Elea's POV

15 3 0
                                    

Während die Clique oben einen Film zum Abschied und zur Ablenkung guckt, bin im Keller mehr als nur beschäftigt.

Die Daten auf externen Festplatten sichern, die Festplatten der Computer löschen und alles für den Neuanfang in einer anderen Stadt einleiten.

Ich rufe die Werkstatt an, in der meine Autos stehen und gebe die Anweisung, meine wenigen Schmuckstücke zu verladen und in meine andere Garage in London zu bringen. Dort, wo sich die anderen Klassiker von mir befinden.

In Dublin würde es mehr als auffallen, wenn dort Autos wie ein Pontiac oder ein Mustang rumfahren würden. Es bricht mir fast das Herz, meine geliebten Babys in die Garage zu bringen, aber ich weiß, dass sie dort sicher sind.

Nur von meinem Gran Torino kann ich mich nicht trennen.

Der muss mit!

Danach rufe ich den Verwalter meines Hauses in Dalkey an und bereite ihn darauf vor, dass wir in wenigen Tagen dort auftauchen werden. Er stellt keine Fragen nach dem Warum, doch die Verwunderung ist ihm deutlich anzuhören. Mr. Fitch hat nicht damit gerechnet, mich in diesem Jahr zu sehen. Oder generell in den nächsten Jahren.

Ich hab' es ehrlich gesagt ja auch nicht geglaubt.

Aber so spielt nun mal das Leben.

Während ich am Telefon mit ihm die genauen Einzelheiten bespreche, lässt mich das Geräusch der sich öffnenden Kellertür herumfahren. Lediglich Niall weiß den Code zur Tür und er ist es auch, der jetzt die Treppen runterkommt.

Allerdings mit Liam im Schlepptau.

Begeistert bin ich nicht gerade darüber, doch da wir uns sowieso nur noch ein paar Stunden hier aufhalten werden, ist das auch egal.

Liams Blick offenbart Überraschung.

Immerhin ist der Keller zu einem Hightech Labor ausgebaut und ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass er so einen Raum noch nie gesehen hat.

Höchstens vielleicht in einem Film.

Dabei habe ich sogar schon angefangen, die ganzen Reagenzgläser, Mikroskope und alles andere Notwendige zu verpacken. Ganz zu schweigen von den Wandkarten und Akten, in denen die zusammenpassenden Personen vermerkt sind.

Das war gleich das Erste, das ich verpackt habe.

Allzu viel wird es sowieso nicht werden, denn im Torino gibt es nicht viel Platz. Nur das Wichtigste kommt mit und im Laufe der vielen Leben habe ich gelernt, schnell und wenig zu packen oder mir gar anzuschaffen.

‚Weniger ist mehr' ist mein Motto und ich bin Minimalistin. Außer wenn es um Autos und Häuser geht. Das gebe ich gerne zu.

Während ich den beiden Jungs ein Zeichen des Schweigens zeige, damit ich mit Mr Fitch reden kann, sehen sich Niall und Liam genauer um.

Vor ein paar Jahren wäre ich deswegen noch ausgerastet und hätte sie rausgeschmissen, doch das ist meine Familie, von der wir hier reden.

Ich werde den Rest meines Lebens mit den Jungs und ihren Freundinnen verbringen und ich werde nichts mehr vor ihnen verheimlichen. Speziell nicht vor Liam und Niall. Niall trägt die Seele meines Bruders in sich und Liam die Seele von einem meiner engsten Freunde.

Mr Fitch hat noch einige Fragen zu der Organisation des Umzugs selbst und um nicht abgelenkt zu werden, wende ich Liam und Niall den Rücken zu und widme mich dem Computerbildschirm.

„Die Fähre geht am Morgen, wir werden also am späten Nachmittag in Dalkey ankommen ... Der Transport ist kein Problem ... Der Liefertermin für die neuen Computer ist einen Tag früher und es reicht, wenn Sie die Pakete in den Keller bringen. Ich installiere sie selber, danke ... Was ist mit den Sicherheitskameras? .... Ausgezeichnet - und die Nachbarn? .... sehr gut ... Die E-Mail mit den Fotos und Namen meiner Begleiter und meiner Familie ist bereits abgeschickt. Unter Umständen kann es sein, dass sie früher eintreffen als ich ... Vielen Dank - und Mr. Fitch: Ich danke Ihnen für Ihren jahrelangen treuen Dienst und Ihre Zuverlässigkeit. Der Check ist bereits auf Ihr Konto eingegangen und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.", mit einem Lächeln auf den Lippen beende ich das Gespräch und wende mich den Jungs zu.

Das lief doch mal zu meiner Zufriedenheit.

„Warum solltest du später eintreffen?", Liam schaut mich fragend an und ich erwäge ganz kurz, ob ich ihm sagen soll, was ich vorhabe oder nicht. Doch der Blick seiner braunen Augen lässt mich wissen, dass es noch nicht soweit ist.

Ich muss den anderen Weg gehen.

So viel zum Thema verheimlichen.

Auf der anderen Seite werde ich es bald erzählen - nur eben nicht jetzt.

„Ich muss den Makler anrufen, die Transportfirma und und und. Wolverhampton liegt genau in der Mitte und dort ist auch das Bed und Breakfast, von dem ich euch erzählt habe. Es ist ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Holyhead und klein genug, um unauffällig zu bleiben."

„Wir fahren also echt nach Irland?", Niall kann seine Aufregung kaum verbergen und das bringt mich zum Lächeln. Seine Seele mag zwar mein Bruder sein, doch in diesem Leben wurde er in Irland geboren. Das ist seine Heimat und selbst seine Seele mochte die Insel schon immer.

Auch dazu habe ich Studien betrieben und meistens sind die Seelen mit einem ganz gewissen Ort verwurzelt und werden dort wieder geboren.

Es kommt nur alle paar Lebenszyklen vor, dass diese Spanne mal unterbrochen wird, doch meistens landen sie dann doch wieder in dem jeweiligen Land.

Ich nenne es das „Seelenland."

Der Gedanke daran bringt mich unweigerlich zum Schmunzeln und ich nicke Niall zu.

„Yes!", er kann es sich nicht verkneifen. „Das muss ich den Anderen erzählen."

Wenigstens Einer ist über den Umzug erfreut.

Während Niall den Keller verlässt, um allen das Ziel zu verraten, schaue ich mich lange in dem Raum um.

Warum überkommt mich gerade ein Gefühl von Wehmut?

Es ist doch nur ein Haus.

Ich hatte noch nie großartig Probleme damit, umzuziehen und Orte hinter mir zu lassen. Einfach aufgrund dessen, weil ich genau wusste, dass ich sowieso jederzeit dorthin zurück kommen könnte. Das ist der Vorteil bei der Endlosschleife.

Aber heute ist es anders.

Das hier ist mein letztes Leben. Ich habe meinen Seelenpartner gefunden und danach ist die Reise für uns Beide zu Ende. Harry und ich werden zusammen alt und sterben und machen dann den nächsten, finalen Schritt.

Dieses Haus werde ich also nie wiedersehen.

Ich werde gar nichts mehr wiedersehen.

Der Gedanke an diese Endgültigkeit raubt mir gerade jegliche Luft zum Atmen und mein Herz wird unsagbar schwer. Es ist Liam, der es mitkriegt und er ist blöderweise sehr clever, was Emotionen anbelangt. Er weiß sofort, was los ist.

Ohne etwas zu sagen, breitet er seine Arme aus und ich flüchte mich in seine Umarmung.

Gott sei Dank sieht Harry mich jetzt nicht, sonst würde er sofort ins Zweifeln kommen, was meine Gefühle für ihn angeht. Er würde die falschen Schlüsse ziehen.

Liam dagegen weiß, was wirklich mit mir los ist und das es nichts mit Harry zu tun hat, sondern mit mir selbst.

„Es wird alles gut."

An seiner Schulter nicke ich und meine Stimme ist nur ein Flüstern, als ich es schaffe, das Gefühl in Worte zu fassen.

„Ich hab' Angst, Liam."

Er streicht mir über das Haar, während sich meine Finger in sein T-Shirt krallen. Ich habe gerade das Gefühl komplett den Halt zu verlieren und Liam ist der Einzige, der mich in diesem Moment davon abhält.

„Ich lass dich nicht allein. Wir sind alle für dich da, okay?"

Ein Nicken ist alles, was ich zustande bringe. 

BegegnungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt