ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ 111. Nervenzerreißend

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LUKE

Ich hauche den Rauch aus den ich in meine Lungen eingeatmet habe, während die fast leere Schachtel neben mir am Boden liegt. Hier draußen weht ein kalter Wind der mir die Haare ins Gesicht bläst, aber das ist mir egal. Ich konzentriere mich nur auf meine Atmung und versuche den Kopf klar zu halten. Das vorhin mit Allison hat mir gerade noch gefehlt. Ich hab sie verängstig, ich wusste ich würde es eines Tages tun aber trotzdem schmerzt es. Die Angst war ihr nur so ins Gesicht geschrieben als sie mit zitternden Beinen und verheulten Augen die Treppe nach oben gegangen ist. Ich weiß nicht was ich gedacht habe als ich sie versucht habe aufzuhalten, wahrscheinlich wollte ich ihr einfach nur erklären was in mir vor geht doch mein Verstand war anscheinend vernebelter als wie gedacht. Kein Wunder wenn man bedenkt wie viel Alkohol durch meinen Körper gerauscht ist. Ich wollte mit ihr reden, stattdessen halte ich sie gegen ihren Willen fest und verängstige sie. Ich hab keine Ahnung wie ich das wieder hinbiegen soll. Ich kann sie von hier unten hören, wie sie in meinem Zimmer immer wieder hin und her geht. Ihr Schluchzen habe ich anfangs auch gehört, aber mittlerweile sind ihre Tränen wohl getrocknet. Am liebsten würde ich nach oben zu ihr gehen, nur hat sie klar gemacht, dass ich sie in Ruhe lassen soll. Also bleibe ich einfach hier sitzen und rauche wahrscheinlich weiterhin Zigarette um Zigarette und versuche einen Weg zu finden das alles irgendwie wieder hinzubiegen.

ALLSION

Ich hab kaum ein Auge zu gemacht letzte Nacht, aber dennoch habe ich irgendwie ein paar Stunden Schlaf bekommen. Als ich am nächsten Morgen aufwache ist es gerade mal halb sieben. Trotzdem stehe ich auf und binde meine Haare in einem Dutt zusammen um nicht allzu schlimm auszusehen. Ich nehme mein Handy von seinem Schreibtisch und stecke es in meine Hosentasche, bevor ich die Treppe nach unten gehe und innerlich hoffe dass ich nicht auf ihn treffe. Aber was habe ich mir nur gedacht? Natürlich steht er schon im Türrahmen des Wohnzimmers, als ich noch nicht mal die letzte Stufe genommen habe. Er sieht vollkommen fertig aus. Wahrscheinlich hat er noch weniger als ich geschlafen und der viele Alkohol den er getrunken hat macht sein Erscheinungsbild auch nicht gerade besser.

"Ich geh jetzt." Ist das einzige dass ich sage, nachdem wir uns eine kurze Zeit nur schweigend angesehen haben.

"Allison geh nicht. Wir können reden und-"

"Nein. Luke bitte ich will einfach nur nach Hause also hör auf damit." Ich unterbreche ihn, als ich merke worauf her hinaus will. Aber ich werde nicht zulassen dass er mich irgendwie mit Worten dazu überzeugen wird hier zu bleiben.

"Na schön." Niedergeschlagen gibt er nach, allerdings schneller als ich gedacht habe. Erleichtert atme ich aus und schlüpfe in meine Schuhe, doch da hält er mich erneut auf.

"Warte." Sagt er und ich halte in meiner Bewegung inne.

"Was?" Gebe ich scharf zurück und sehe ihn nur flüchtig an.

"Lass mich dich wenigstens fahren." Meint er und lässt mich nachdenken. Ich hab mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht wie ich eigentlich nach Hause komme und sein Angebot wäre ziemlich nützlich. Also nicke ich nur und schnappe mir meinen Koffer mit dem ich aus der Haustür zu seinem Auto gehe. Er folgt mir und sperrt das Auto auf in das ich meinen Koffer lege und dann am Beifahrersitz Platz nehme. Zum Glück ist es kein weiter weg bis zu mir und so verbringe ich eben nur ein paar Minuten in unangenehmer Stille.

Luke hält am Straßenrand vor meinem Haus und zu meiner Erleichterung stelle ich fest dass meine Eltern nicht Zuhause sind.

"Und du willst wirklich nicht reden?" Fragt er erneut, als ich gerade die Tür zum Aussteigen aufmache.

"Ich wüsste nicht wirklich was es zu reden gibt." Sage ich nur und steige aus. Auch er steigt aus und holt meinen Koffer von der Rückbank.

"Rufst du mich an wenn du reden willst?" Fragt er weiter nach.

"Ich weiß es nicht Luke, ich brauche Zeit zum Nachdenken." Seufze ich und nehme meinen Koffer am Griff, bereit endlich zu gehen.

