Kapitel 49

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,,Können wir zu ihm?", fragte Smudo und versuchte sich mit schmerzverzogenem Gesicht auf zu richten.
,,Du gehst sicher erstmal nirgendwo hin, Schatz.", sagte Esther und sah ihn streng an.
,,Ihre Frau hat recht! Die Ärzte von der Station meinten auch, dass das mit dem Besuch erst frühstens in 2-3 Tagen möglich ist. Sie wollen noch ein paar längerfristige Untersuchungen durch führen und versuchen seinen Zustand richtig zu stabilisieren."

,,Aber-."
,,Kein aber Herr Dürr. Weder Sie noch ich können sich dieses Anweisungen widersetzen. Tut mir leid. Gönnen Sie sich ihm und ihrem Freund einfach noch ein wenig Ruhe. Sie können Sie alle gut gebrauchen.", sagte sie und verließ den Raum wieder.

,,Ärzte.", sagte Andy abwertend.
,,Seid doch mal vernünftig, Jungs. Wenn er im Koma liegt, könnt ihr eh nichts für ihn tun und die Ärzte da unten wissen schon, was sie machen.", sagte Esther und sah sie alle mit hochgezogenen Augenbrauen an.

,,Sie hat recht. Die paar Tage gehen sicher schnell vorbei und dann gehen wir alle zu ihm.", antwortete ich und versuchte mir damit auch selbst ein bisschen Mut zu zu reden.

,,Na gut.", sagte Thomas, wirkte aber nicht unbedingt einverstanden.
,,Na dann will ich euch mal zurück in euer Zimmer bringen.", sagte ich an ihn und Andy gerichtet.
,,Bis dann.", sagten wir zum Abschied von Esther und Smudo, die uns hinterher winkten.

,,Also Frau Schmidt...ähm Esther, wenn du willst, kannst du die nächsten Tage bei mir schlafen. Da sparst du dir das Hotel."
,,Vielen Dank. Das ist echt lieb von dir.", sagte sie und lächelte mich an, während sie wieder anfing Smudo liebevoll zu streicheln, worauf er sofort genüsslich die Augen schloss.

,,Dann sehen wir uns ja später.", sagte ich, nannte ihr meine Adresse und sagte ihr, dass ich schon vor gehen würde um alles fertig zu machen, worauf sie sich ein weiteres Mal bedankte.

Ich brachte die beiden anderen noch zurück in ihr Zimmer und half Thomas mit Andys Hilfe zurück in sein Bett.
,,Hättet ihr was dagegen, wenn ich morgen wieder kommen würde?"
,,Gott nein, Hannah! Komm vorbei, wann du willst, vielleicht wissen wir morgen schon mehr von Michi.", antwortete Thomas.
,,Vielen Dank. Ich bin euch echt dankbar, dass ihr mir Bescheid gesagt habt."
,,Nichts zu danken. Versuch dir nicht allzu viele Sorgen zu machen und genieß die Zeit mit Esther. Ihr könnt euch ja gegenseitig ein bisschen ablenken."
,,Werden wir sicher. Macht's gut Jungs.", sagte ich und schloss Thomas und Andy zu Abschied sacht in die Arme, dann verließ ich das Zimmer der beiden und machte mich auf den Weg nach draußen.

Vor dem Krankenhaus angekommen atmete ich erst einmal tief durch. Mein Gott, wie schnell kann sich das Leben doch ändern. Seit gestern bin ich sicher schwanger, Mitten in der Nacht wartete ich auf auf den Mann, den ich zu tiefst verletzt hatte und der mir noch eine Chance geben wollte und jetzt in diesem Moment bange ich um das Leben dieses Mannes...und das alles wegen einer kurzen Begegnung in einem Zug. Hätte ich damals nicht einen Sitz diesem Abteil gebucht, wäre Michi jetzt sicher sorglos mit den anderen auf Tour und ich würde vermutlich zu hause rumgammeln. Oder vielleicht doch nicht? Vielleicht hätte ich ihn auch wann anders getroffen, wie damals im Supermarkt.

Doch es ist nun mal alles so gelaufen, wie es gelaufen ist und damit mussten wir wohl oder übel alle leben.

Ich suche mir eines der Taxis aus, welche vor der Klinik standen und nannte dem Fahrer meine Adresse.
Zu hause angekommen sah alles noch wie vor ein paar Stunden aus. Man könnte meinen es hätte sich gar nichts getan, doch die letzten Stunden hatten meine Gefühlswelt mal wieder voll auf den Kopf gestellt und mittlerweile gab ich mir die Schuld für den Unfall. Richtig, ich war nicht einmal anwesend, doch hätte ich mich vor ein paar Wochen nicht so dämlich aufgeführt, hätte Michi keinen Anlass gehabt sich gestern Abend auf den Weg nach Berlin zu machen und er, Smudo, Andy und Thomas würden sich jetzt vermutlich putzmunter auf die nächste Show vorbereiten.

Ein Seufzen meinerseits unterbrach die Stille in meiner Wohnung. Ich schloss meine Augen und öffnete sie wieder, erneut in der Hoffnung ich hätte die Erlebnisse der letzten Stunden nur geträum, doch dem war nicht so.

