Kapitel 51

310 12 0
                                    

,,Wenn Sie wollen, können Sie auch zu ihm rein gehen.", sagte die Schwester und holte Andy und mich aus unserer Schockstarre und wir fingen beide an zu nicken.
,,Alles klar. Sie sollten nur wissen, dass man auf Grund seiner Hirnblutungen einen schwierigen Eingriff am Schädel vorgenommen hat, aber keine Sorge, es ist alles gut verlaufen. Sie werden es an einer Stelle seine Kopfes sehen und sollten diese auch nicht berühren. Ansonsten können Sie ihn natürlich streicheln und auch mit ihm reden. Es hat sich schon in vielen Fällen gezeigt, dass sich das positiv auf Komapatienten auswirkt. Ignorieren Sie die Maschinen und stellen Sie sich am besten vor, er würde schlafen...das macht es vielleicht einfacher", riet uns die Schwester und lächelte uns wieder zu.

,,Alles klar, sagte Andy, denn ich war zum Sprechen momentan nicht in der Lage.
,,Sehr gut. Wenn Sie was brauchen oder wieder gehen wollen, kommen Sie einfach bei mir vorbei.", sagte sie noch, öffnete dann die Tür zu Michis Zimmer und Andy und ich traten ein.

Der kleine Raum war erfüllt von den monotonen Geräuschen, die die Machinen von sich gaben und man hörte, wie Michi durch den Schlauch mit Sauerstoff versorgt wurde. Ich blieb vor seinem Bett stehen, während Andy uns irgendwie 2 Stühle neben ihm bereit stellte und auf einem der beiden Platz nahm.
Vorsichtig nahm er seine Hand an welcher ein Zugang gelegt war, durch welchen er mit sämtlichen Nährstoffen versorgt wurde.

Um seinen Hals befand sich eine Halskrause, sein Gesicht war übel zugerichtet und wie bei Andy schien eines seiner Beine, welches ein wenig unter der Decke hervor ragte eingegipst zu sein...mehr Ausmaße des Unfalls waren zu diesem Zeitpunkt nicht sichtbar.

,,Hey Kumpel, ich bins...Andy.", sagte er mit zittriger Stimme.
,,Wir haben uns echt totale Sorgen um dich gemacht. Smudo und Thomas durften leider nicht mit her, aber sie grüßen dich ganz lieb...dafür hab ich dir aber jemand anderen mitgebracht.", fuhr er fort und sah mich an.
,,Setz dich doch bitte, Hannah.", sagte er nun an mich gerichtet und blickte kurz auf den Stuhl neben sich, auf welchem ich langsam Platz nahm.

Er ließ seine Hand los, welche ich nun vorsichtig ergriff und mit meinem Daumen über die kalten Fingerknöchel strich.
,,Hallo Michi. H-hier ist Hannah.", war das einzige, was ich sagen konnte, denn gleich darauf kamen mir wieder die Tränen.
,,Mir tut das alles so unendlich Leid. Ich fühl mich so verantwortlich für all das, was dir und den anderen passiert ist...hätte ich dich nicht so hängen gelassen, würdest du jetzt nicht hier liegen. Ich bereue das alles so sehr. Ich liebe dich von ganzem Herzen.", sprudelte es aus mir hervor.
Die Tränen liefen mir jetzt ungehemmt die Wangen hinunter und vorsichtig nahm Andy mich in die Arme.
,,Lass es raus, Hannah.", sagte er und strich mir sanft über den Rücken.

Ich war froh, dass ich ihn in diesem Moment an meiner Seite hatte und mich an seiner Schulter ausheulen konnte. Wäre ich alleine gewesen, wäre ich in diesem Moment vermutlich zusammen gebrochen.

Als mir die Tränen ausgingen, nahm ich Michis Hand wieder in meine und hob sie an meinen Mund. Vorsicht verteilte ich sanfte Küsse auf der Innenfläche und auf dem Handrücken wobei Andy mir lächelnd zu sah.
,,Ich glaube, wenn er bei Bewusstsein wäre, wäre unser Michi jetzt zu 100 Prozent der glücklichste Mensch auf Erden.", versicherte mir Andy.
,,Wer weiß, vielleicht hat er es ja irgendwie was davon mitbekommen.", sagte ich und sah Michi liebevoll an.

Andy und ich saßen fast den ganzen Tag an seinem Bett und erzählten ihm, was die letzten Tage alles passiert ist, wie es Smudo und Thomas ging und was für einen Zoff sie wegen ihm mit der Schwester hatten. Dann wurde es langsam Zeit zu gehen.

Schwester Ingrid kam in das Zimmer und machte uns freundlich auf das Ende der Besuchszeit aufmerksam.
Zum Abschied nahm Andy noch einmal seine Hand und drückte sie sanft. Mir reichte das aber nicht aus. Ich erhob mich von meinem Stuhl, beugte mich leicht über Michi und drückte ihm einen sanften Kuss auf den Mund.

Die Schwester lächelte mich an. ,,Das scheint ihm gefallen zu haben.", sagte sie und deutete auf den Monitor, der seinen Herzschlag aufzeichnete, welcher nun anscheinend ein wenig schneller ging. Verlegen sah ich zu Michi an dessen Haltung sich natürlich nichts geändert hatte.

Gefolgt von ihr verließen wir das Zimmer und nachdem wir die Spezialkleidung abgelegt hatten erkundigte sich Andy noch, wie schwer es Michi wirklich erwischt hatte. Wir erfuhren neben den Kopf- und Hirnverletzungen noch von einem Schlüsselbeinbruch, gebrochenen Rippen, schweren inneren Verletzungen und, wie ich schon vermutet hatte, einem gebrochenen Bein .

,,Machen Sie sich keine Sorgen. Er ist hier in Guten Händen und das künstliche Koma in das man ihn versetzt hat, gibt seinem Körper die Zeit sich zu erholen. Wir bringen ihn schon wieder auf die Beine.", versicherte sie uns.
,,Aber was ist mit den Kopfverletzungen. Wird er Schäden davon tragen?", fragte Andy.
,,Das wird sich zeigen. Vielleicht hat er ja einen guten Schutzengel und kommt unversehrt davon...das ist auf jeden Fall keine Seltenheit.", antwortete sie zuversichtlich.
,,Danke."
,,Nichts zu danken. Wir sehen uns sicher morgen wieder.", sagte sie öffnete uns die Stationstür und winkte uns zum Abschied hinterher.

Ich brachte Andy noch zurück auf Station und da die Besuchszeit dort noch eine Stunde länger ging als auf der ITS hatten wir noch Zeit den anderen alles zu erzählen.

Smudo und Thomas schienen über das Schicksal ihres Freundes schwer bestürzt und vor allem Smudo ging das ganze ziemlich nah, denn in seinen Augen sammelten sich Tränen, die er versuchte zu vertuschen.

,,Ich hoffe er kommt wieder auf die Beine. Ich ertrage den Gedanken nicht, dass er vielleicht auf ewig ein Pflegefall ist, während wir 3 wieder alle normale durch die Welt spazieren können.", sagte er und die Tränen liefen ihm über die Wangen.
,,Daran darfst du nicht einen Gedanken verschwenden, Smudo!", sagte Thomas.
,,Genau, er schafft das schon. Du weißt doch, wie er ist. Er würde selbst Gott überleben um das letzte Wort zu haben.", pflichtete ihm Andy bei.

,,Ist ja richtig, aber-."
,,Kein aber!", sagte Thomas, der dies in der letzten Zeit selbst oft gehört hatte und da das auch den anderen auffiel, fingen wir alle an ein wenig zu lachen.

Die letzte Stunde auf der Station der 3 verging recht schnell und ehe ich mich versah saß ich auch schon wieder mit Esther zu Hause auf meiner Couch und in den Nachrichten kam gerade die Meldung, dass die Fantas vor wenigen Tagen einen Autounfall hatten und laut Berichten in der Berliner Charité lagen...über Michi sagten sie jedoch nichts.
,,Das war es dann wohl mit der Ruhe dort. Bär wird eine Pressemitteilung raus gegeben haben, da er ja auch die Tour absagen musste.", sagte Esther und atmete tief durch.

NeuanfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt