Da Luke und ich heute nicht in die Schule gehen, werde ich am nächsten Morgen auch nicht von einem Wecker geweckt sondern von Luke. Allerdings wäre mir lieber gewesen von dem nervigen Geräusch eines Weckers geweckt zu werden als von einem leisen unterdrückten Weinen von ihm. Innerhalb weniger Sekunden schlage ich meine Augen auf und setzte mich aufrecht im Bett hin. Nach ein paar Mal blinzeln sehe ich ihn neben mir sitzen, wie er mit roten Augen einfach gerade aus sieht.
"Hey." Sage ich vorsichtig und lege eine Hand an seinen Arm.
"Hey." Gibt er kaum hörbar zurück, und sieht mich dabei nicht an.
"Bist du schon lange wach?" Frage ich dann.
"Nein." Meint er und schüttelt den Kopf. "Konnte nur nicht mehr schlafen." Ich nicke etwas und rutsche dann noch näher an ihn ran. Mein Arm legt sich über ihn und meinen Kopf habe ich auf seine Schulter gelegt.
"Wieso weinst du denn? Alles ist gut, ich bin hier." Versuche ich ihn aufzumuntern, wobei ich mir komplett dumm vorkomme. Natürlich ist nicht alles gut!
"Ich hab nur über alles nachgedacht was gestern passiert ist." Sagt er und an der Art wie er redet, kann ich sagen, dass er sich langsam wieder beruhigt.
"Hast du Hunger?" Frage ich, da mir eingefallen ist dass er seit gestern Mittag kaum etwas gegessen hat.
"Ein bisschen vielleicht, keine Ahnung." Seufzt er und rappelt sich dann vom Bett auf. Ich sehe ihn an, wie er da steht und einmal tief durch atmet, wobei er sich mit dem Handrücken über die Augen fährt.
"Tut mir Leid dass ich schon wieder heule. Gott ich weiß selbst nicht warum ich mich nicht einfach mal zusammenreißen kann-"
"Sag das nicht." Unterbreche ich ihn und stehe ebenfalls von Bett auf, sodass ich jetzt vor ihm steht. "Gestern war der Todestag deiner Eltern und das gibt dir das volle Recht dazu um sie zu trauern. Also entschuldige dich nicht für Dinge für die du dich gar nicht entschuldigen musst."
"Okay." Sagt er nur und nickt dabei leicht.
"Na komm, heute mach ich dir mal Frühstück."
"Wie geht es dir?" Frage ich ihn, als wir gemeinsam mit einer Tasse Tee auf der Couch sitzen.
"Könnte mir besser gehen aber das geht schon." Meint er beschwichtigend.
"Willst...äh willst du darüber reden?" Frage ich unsicher nach und sehe dabei den Tee in meiner Tasse an, der vor sich hin dampft.
"Ich weiß nicht." Sagt er leise. Überrascht hebe ich den Kopf und sehe ihn an, wie er überlegend mit dem Finger an die Tasse tippt. Ich hatte damit gerechnet dass er mich wieder abweist und sagt ich soll nicht zu viele Fragen stellen. "Ich hab noch nie wirklich mit jemanden darüber geredet, ich weiß gar nicht wie ich das machen soll." Seufzt er leicht und hebt seine Mundwinkel etwas an.
"Erzähl mir von ihnen. Sag einfach irgendwas, ich hör dir zu und manchmal tut es wirklich gut sich alles von der Seele zu reden."
"Danke."
"Für was denn schon wieder?" Ich ziehe eine Augenbraue nach oben und sehe ihn an.
"Alles." Seufzt er. "Ich frag mich echt wie ich dich verdient hab."
"Sag das nicht."
"Es ist doch so." Erwidert er. Ich schüttle nur den Kopf und stelle meine Tasse ab nachdem ich noch einen Schluck davon genommen habe.
"Na gut zurück zum Thema." Beginne ich und nehme seine Hand in meine. "Erzähl mir was über sie, wie sie hießen, wie sie so waren." Lächle ich leicht.
"Okay." Er stellt ebenfalls die Tasse weg und rutscht ein wenig näher an mich. "Meine Mom hieß Liz, mein Dad Andy. Sie waren die besten Eltern die man sich vorstellen konnte." Schon alleine nach diesen wenigen Worten merke ich wie mir Tränen in die Augen steigen und ich habe das Gefühl dass ich es nicht allzu lange aushalten werde ohne eine Träne zu vergießen.
"Mom arbeitete als Lehrerin, hat dann aber zwei Jahre bevor sie gestorben sind ihren Job verloren weil sie zu viele Lehrer hatten. Zwischendurch hat sie als Nachhilfelehrerin gearbeitet, sie hat sogar ein paar Mal Ashton geholfen, er ist echt eine Niete in Mathe." Lacht er etwas. "Mein Dad hat im Büro einer Firma etwas außerhalb der Stadt gearbeitet."
