beim Auspacken wofür sie sich herzlich bedankte.

Wenig später verließen wir beide mit vollen Tüten den kleinen Supermarkt, aber so wirklich trennen wollte ich mich von ihr noch nicht und auch sie machte keine Anstalten zu gehen. ,,Darf ich Ihnen Ihr schweres Gepäck noch nach Hause tragen, junges Fräulein?", fragte ich und deutete einen Handkuss an. Wieder wurde sie rot. ,,Wenn es dem Herren keine Umstände macht.", kicherte sie. ,,Aber keines Wegs. Zeigen Sie mir den Weg zu Ihrem Heim und ich folge Ihnen ohne Umwege." Sie lachte verlegen und wir machten uns auf den Weg. Ich stellte fest, dass wir gar nicht soweit voneinander entfernt wohnten, was ich ihr natürlich vorerst nicht sagte. Es schien als wüsste sie nicht so genau, wer ich bin und wie sollte ich ihr denn erklären, wie ich mir eine Wohnung in einem so teuren Viertel leisten konnte. Andererseits musste ich ihr irgendwann gestehen, mit wem sie es zu tun hatte, denn anlügen wollte ich sie auch nicht.
Sie wohnte ein paar Straßen weiter in einem schönen Altbau. Vor der Haustür angekommen, blieben wir stehen und sie sah zu mir auf, denn sie war wesentlich kleiner als ich.

Nun sah ich sie fragend an und irgendwie wirkte sie wieder einmal traurig, denn sie schaute ungefähr so wie damals am Bahnhof, als sie mir hinter winkte.
,,Was ist denn los. Wieso schaust so traurig?", fragte ich mit leicht zittriger Stimme. ,,Ich- ich möchte mich nicht schon wieder von dir verabschieden. Das letzte mal hatte ich kaum Zeit mit dir zu reden, weil ich so verdammt schüchtern war und dann bin ich auch noch beim anschauen der Bilder eingeschlafen." Sie schien etwas schockiert von ihren vielen Worten, denn schnell sah sie zu Boden." Ich wartete eine Weile doch kein weiteres Wort folgte dem eben Gesagten. Daraufhin hob ich ihr Kinn an, sodass sie mir in die Augen sehen musste. ,,Und nun?", fragte ich etwas ungeduldig, aber trotzdem freundlich, während ich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Abermals lief sie rot an und wurde verlegen. ,,M-magst du vielleicht mit hoch zu mir kommen? Wir könnten ja vielleicht einen Kaffee trinken und uns noch ein bisschen unterhalten. Aber natürlich nur, wenn du auch willst." Sie sah mich erwartungsvoll an und ich wollte sie auch nicht länger auf die Folter spannen. ,,Danke für die Einladung. Ich würde gerne mit rauf kommen und ein Kaffee wäre jetzt vermutlich genau das richtige für mich. ,,Cool, freut mich.", sagte sie und schien sich dabei sehr zu freuen. Ich lächelte sie an, denn zugegebenermaßen hatte ich auf so eine Einladung irgendwie gehofft.

Sie schloss die Haustür auf. Nun trug ich ihre und meine Tüte noch bis in die 3. Etage und wenig später standen wir auch schon in ihrer warmen Wohnung.

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