ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ 108. Vergebung

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Ich schlinge meine Arme um meinen Körper um mich warm zu halten, als ich auf den Gehweg trete und einen Fuß vor den anderen setze. Ich kann nicht glauben dass er von mir verlangt hat zu gehen. Es ist es ist elf Uhr nachts und er wirft mich regelrecht aus dem Haus. Was ist los mit ihm? Er meinte er sei wütend auf mich aber mehr auf ihn selbst, aber warum will er denn dass ich gehe. Tränen bahnen sich ihren Weg in meine Augen und ich versuche sie zu unterdrücken, doch irgendwann gelingt es mir nicht mehr und ich lasse sie still meine Wangen hinunter laufen. Es ist stockdunkel, es brennen nicht einmal mehr alle Straßenlaternen und nach den Ereignissen des heutigen Tages bin ich vollkommen verängstigt. Es sind gute zwanzig Minuten bis zu mir nach Hause und ich hab nicht einmal meine Sachen bei mir, da mein Koffer noch immer bei Luke steht. Ich weiß nicht einmal ob meine Eltern Zuhause sind, selbst wenn sie es sind, wie soll ich ihnen erklären dass ich total verheult und ohne irgendetwas an mir durch die Straßen laufe. Immer mehr Tränen laufen über meine Wangen, als ich nicht weiß was ich tun soll.

"Allison!" Sein Ruf nach mir lässt mich zu Tode erschrecken und ich bleibe stehen. Als ich mich umdrehe sehe ich wie er auf mich zugelaufen kommt und seine Arme um mich schlingen will als er mich erreicht, doch ich stemme meine Hände gegen seine Brust und schiebe ihn von mir weg. "Allison, bitte komm mit mir zurück." Er trägt noch immer dasselbe mit Blut bespritzte Oberteil und sieht mich erwartend an. Wie kann er denken er kommt mir einfach nach gerannt und ich verzeihe ihm dass er mich aus dem Haus geworfen hat. Ich sehe ihn entrüstet an und gebe ihm nicht die Genugtuung mit ihm zu reden, stattdessen gehe ich einfach an ihm vorbei und zurück zu seinem Haus. Mir bleibt sowieso keine andere Möglichkeit und lieber habe ich ein Dach über den Kopf und einen Platz zu schlafen, auch wenn ich die Nacht dabei mit ihm verbringen muss.

"Allison warte doch." Er folgt mir dicht, doch ich beschleunige meine Schritte und komme nur kurz darauf an seinem Haus an, da ich zuvor nicht einmal bis ans Ende seiner Straße gekommen bin. "Allison!" Er greift nach meinem Arm und will mich zu sich umdrehen, gerade als ich die Stufen seiner Veranda nach oben gegangen bin und in sein Haus gehen will.

"Fass mich nicht an!" Platzt es aus mir heraus und ich funkle ihn böse an, bevor ich seine Hand wegschlage und das Haus betrete. Ich komme nicht weiter als bis zu Treppe bevor er mich erneut aufhält, dieses Mal allerdings darauf bedacht mich nicht zu berühren.

"Bitte warte doch, lass uns reden ich kann es erklären." Bittet er, doch ich schüttle nur den Kopf.

"Was willst du denn bitte erklären? Du hast mich aus dem Haus geworfen und das mitten in der Nacht Luke! Was erwartest du von mir? Dass ich dir einfach so verzeihe und wir friedlich schlafen gehen?" Noch immer laufen Tränen meine Wangen hinunter, doch ich ignoriere sie einfach. Ich bin viel wütender als wie traurig.

"I-Ich weiß, es tut mir Leid Allison es war falsch von mir das zu sagen. Ich war nur so wütend und ich wollte für mich alleine sein und-"

"Spar dir deine Erklärung, das macht es nicht besser. Dir hätte früher einfallen können das du das nicht hättest sagen dürfen. Nicht erst nachdem ich zehn Minuten vollkommen verängstigt durch die Straßen gelaufen bin! Du warst wütend auf mich und das sogar zu recht, das sehe ich ein, aber interessiert es dich vielleicht auch nur ein bisschen wie es mir geht? Denn mir geht es scheiße Luke. Ich habe eine blutüberströmte Leiche gesehen und dann bringt mich Josh einfach weg von dir und ich hab keine Ahnung was passiert während ich einfach nur Zuhause sitze und nichts tun kann. Ich hab mir Sorgen um dich gemacht Luke, unglaublich viele Sorgen. Und dann kommst du wieder, mit blutigem Oberteil und du kannst mir nicht einmal sagen ob es dir gut geht. Stattdessen schreist du mich nur an und wirfst mich einfach aus dem Haus." Ich beginne zu schluchzen und kann mich schließlich nicht mehr auf den Beinen halten, weswegen ich mich auf die Treppenstufe hinter mir setze und versuche die vielen Tränen zu unterdrücken.

"Allison ich... mir tut es so unendlich leid ich wollte nie dass du das sehen musst und ich hätte nicht so abweisend und böse auf dich sein dürfen oder dich gar aus dem Haus werfen. Ich kann dir gar nicht sagen wie leid es mir tut, bitte verzeih mir. Es muss nicht jetzt gleich sein, nur versprich mir du verzeihst mir irgendwann." Seine Stimme bricht am Schluss und ich richte meinen Blick auf ihn, nur um zu sehen wie er vor mir auf die Knie geht. Sein Gesicht ist nun mit meinem auf gleicher Höhe und ein verzweifelter Blick ziert sein Gesicht. Ich wische mir über die Wangen um ein paar der Tränen weg zu wischen und schniefe etwas um mich wieder einigermaßen zu beruhigen. Noch immer kniet er vor mir und wartet auf meine Antwort, die ich ihm mit einem schwachen Nicken gebe. Erleichtert atmet er aus und er sieht aus als wie würde ihm ein riesiger Stein vom Herzen fallen.

"I-Ich verstehe wenn du heute Nacht nicht mit mir in einem Bett schlafen willst. Du kannst in meinem Zimmer schlafen. Ich bin hier unten, falls du mich brauchst." Den letzten Teil fügt er leise hinzu, fast so als wie wäre er sich sicher dass ich ihn nicht brauchen werde. Ich weiß nicht was ich ihm darauf antworten soll, selbst wenn ich es wüsste wäre meine Stimme wahrscheinlich ein einziges Krächzen, also nicke ich nur etwas und stehe dann von der Stufe auf und beginne die Treppe nach oben zu laufen. Zuerst gehe ich in sein Badezimmer um die verlaufene Schminke aus meinem Gesicht zu entfernen, bevor ich gegenüber in sein Zimmer gehe und das Licht einschalte. Ich gehe zu seinem Schrank und ziehe ein T-Shirt heraus und trenne mich dann von meinen Klamotten, bevor ich mir das Shirt über ziehe. Ich lege mich in sein Bett und drücke den Lichtschalter neben den Nachtkästchen um den Raum ins Dunkle zu tauchen. Ich bin zwar nicht müde, aber ich will mich einfach nur hinlegen und für mich alleine sein, während ich versuche nicht zu sehr über all das nachzudenken und keine Tränen mehr zu vergießen, was ich, so wie ich mich kenne, sicherlich nicht schaffen werde.

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