Elea's POV

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Zayn ist also todesmutig.

Ich hätte nicht gedacht, dass sich einer der Jungs nach oben traut und erst recht nicht Zayn.

Er, der mir bis jetzt nur Wut und Zorn entgegen gebracht hat.

Aber als ich mich umdrehe und ihn da stehen sehe, wird mir klar, dass er doch noch zu mehr fähig ist, als nur Hass, Zorn und Wut.

Er beobachtet mich seelenruhig.

Ich stehe nackt vor ihm und warte ab, was er als Nächstes tut.

Wird er rot und schaut weg?

Nimmt er Reißaus, weil ich ihn ertappt habe?

Kommt er rein?

Schließt er die Tür von außen?

Ich rechne mit dem Letzten, doch er macht nicht mal Anstalten sich zu rühren. Er schaut auch nicht weg. Er schaut mich einfach nur an.

Ganz cool und lässig.

Nach ein paar Minuten des stummen Starrens wird es mir zu bunt und ich trete aus der Kabine und schließe die Tür, um mich abzutrocknen.

Was zur Hölle macht er hier oben in meinem Zimmer?

Will er mich umbringen oder was?

Vielleicht haben die Jungs beschlossen, ihn als meinen Mörder zu schicken und wollen mich doch beseitigen.Obwohl sie wirklich nicht den Eindruck von Mördern gemacht haben.

Wir werden sehen.

In Unterwäsche betrete ich mein Zimmer und hab nicht damit gerechnet, Zayn auf meinem Bett vorzufinden. Er ist wirklich geblieben.

Mit dem Armen hinter dem Kopf verschränkt liegt er auf dem Rücken da und betrachtet die Decke. Wenn es allerdings etwas gibt, was ich nicht leiden kann, dann ist es, wenn jemand unerlaubt auf meinem Bett liegt.

Das war schon immer so.

In all den Jahrhunderten hat sich das nicht geändert.

Das Bett ist mein Heiligtum, weil es mich mit der Vergangenheit und meinen Träumen verbindet.

„Runter von dem Bett.", meine Stimme klingt ziemlich scharf und amüsiert setzt sich Zayn auf, während ich an den Kleiderschrank gehe.

Die Hauptfarbe meiner Sachen beschränkt sich hauptsächlich auf schwarz, weiß und grau und ich ziehe eine Jeans aus dem Fach.

Während ich in die Hose schlüpfe, tritt Zayn lautlos näher.

„Muss ich mir Sorgen machen?", meine Frage lässt ihn neben mich treten, während ich nach oben greife und ein dunkelgraues Top zum Vorschein hole.

Ich hab es schon an, als Zayn seine Finger ausstreckt und mir eine feuchte Strähne hinter das Ohr streicht.

Diese kleine Berührung löst Gefühle in mir aus.

Vor allem Anspannung und Neugierde.

Statt ihn in seine Schranken zu weisen, wende ich mich ihm zu und schaue ihn direkt an.

Aus der Nähe betrachtet sind seine Augen braun - wie flüssiges Karamell - und das macht es leicht, in ihnen zu versinken.

Jede Frau, die diesem Blick widerstehen kann, verdient meinen vollen Respekt, weil es unheimlich schwer ist und selbst mir fällt es nicht gerade leicht.

„Was soll das werden, Zayn!?"

Er lächelt mich an und zieht die Hand zurück, wobei er mit den Schultern zuckt. Dann dreht er sich um und will sich zurück auf's Bett setzen.

Ich weiß, es ist übertrieben, aber blitzschnell mache ich ein paar Schritte vor und bringe mich somit zwischen das Bett und ihm.

„Nicht da drauf."

„Was hast du bloß mit dem Bett?", er runzelt die Stirn und wirft erst einen Blick auf das Bett, ehe er mich wieder ansieht.

Dieses Mal erröte ich leicht - so was passiert mir sonst wahnsinnig selten - und als ich antworte, schwingt in meiner Stimme ein trotziger Ton mit.

„Es ist wichtig."

„Was daran?"

Ich schaue ihn an und bemerke erleichtert, dass er einen Schritt zurück geht. Er setzt sich im Schneidersitz auf den Boden und stützt sich mit beiden Händen nach hinten ab, während er mich beobachtet. Ich lasse mich auf die Bettkante sinken und sehe auf meine Finger.

„Alles."

„Alles?"

„Wird das hier ein Verhör oder was?"

„Wow, komm runter, es geht nur um dein Bett."

„Das Gespräch ist seltsam."

„Du bist seltsam.", aufgrund seines Kommentars muss ich laut lachen und nicke. Er hat Recht und das er das so einfach ausspricht, finde ich sympathisch. Er schert sich nicht darum, ob er mich in meinen Gefühlen verletzt und er spricht aus, was er denkt.

„Wenn ich euch zu seltsam bin, könnt ihr immer noch gehen, Zayn. Ich hindere euch nicht daran.", er grinst mich an und schüttelt den Kopf.

„Zu spät. Wir wollen mehr wissen."

„Mehr wissen? Worüber?", seine Aussage verblüfft mich, weil ich nicht genau weiß, was er damit meint.

Gleich darauf bekomme ich einen Einblick in seine Neugierde.

„Warum hast du den Jungen erschossen?"

„Weil du den Plan für die Beiden ruiniert hast, als du Kyle erschossen hast."

„Welchen Plan?", er war sichtlich verwirrt.

„Kyle wäre in 4 Wochen volljährig geworden, wäre ausgezogen und hätte das Sorgerecht für seinen Bruder beantragt. Sie hätten neu starten können. Du hast ihnen die Chance genommen."

„Du hast das Leben des Kleinen beendet, weil ich den Bruder erschossen habe?! Er hätte trotzdem leben können."

Zayn erhebt sich und fährt sich verwirrt durch das schwarze Haar. Meine Antwort wühlt ihn auf, das kann ich sehen. Er tritt zurück und wendet sich von mir ab.

Es beschäftigt mich auch, weil ich ihm nicht sagen kann, dass es gut so war. Das es letzten Endes besser für Kyle war, dass er jetzt tot ist, weil er so wenigstens die Chance auf ein neues und hoffentlich schöneres Leben hat. Wenn ich es Zayn sagen würde, würde ihm das vielleicht einen Freifahrtschein dafür geben, Leute sinnlos zu ermorden. Ich kenne ihn dafür noch zu wenig, um sicher zu sein, dass er das Wissen nicht missbrauchen würde.

Denn es ist nun mal nicht der Sinn der vielen Leben, es ständig zu wiederholen.

Doch in all den Jahrhunderten habe ich auch gelernt, meinem Bauchgefühl zu vertrauen und das sagt mir gerade, dass ich es Zayn sagen kann - zumindest irgendwann.

Das Gefühl hatte ich selten und ich kann's an einer Hand abzählen.

Jedenfalls nicht auf Anhieb und schon gar nicht bei einem Mörder oder Dieb.

Zögernd stehe ich auf und trete vor ihn, damit er mich ansieht.

Er erwidert meinen Blick und ich muss schlucken, ehe ich fähig bin zu sprechen. Es ist nicht einfach Worte dafür zu finden. Allein den Satz nur zu formulieren, kostet mich Überwindung, da es immerhin schon seit Jahrhunderten mein Geheimnis ist.

„Du erfährst ... es ... noch früh genug."

„Was erfahre ich?"

„Alles.", und damit lasse ich ihn stehen und gehe hinunter in die Küche, um mir was von Niall's gekochtem Eintopf zu nehmen. 

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