"Kann ich dich was fragen? Das frage ich mich heute schon die ganze Zeit." Unterbreche ich ihn.
"Klar." Meint er nickend und wartet dann auf meine Frage.
"Wissen deine alten Freunde von deinen Eltern?"
"Nein."
"Oh." Bringe ich nur heraus und nicke abwesend mit dem Kopf.
"Meine Eltern sind zu der Zeit gestorben in der ich beschlossen habe nicht mehr länger mit ihnen befreundet zu sein. Ich hätte ja nicht einfach zu ihnen hingehen können und sagen dass sie gestorben sind. Noch dazu wollte ich sie nicht mit meinen Problemen belasten."
"Ich versteh schon." Sage ich.
"Naja wer weiß, vielleicht erfahren sie es ja irgendwann mal jetzt da wir ja wieder öfter Zeit miteinander verbringen."
"Ja vielleicht."
"Bis jetzt haben wir nur über die schönen Dinge geredet." Stellt er nach einer kurzen Zeit des Schweigens fest. "Willst du wissen wie sie gestorben sind?"
"Will ich das? Ich meine ich dränge dich nicht dazu es mir zu erzählen aber wenn du es mir erzählen willst."
"Ich will es dir erzählen." Bestätigt er.
"Dann halte ich dich nicht davon ab."
"Eigentlich habe ich mich nie mit ihnen gestritten, wenn dann nur über irgendwelche Kleinigkeiten zum Beispiel wenn ich in der Schule was angestellt habe oder sonstiges. Aber an diesen Abend hatten wir einen ziemlich großen Streit. Irgendwann bin ich ausgerastet und einfach abgehauen. Sie sind mir hinterher und haben meinen Namen gerufen, aber ich bin los gerannt. Sie sind mich suchen gegangen, allerdings mit dem Auto. Ich wünschte sie wären zu Fuß unterwegs gewesen. Es war schon dunkel und so bin ich fast eine halbe Stunde nur durch die Stadt gerannt und hab versucht meinen Kopf wieder leer zu bekommen. Ich kann mich noch erinnern wie ich meine Mom durch das offene Fenstern meinen Namen rufen gehört habe. Sie hat mich aus dem Auto mit ihren nassen Augen angesehen und das letzte dass ich noch gesehen habe war wie Dad ebenfalls zu mir rüber gesehen hat. Als nächstes weiß ich nur noch wie es einen lauten Knall gab und das Auto meiner Eltern einen LKW gerammt hat." Ich hatte gar nicht bemerkt wie mir die Tränen still und langsam meine Wangen hinunter gelaufen sind. Erst als Luke sie mit seinen Daumen weg wischt kapiere ich es.
"Schon okay." Sagt er mit brüchiger Stimme und auch er ist den Tränen nahe. Er atmet einmal tief durch und erzählt dann weiter. "Ich bin auf ihr Auto zugelaufen aber da war schon alles zu spät. Bevor ich auf der Straße zusammengebrochen bin habe ich es noch geschafft einen Krankenwagen zu rufen, obwohl mir eigentlich schon klar war dass sie tot sind. Ihr Auto war zerquetscht und ich habe ihre Leichen gesehen. Niemand hätte das überlebt. Der Mann in dem LKW kam mit ein paar gebrochenen Knochen davon aber meine Eltern konnten sie auf direktem Weg in die Leichenhalle fahren. Ich hab die Leute gebeten nichts großes um ihren Tot zu machen. Ich wollte nicht dass ihre Namen unter einem riesigen Artikel über dem Unfall in der Zeitung abgedruckt wurden. Eine richtige Beerdigung gab es auch nicht. Sie wurden begraben und das wars. Da ich schon sechzehn war konnte ich alleine leben, und das hab ich auch. Naja so irgendwie." Mittlerweile laufen auch ihm die Tränen über die Wangen und ich versuche all das was er mir gerade erzählt hat zu verarbeiten.
"Das tut mir alles so Leid Luke." Sage ich kaum hörbar und ziehe ihn zu mir. Ich schließe die Augen und schlinge meine Arme um seinen schluchzenden Körper. "Es tut mir so Leid..."
DU LIEST GERADE
POSSESSED - Completed -
Narrativa generale- Completed - Teil 1 der "POSSESSED" Reihe ~ Ich werde dir nicht die Gründe sagen, weshalb du mich lieben sollst, du hast keine Grüne. Der Grund zum Lieben ist die Liebe selbst ~ Allison Collins findet an ihrer neuen Schule schnell Freunde, doch au...