Ich hätte es Harry tun lassen sollen, das ist nach seinem Abgang klar. Ich hab ihn noch nie so gebrochen gesehen. Er hätte sie in den Arm nehmen sollen und ich bete, dass die Situation nicht eskaliert.
Doch vielleicht hab ich es unbewusst auch darauf angelegt.
Keine Ahnung.
Die zerbrechliche Gestalt in meinen Armen rührt sich langsam, sie legt eine Hand auf meine Brust. Dorthin, wo sich das Herz befindet. Ist es das Geräusch, dieses Gefühl, das sie am Meisten braucht, um sich zu finden?
Da das Zittern ihres Körpers mehr und mehr nachlässt, versuche ich es erneut und spreche ihren Namen aus. Dieses Mal zuckt sie nicht zusammen, doch sie öffnet auch nicht die Augen. Stattdessen gibt sie etwas in der Sprache meines Vaters von sich.
„Ich bin fast soweit. Ich bin fast da."
Deswegen umarme ich sie fester und gebe ihr noch mehr Sicherheit als ohnehin schon. Über ihre Lippen kommt ein leiser Seufzer, ehe sie sich an mich kuschelt.
„Sag mir, wo du bist.", um sie zu besänftigen benutze ich meine Sprache und warte geduldig, bis sie tatsächlich anfängt zu reden. Doch es dauert eine ganze Weile.
Elea erzählt mir von den Leben, in denen sie steckt und so wie es sich anhört befindet sie sich gerade am Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie berichtet von dem Leben als Krankenschwester im ersten Weltkrieg, von den Gräueltaten, die sie dort gesehen und erlebt hat.
Danach ist sie ein Mitglied der englischen High Society in den 40er Jahren.
Dann kommt ein Abschnitt in Amerika. Sie war offenbar an der Erfindung des Computers beteiligt.
Wow.
Schließlich kommt sie in ihrem jetzigen Leben an und öffnet endlich die Augen. Sie beendet die Geschichte mit den Worten „Ich bin hier" und schaut mich an. Bis ein Satz über ihre Lippen kommt, der mein Herz für den Bruchteil einer Sekunde zum Stillstand bringt.
„Ich lasse dich nicht allein."
Heilige Scheiße.
Sie weiß, dass ich sie genauso brauche wie sie mich.
Sie weiß es, ohne das ich es je laut ausgesprochen habe.
Verflucht.
Ich muss schlucken und erwidere den Blick ihrer grün-blauen Augen schweigend.
So viele Gedanken gehen mir gerade durch den Kopf, dass ich kurz davor bin den Halt zu verlieren und kaum merkt sie das, überrascht sie mich schon wieder.
Komplett wohlgemerkt.
Elea stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst mich.
Ihre Lippen legen sich sanft auf Meine und sie bleiben dort.
Mein Gehirn schaltet sich aus und spätestens jetzt weiß ich tatsächlich nicht mehr, wie ich reagieren soll. Zumal ich verzweifelt merke, dass diese Berührung alles ist, was ich wollte. Erst nach einer ganzen Weile weicht Elea zurück und schaut mich mit einem Ausdruck an, den ich nicht deuten kann. Ich hab den Kuss aus Angst nicht erwidert und sie ebenso nicht und doch haben wir uns geküsst.
Mehr oder weniger.
In meinem Gesicht muss wohl deutlich die Frage geschrieben stehen, wie es jetzt weiter geht, denn Harrys Freundin hebt die Hand und streicht mir leicht über die Wange.
„Wir haben beide unsere Partner gefunden und das ist alles, was zählt."
Meine Stimme versagt und deswegen kann ich nur nicken.
Sie löst sich aus meiner Umarmung, dreht sich um und verlässt das Badezimmer. Ich stehe wie erstarrt da und bin erst nach ein paar Minuten in der Lage ihr zu folgen.
Was zur Hölle ist da gerade passiert?
DU LIEST GERADE
Begegnungen
FanfictionSämtliche Epochen der Zeitgeschichte liegen hinter Elea und sie hat es satt. Doch gegen die Wiedergeburt ihrer Seele und das Wissen darum ist sie machtlos. Das Einzige, das sie tun kann ist weiterleben ... immer auf der Suche nach dem Gegenpart für...