"Ich versteh schon." Meint er nur leise und öffnet die Autotür um einzusteigen. Ich hingegen gehe auf mein Haus zu und bin froh endlich Ruhe zu haben um meine Gedanken irgendwie zu sortieren.

Nach einer ausgiebig langen Dusche und ein paar weiteren Tränen die ich vergossen habe ziehe ich mir frische Klamotten an und setze mich vor den Spiegel in meinem Zimmer. Unter meinen Augen haben sich dicke Augenringe gebildet, auf die ich eine ganze Menge Concealer pinsle, bis sie nicht mehr allzu sichtbar sind. Ich trage etwas Blush auf meine Wangen um meinem bleichem Gesicht etwas Farbe zu verpassen und tusche meine Wimpern bis meine Augen den Anschein machen als wie wäre ich wach und nicht vollkommen am Ende. Das alles würde ich nicht tun, wenn ich nicht dringend ein paar Dinge besorgen müsste. Also schnappe ich mir meinen Geldbeutel und Autoschlüssel und schlucke noch eine Schmerztablette gegen die unerträglichen Kopfschmerzen, bevor ich mich auf den Weg in die Stadt mache.

Ein paar Minuten später parke ich also mein Auto auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrum und mache mich auf den Weg nach Drinnen.

Als ich denke alles besorgt zu haben was ich auf meiner Liste stehen hatte seufze ich erleichtert und nehme meine Einkäufe von der Kasse. Anschließend verstaue ich sie in einer Tüte und reiche der Frau an der Kasse einen Schein, worauf sie mir mein Rückgeld gibt und ich mich daraufhin verabschiede. Dieser Einkauf hat nur noch mehr an meinen Nerven gezerrt. All die hektischen Menschen die nach dem neuen Jahr durch das Einkaufszentrum hetzen rauben mir wirklich meinen letzten Nerv. Als ich an einem Coffee Shop vorbei komme entscheide ich mich hinein zu gehen um mich vielleicht mit etwas Koffein zu beruhigen. Im Gegensatz zum Rest des Einkaufszentrums sind hier drinnen nicht gerade viele Menschen, was eine wirklich schöne Abwechslung ist. Ich gebe meine Bestellung ab und erhalte nur kurze Zeit später meinen Kaffee mit dem ich mich an einen Tisch setze. Ich lasse ihn noch etwas abkühlen und beschließe in der Zwischenzeit Annie zu schreiben, um ihr zu sagen dass ich wieder Zuhause bin.

"Allison. Hey!" Ich richte meinen Blick nach oben als ich meinen Namen höre und sehe nur kurze Zeit später in das Gesicht von Josh.

"Oh, hey." Gebe ich überrascht zurück. "Was tust du hier?" Frage ich um keine unangenehme Stille entstehen zu lassen.

"Ich wohn gleich um die Ecke und hol mir nur meine tägliche Dosis Koffein." Er lächelt etwas, wobei er gleich viel jünger aussieht und mir wieder in den Sinn kommt, dass er gerade mal sechzehn ist.

"Einen Kaffee konnte ich gerade auch ganz gut gebrauchen." Sage ich und hebe meinen extra großen Kaffee mit viel Zucker in die Luft.

"Ich versteh schon, nach gestern Nacht wirst du wohl nicht viel Schlaf bekommen haben. Ich auch nicht." Er nickt traurig als er an die Ereignisse der letzten Nacht denkt.

"Ja kann man so sagen." Ich versuche das Bild der blutigen Leiche aus meinem Gedächtnis zu verbannen, was sich als nicht gerade einfach erweist.

"Du hast bestimmt viele Fragen. Das muss ziemlich verwirrend für dich sein nicht wahr?" Fragt er verständnisvoll.

"Das kannst du laut sagen. Luke erzählt mir kaum etwas und das macht mich wahnsinnig." Ich seufze als ich an Luke und somit an unseren Streit denke.

"Willst du vielleicht mit zu mir kommen? Wie gesagt ich wohn nicht weit von hier weg und ich könnte dir vielleicht ein paar Fragen beantworten." Er zuckt mit den Schultern und sieht mich etwas unsicher an. Sein Angebot ist ziemlich verlockend, ich würde nur allzu gerne ein paar dieser Fragezeichen aus meinem Kopf bekommen.

"Ja klar warum nicht." Sage ich und stehe von meinem Stuhl auf. Ich hänge mir meine Tasche um und nehme meine Tüte in die eine und meinen Kaffee in die andere Hand.

"Okay cool, dann lass uns gehen." Josh lächelt leicht und hält mir die Tür auf, bevor wir gemeinsam das Einkaufszentrum verlassen und zu seiner Wohnung laufen.

POSSESSED - Completed -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt