Josh parkt das Auto vor Lukes Haus und stellt den Motor ab. Die gesamte Fahrt über habe ich kein Wort geredet, ich war zu tief in Gedanken versetzt und habe versucht zu kapieren was in dieser Gasse gerade passiert ist. Ich steige aus dem Auto aus und gehe geradewegs zur Haustür die, so wie Luke gesagt hat, nicht abgeschlossen ist. Josh folgt mir still und setzt sich etwas entfernt von mir auf die Couch in Lukes Wohnzimmer.
"Äh... geht es dir gut?" Er durchbricht die Stille die sich um uns gelegt hat und sieht mich mit einem besorgten Blick an. Ich nicke und drehe mich dann so, dass ich ihn ansehe.
"Ich denke schon. Ich bin nur... ich weiß nicht, geschockt? Überfordert? Alles irgendwie." Erkläre ich, worauf er verständlich nickt.
"Das war wohl die erste Leiche die du gesehen hast mhm?" Fragt er.
"Äh ja. Und darauf hätte ich eigentlich ganz gut verzichten können." Gebe ich zu und versuche das Bild aus meinem Gedächtnis zu verdrängen.
"Ja ich auch und dann ist das alles auch noch meine Schuld." Seufzt er.
"Was meinst du?" Verwirrt sehe ich ihn an.
"Ich weiß wirklich nicht wie viel Luke dir erzählt, ich denke mal nicht viel, aber wahrscheinlich weißt du dass ich derjenige bin der dieses arme Mädchen umgebracht haben soll." Erklärt er und ich beginne zu verstehen.
"Oh stimmt, ich wusste dein Name kam mir bekannt vor."
"Ich hab sie nicht umgebracht, das könnte ich niemals. Aber keiner scheint mir zu glauben." Er schließt die Augen und atmet tief durch, wahrscheinlich um sich zu beruhigen. Er tut mir wirklich leid. Er wirkt noch so jung, wahrscheinlich jünger als ich und das alles macht ihm wohl ziemlich zu schaffen.
"Ich glaub dir und das tun die anderen auch, vertrau mir. Sie regeln das alles schon." Ich spreche ihm gut zu, obwohl ich nicht einmal weiß ob es wirklich so ist, aber ich weiß dass er das gerade hören muss.
"Danke." Sagt er und lächelt mich etwas an, bevor er wieder ernst wird. Für eine Zeit herrscht Stille im Raum, die ich dann durchbreche um ihn ein paar Fragen zu stellen um die Situation etwas aufzumuntern.
"Wie alt bist du eigentlich?" Stelle ich meine erste Frage.
"Bin vor zwei Monaten sechzehn geworden." Gibt er zurück und überrascht mich damit ziemlich.
"Oh, ich dachte du bist älter."
"Ja ich weiß, ich bin noch ziemlich jung. Das ist wohl der Grund warum sie gerade mir den Mord in die Schuhe schieben wollen." Seufzt er.
"Ja das meinte Luke auch."
"Du und Luke ihr seid zusammen oder nicht?" Fragt er und wechselt somit das Thema.
"Ja sind wir." Bestätige ich und lächle etwas.
"Er redet des Öfteren von dir, er mag dich echt gerne. Manchmal meckern die anderen ihn an er soll endlich die Klappe halten. Wahrscheinlich sind sie einfach nur eifersüchtig weil sie Single sind." Er lacht etwas, worauf ich einstimme.
Mittlerweile sind gute zwei Stunden vergangen, vielleicht auch drei. Ich habe keine Ahnung. Josh und ich haben noch für eine Zeit geredet, bis wir beschlossen haben den Fernseher anzuschalten um uns etwas abzulenken von dem was heute passiert ist. Josh ist bei der Hälfte irgendeines Films eingeschlafen, ich hingegen bin hell wach. Ich weiß nicht ob es an der Zeitverschiebung liegt oder daran dass ich aufgrund der Dinge die passiert sind nicht müde bin. Ein leises Schnarchen dringt aus dem Mund des schlafenden Jungens neben mir und ich lächle etwas als ich zu ihm runter sehe. Die Position in der er schläft kann gar nicht gemütlich sein und trotzdem schläft er wie ein Stein. Schlafend sieht er noch mal jünger aus als er eigentlich ist. Jetzt nachdem ich eine Weile mit ihm geredet habe weiß ich das Luke recht hatte als er meinte Josh könnte keiner Fliege etwas zu Leide tun. Dieser Junge der neben mir schläft ist viel zu nett, hilfsbereit und offenherzig um irgendjemanden umzubringen. Versunken in Gedanken merke ich gar nicht wie die Haustür auf geht und jemand das Haus betritt. Erst als die Tür wieder ins Schloss fällt schrecke ich hoch und auch Josh scheint davon wach geworden zu sein. Ich werfe einen Blick zum Türrahmen und erkenne nur die Umrisse einer Person. Erst als er näher tritt kann ich durch das Licht des Fernsehers sehen dass es Luke ist. Meine Augen sehen seinen Körper auf und ab und erst auf den zweiten Blick realisiere ich dass die Spritzer auf seinem Oberteil und Gesicht Blut sind. Ich springe von der Couch auf und will zu ihm, doch er sieht mich mit einem Blick an, der mir bedeutet dass ich dort bleiben soll wo ich bin.
