Niall's POV

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In der Küche muss ich erst einmal wieder ein paar Sachen aus den Kisten räumen, die Zayn zuvor schon gepackt hat. Viel ist sowieso nicht mehr zur Verfügung, doch es reicht für alle, um ein einigermaßen anständiges Frühstück zu zaubern.

Rührei mit Speck, Cornflakes mit Milch und natürlich Kaffee.

Wir sitzen alle um die große Kücheninsel herum und das Frühstück verläuft größtenteils schweigend. Jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach und ich könnte eine Wette ablegen, dass die nicht besonders rosig sind.

Elea wurde angeschossen und war für vier volle Tage bewusstlos.

Während dieser Zeit haben wir die Stunden hauptsächlich mit Bangen und Hoffen zugleich verbracht und haben nebenbei gepackt.

Ich habe Mr. Fitch angerufen und ihm gesagt, was los ist und sogar der ältere Mann klang besorgt. Um ein Mädchen, das er kaum kennt und vermutlich noch nie gesehen hat.

In der Sekunde ist mir zum ersten Mal richtig klar geworden, was für eine Anziehungskraft Elea eigentlich wirklich besitzt.

Harry ist ihr mit Haut und Haaren verfallen, sie bedeutet mir verdammt viel und den Anderen geht es genauso. Sogar Perrie und Eleanor haben sie ins Herz geschlossen und dabei kennen sich die Drei am wenigsten.

Liam und Louis besprechen gerade die Pläne für Dalkey als Harry die Küche betritt und zu Perrie hinüber geht.

Sein Gesichtsausdruck ist finster und traurig zugleich und damit wir nicht hören, was er zu sagen hat, flüstert er Zayns Freundin lediglich ins Ohr.

Was geht hier vor?

Mir schwant nichts Gutes, doch bevor ich fragen kann, werde ich von einem Schatten vor dem Fenster abgelenkt.

Liam hat ihn auch gesehen, denn in der gleichen Sekunde schreien wir praktisch gleichzeitig los. Er das Wort „Deckung" und ich „Runter".

Dass wir alle Erfahrungen mit Flucht, Diebstählen und Raub haben merkt man daran, dass wir alle sofort reagieren. Wirklich sofort.

Louis zieht Eleanor nach unten und hinter den Tresen, Harry und Perrie ducken sich und Liam und ich ja sowieso.

Gerade noch rechtzeitig, denn das Glas der Küchenfenster zersplittert mit einem Knall und Kugeln zischen uns um die Ohren. Jemand schießt auf uns und ich könnte die Wette ablegen, dass es sich dabei um die Jungs handelt, vor denen Elea uns in Sicherheit haben will.

Wer zur Hölle fängt eine Schießerei mitten am Tag und in der Kleinstadt an?

Wie verrückt muss man sein?

Dabei wird mir klar, dass die Schützen vermutlich nichts mehr zu verlieren haben und es deswegen tun. Sonst hätten sie die Aktion nicht eiskalt durchgezogen. Nichts ist dabei gefährlicher als Attentäter, denen alles egal ist und die bereits mit dem Gefängnis oder dem eigenen Tod rechnen.

Scheiße, die Situation ist mehr als brenzlig.

Harry und Perrie befinden sich auf der falschen Seite des Tresens und haben kaum Deckung - wenn einer der Schützen jetzt durch die Hintertür die Küche betritt, sind die Beiden demjenigen voll ausgeliefert.

Der Kugelhagel lässt dabei keine Sekunde nach. Glassplitter der Fenster und der Schränke prasseln auf uns nieder wie Regentropfen, ich hab die Hand über dem Kopf um meine Augen überhaupt öffnen zu können.

Mit der anderen Hand taste ich nach hinten und erwische Eleanor am Arm. Ich packe zu und ziehe sie an mich ran.

„Macht, dass ihr rauskommt. Harry, schaff Perrie da weg!", Liam schreit es uns über den Lärm hinweg zu und hastet geduckt voran ins Wohnzimmer. Er nutzt die Chance, doch der Schütze muss es gesehen haben, denn Liam schafft es nur knapp. Die Kugel verfehlt ihn um Haaresbreite.

Verflucht.

Louis will um die Ecke schauen, um zu sehen, wo sich die Schützen befinden, doch sofort wird auf ihn gefeuert.

Er dreht sich zu mir um.

„Ich sehe vier. Perrie befindet sich aus dem Sichtfeld. Sie ist mit Harry am Schrank. Wir müssen sie ablenken."

„Die Waffen sind in der Tasche im Wohnzimmer."

In dem Moment erklingen Schüsse aus dem Nachbarraum, gleich darauf erscheint Liam wieder am Türrahmen und wirft uns unsere Pistolen rüber. Dabei verzieht er vor Schmerzen das Gesicht.

„Wo?"

„Bein. Offenbar sind's schlechte Schützen.", seine Mundwinkel verziehen sich zu einem finsteren Grinsen.

Ich lasse eine Waffe hinüber zu Harry schlittern, der sie mit einem Nicken auffängt. Doch bevor er dazu kommen kann, sie zu benutzen, wird die Küchentür eingetreten und die Attentäter stürmen hinein.

Im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Hölle bricht über uns herein und wir sind alles andere als gewappnet dafür.

Liam schießt sofort, Louis und ich kommen halb aus der Deckung heraus und fangen ebenfalls an die Magazine unserer Waffen zu leeren und Harry schießt, während er sich gleichzeitig schützend vor Perrie wirft.

Die Schreie der Mädchen dringen zu mir durch, doch es klingt wie aus weiter Ferne.

Wenn unsere Trommelfelle nicht platzen wäre das echt ein Wunder.

Aber ein weiteres Wunder erscheint von einer ganz anderen Seite.

Elea hat sich vom Esszimmer her in die Küche begeben und keiner der vier Männer rechnet mit ihr.

Nicht einmal wir tun das.

Das Feuer stellt sich ein und vorsichtig kommen wir aus der Deckung.

Was wir sehen lässt uns innehalten und förmlich erstarren.

Ist das wirklich die Elea, die wir alle kennen? Die Elea, die im Krankenhaus in meinen Armen zusammengebrochen ist und die manchmal so zerbrechlich wie ein Schmetterling erscheint?

Falls ja, zeigt sie uns gerade eine Seite von sich, die ich nie wieder sehen will.

Wirklich nie wieder.

Denn jetzt erleben wir alle jene Elea, die seit Jahrhunderten auf dieser Erde lebt und offenbar mehr Dreck am Stecken hat als Jack the Ripper persönlich.

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