Die nächste Stunde verbrachte ich damit meine Wohnung auf Fordermann zu bringen. Ich wollte das Esther sich trotz des Unfalls ihres Mannes und seiner Freunde wohlfühlte.

Kurze Zeit später hörte ich ein Auto vor fahren und das darauf folgende Klingeln verriet mir, dass sie angekommen war. Ich öffnete ihr die Tür und als sie vor meiner Wohnung stand, schloss sie mich in den Arm, obwohl wir uns erst seit wenigen Stunden kannten.

Sie hielt eine kleine Reisetasche in der Hand, die ich ihr natürlich abnahm und wies ihr den Weg in mein Schlafzimmer.
,,Tut mir leid, ich hab leider kein Gästezimmer. Du kannst dich hier nieder lassen und ich geh auf die Couch."

,,Ach quatsch, das-.", setzte sie zum Reden an, doch ich unterbrach sie.
,,Doch, das geht schon in Ordnung. Ich hab dich schließlich eingeladen.", antwortete ich und lächelte sie an.
,,Na gut.", gab sie zurück, wirkte aber doch nicht ganz zufrieden mit der Situation.

,,Du ich hab uns für später einen Tisch in einem guten Restaurant reserviert, da brauchen wir nicht kochen...und dieses Mal lade ich dich ein.", sagte sie und zwinkerte mir zu.
,,Danke."
,,Nichts zu danken."

Die Stunden bis zum Abend verbrachten wir beide mit einer Tasse Kaffee in der Hand in meinem Wohnzimmer. Esther erzählte mir, dass Smudo zwischendurch immer wieder eingeschlafen sei und sie deshalb beschlossen hatte sich schon eher von ihm zu verabschieden.

Der Unfall rückte im Laufe des Gespräches zum Glück immer mehr in den Hintergrund und Esther und ich lernten uns immer besser kennen. Wenn Michi uns Smudo das wüssten, würden sie sich sicher freuen, dachte ich mir immer wieder.

Kurz vor 18 Uhr rief Esther noch eine Freundin an, bei der sie beiden Kinder von Smudo und sich untergebracht hatte an und erzählte ihr, was bisher alles so passiert war und das sie vorerst noch ein paar Tage in Berlin bleiben würde.

Danach machten wir uns in ihrem Auto auf in das Restaurant von dem sie gesprochen hatte und als ich sah, wo wir essen würden, stockte mir der Atem, doch ich musste auch ein wenig schmunzeln, bis mir der Gedanke in den Kopf kam, dass dies nicht nur das Restaurant war, in dem Michi und ich unser 1. Date hatten sonder er auch hier meinen Anruf erhielt, in dem ich ihm verkündete, dass ich Schluss machen würde.

,,Tja, ich bin zwar nicht allzu oft in Berlin, aber hier gehen wir eigentlich immer mit Michi her und das Essen ist sehr gut. Es wir dir gefallen. Stimmt was nicht?!", fragte sie als sie meinen Blick bemerkte.

,,Ich erzähl es dir drinnen. Ist eine lange Geschichte und so langsam fängt mein Magen an zu knurren."

Esther musste ein wenig lachen und zusammen betraten wir das Lokal. Wie beim ersten Mal bestellte ich mir eine Portion Spaghetti Bolognese und in der Zeit in der wir auf unser Essen warteten, begann ich Esther Michis und meine Geschichte zu ertählen, denn obwohl Smudo ihr schon so einiges erzählt hatte, sollte ich nochmal von vorne anfangen.

Ich erzählte ihr alles, was bis zum heutigen Tage passiert war...auch von der Schwangerschaft zu der sie mir herzlichst gratulierte.
,,Das freut mich ja so für dich. Kinder sind was schönes und Michi ist ein echt toller Vater, da kannst du dir sicher sein. Ihr werdet sicher eine richtig süße Familie."
,,Ich hoffe es.", antwortete ich und atmete tief durch.
,,Ganz sicher...und mach dir keine Sorge um ihn. Der Beck ist ein echter Kämpfer, das sieht man doch schon daran, dass er alles auf sich genommen hat um zu dir zu kommen.", sagte sie und sah mich mit leuchtenden Augen an, worauf ich sie anlächelte.

Ich mochte Esther sehr. Klar, uns trennte einige Jahre, doch irgendetwas verband uns auch. Vermutlich die Sorge um unsere beiden Männer, doch auch so waren wir uns recht ähnlich. Sie erzählte mir, dass auch sie Smudos Lebensstil anfangs ein wenig skeptisch gegenüber stand und ihm sehr dankbar war, dass er sie und den Rest der Familie so gut es geht aus der Öffentlichkeit zurück hielt. In dem Zusammenhang versicherte sie mir, dass auch Michi die Kunst seine Privatsphäre zu bewahren, verstand und ich ihm in dieser Hinsicht einfach vertrauen müsse.

Ich war ihr sehr dankbar, dass sie mich so ermutigte und das ich in ihr eine so gute Freundin gefunden hatte.

Als wir mit dem Essen fertig waren, fuhren wir zurück zu mir und gingen auch sofort ins Bett. Wir waren von dem Tag beide sehr geschafft, doch jede von uns war froh den restlichen und auch die folgenden Tage nicht alleine, sondern mit einer Leidensgenossin verbringen zu können.

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