"Ich hab dir gesagt du sollst auf sie aufpassen und dann schläfst du einfach." Er blickt zu Josh der etwas eingeschüchtert aussieht und nicht so recht weiß was er sagen soll.
"Er war müde na und." Mische ich mich ein, da ich nicht will das Luke böse auf ihn ist. "Ich bin doch noch hier und das unversehrt, also denke ich hat er nichts falsch gemacht."
Josh wirft mir einen kurzen dankenden Blick zu und steht dann von der Couch auf. Luke sieht ihn nun nicht mehr allzu böse an und hält ihn auf, als er gerade das Zimmer verlassen will.
"Geh zu den anderen, sie sind bei Drew." Sagt er. "Und danke dass du sie hier hergebracht hast." Fügt er noch hinzu, worauf Josh nur nickt.
"Bye Allison, vielleicht sieht man sich ja wieder." Er lächelt leicht und auch ich zwinge mir ein Lächeln auf, auch wenn mir gerade nicht zum Lächeln zumute ist.
"Machs gut Josh und danke." Gebe ich noch zurück und sehe zu wie er aus dem Raum verschwindet und dann die Haustür hinter sich schließt. Mein Blick fällt wieder auf Luke und sofort gehe ich auf ihn zu lege mein Hand an seine Wange, während ich die andere leicht an seiner Brust ablege.
"Geht es dir gut?" Frage ich besorgt und suche an seinem Körper nach irgendwelchen Verletzungen.
"Nicht. Ich bin voller Blut." Meint er nur und will sich aus meiner Berührung befreien indem er einen Schritt zurück geht, doch ich gehe einen nach vorne und lege nun meine zweite Hand ebenfalls an seine Wange.
"Mir ist egal ob du voller Blut bist oder nicht. Sag mir ob es dir gut geht!" Sage ich fordernd und sehe ihm dabei die ganze Zeit in die Augen.
"Mir geht es gut, ich bin nicht schlimm verletzt." Meint er nur.
"Also bist du verletzt?" Erneut suche ich an seinem Körper nach Verletzungen, doch da hat er sich auch schon aus meinem Griff befreit und dreht mir den Rücken zu, als er in die Küche läuft und sich an der Küchenzeile abstützt.
"Was ist los? Du bist total komisch seit du hier rein gekommen bist." Ich folge ihm und warte darauf dass er mir endlich eine Erklärung gibt.
"Allison bitte." Seufzt er genervt und wirft mir den gleichen bösen Blick zu, wie schon zuvor im Wohnzimmer.
"Bist du wütend auf mich?" Ich werfe frustriert die Arme in die Luft und weiß nicht was ich machen soll um ihn zu beruhigen.
"Ja ich bin wütend auf dich Allison, da du unbedingt mit mir mitkommen musstest, aber ich bin noch viel wütender auf mich selbst und zwar dass ich es überhaupt zugelassen habe das du mit kommst, obwohl ich genau wusste dass es nicht gut endet." Seine laute Stimme hallt durch das leere Haus und ich zucke überrascht zusammen.
"Luke i-ich-"
"Nein Allison lass es." Unterbricht er mich und ich verstumme. Er sieht so wütend aus und ich will ihn nicht noch mehr Gründe geben um wütend zu sein, also schließe ich meinen Mund wieder und sage nichts mehr. "Ich denke es ist besser wenn du gehst." Sagt er und trifft mich damit vollkommen unvorbereitet. Ich sehe ihn mit großen Augen an und frage mich ob ich mich gerade verhört habe, doch er sieht mich nur mit kaltem Blick an und wartet darauf dass ich mich bewege.
"W-Was?" Frage ich überrumpelt und bewege mich nicht vom Fleck.
"Allison geh einfach!" Schreit er und lässt mich zusammenzucken.
"Na schön, wie du willst." Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen wie sehr mich seine Worte verletzen und so drehe ich mich einfach um und gehe aus dem Raum, bevor ich die Haustür öffne und in die kalte Nacht trete.
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POSSESSED - Completed -
General Fiction- Completed - Teil 1 der "POSSESSED" Reihe ~ Ich werde dir nicht die Gründe sagen, weshalb du mich lieben sollst, du hast keine Grüne. Der Grund zum Lieben ist die Liebe selbst ~ Allison Collins findet an ihrer neuen Schule schnell Freunde, doch au...