Kapitel 3 🎈

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Ben hat mich nach Hause gebracht. Meine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Ich möchte nur noch mein kleiner Hintern auf die Couch pflanzen und den Abend in Ruhe geniessen.

Mam und meine kleine Schwester Julia sitzen schon da und ich quetsche mich einfach dazwischen: "Hallo meine Lieben!"

"Nimm doch noch mehr Platz ein, Fettsack!", motzt Julia.

Wer ist denn von uns beiden Fett? Eigentlich niemand. Sie hat die Form wie ein Brett. Sie hat noch nicht einmal Brüste. Ihre Beine ähneln Stelzen. Ist aber gleich gross wie ich.

Ich stosse mit meinem Ellbogen sie an: "Selber Fettsack! Was seht ihr euch da an?"

"Mein Bruder die Pfadfinderin."

War ja klar. Wir alle drei lieben Disney Filme. Mein Favorit ist Cinderella. Jeden einzelnen von ihnen. Das erste mal als ich mit Ben alleine Ausging gingen wir ins Kino und sahen uns die Neuverfilmung an. Er hat Tickets organisiert. Damals meinte er, seine Grossmutter hätte ihm zwei gegeben und sucht jetzt eine Begleitung. Dabei wusste er ganz genau, dass ich ein Fan davon bin. Das war so süss.

Fast so süss wie Hutch Dano in diesem Rock.

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Das nervende Geräusch meines Weckers ertönt und ich versuche Klaghaft den Ausschaltknopf zu finden. So grosse Mühe hatte ich noch nie aufzustehen. Dabei bin ich gestern extra früh ins Bett. Als ich auf der Couch eingeschlafen bin, wusste ich, dass der Tag zu ende ist.

Ich glaube, ich werde Krank. Hoffentlich wird das bald wieder besser.

Die Dusche erfrischt mich ein wenig, dafür sind meine Kopfschmerzen stärker geworden.

Zum Frühstück esse ich nichts, ich habe keinen Hunger. Aber egal was für ein Virus Kontrolle über mein Körper haben will, so leicht lasse ich mich nicht unterkriegen.

Der restliche Tag verläuft lang und schwer. Alles was ich noch will ist zu Hause ins Bett zu kriechen und allein sein.

"Tay? Taylor? Hörst du uns zu?", wild fuchtelt Leon vor meinem Gesicht herum. Um was ging es? Warum sitze ich immer noch hier in der Schule? Besser gesagt stehen wir auf dem Flur. Wie lange kann ich aber nicht sagen. Warum starren mich denn alle an?

"Ja... Ja, klar... Ich fühle mich nur nicht so gut.", meine ich schliesslich und reibe mir die Schläfe. Gelogen ist das ja nicht. Was ich aber nicht wollte ist, dass Ben total über fürsorglich zu mir runter sieht: "Soll ich dich nach Hause fahren?"

Normalerweise würde ich ablehnen. Ich werde nie Krank! Aber dieses Mal hat es mich wirklich erwischt. Ben bringt mich nach Hause bis in mein Bett und deckt mich zu. "Danke.", das ist das einzige, was ich noch hervor bringe.

Er gibt mir noch ein Kuss auf die Stirn und verschwindet dann schon wieder.

Wie habe ich ihn nur verdient? Er ist der beste Freund den man sich wünschen kann.

"Hey Spätzchen! Geht es dir schon besser?", meine Mutter kommt in mein Zimmer voller Besorgnis. Das letzte mal als ich krank war, war ich sieben. Sie hat keine Ahnung mehr was sie tun soll. Julia ist genauso wenig krank.

Sie fasst an meine Stirn um meine Temperatur zu messen: "Deine Stirn ist feurig heiss! Soll ich dich nicht doch zum Arzt bringen?"

Wild schüttle ich den Kopf. Ich hasse Ärzte. Die wollen mich eh nur picksen. Ausserdem ist das Krankenhaus unheimlich. Zu Weihnachten spende ich zwar manchmal Spielsachen und verteile sie auf der Kinderstation, aber an Weihnachten ist sowieso alles anders. Vor allem die Menschen.

"Dann trink wenigstens noch mehr Tee. Ruf mich wenn ich frischen machen muss!", die Besorgnis ist in ihr Gesicht geschrieben. Ich hätte doch nicht in die Schule gehen sollen.

Aber jetzt muss ich kurz einen kleinen Abstächer auf die Toilette machen. Ich glaub ich muss kotzen.

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Ich habe schon lange nicht mehr so gut geschlafen wie jetzt. Dieser freier Nachmittag hat mir wirklich gut getan. Ich bin sogar schon vor dem ersten Klingeln meines lieben Weckers wach.

Moment...

Scheisse!

Ich habe verschlafen! Wieso ging denn dieser dämliche Wecker nicht ab. Ich habe schon die erste Stunde verschlafen.

Ich ziehe mir schnell ein frisches T-Shirt an und renne so schnell es geht runter in die Küche: "Mam, ich habe verschlafen! War Ben nicht hier um mich abzuholen?"

"Doch, aber du gehst mir so nicht in die Schule. Ich habe dich entschuldigt.", meint meine Mutter und schlürft ganz gechillt ihren Kaffee. Wieso tut sie das? Mir geht es schon viel besser!

"Sei doch froh, dass du nicht hin musst. Ich feier ja schon, dass die erste Stunde ausfällt.", mischt sich auch Julia ein, die ebenfalls gemütlich beim Frühstück sitzt.

Langsam begreife ich, was hier läuft. Aber ich gehe gern zur Schule. Ohne Scheiss jetzt. Dort geht es doch nicht um den Unterricht sondern um meine Freunde mit denen ich so gerne Zeit verbringe.

In meiner Hosentasche der Jogginghose vibriert etwas. Mein Handy, was denn sonst.

Wieder diese unbekannte Nummer. Vielleicht ist es ja doch wichtig und ich sollte mal ran gehen.

"Wer ist das? Dein Freund mit dem du Ben betrügst?", fragt Julia erstaunt und nimmt mein Handy an sich. "Hey, was soll das?", schreie ich ihr sofort hinterher.

Zu spät sie hat schon abgenommen: "Ja?... Nein, ihre kleine Schwester... ja... ja..."

Sie dreht sich geschickt von mir weg, so dass ich mir mein Handy nicht zurück holen kann und Mam findet es nicht für nötig mir zu helfen. Wir marschieren durch die ganze Küche.

Wer ist da dran? Was reden die? Julia hört aber gar nicht zu, sie lacht mich nur aus. Das ist nicht lustig! Mein Lachen in meinem Gesicht hat keinerlei Bedeutung!

Doch jetzt wird sie plötzlich ernst: "Wer sagten Sie, sind Sie?"

"Gib mir sofort mein Handy wieder!", befehle ich ihr.

Sie dreht sich zu mir und streckt es mir entgegen, fragt aber noch: "Ist dein Blut vielleicht blau oder so? Jedenfalls meinen sie, damit stimmt was nicht. Vielleicht musst du ja nochmal spenden."

Was ist? Jemand vom Blutspenden? Warum rufen die mich an und dann noch so oft?

"Ja? Hier ist Taylor Claywell."

Ganz genau lausche ich den Worten von dem Arzt am anderen Ende der Leitung: "Guten Morgen, Miss Claywell. Endlich erwische ich sie. Sie waren doch letzten Freitag bei uns Blutspenden, stimmt das?"

"Ja, und?"

"Nun ja, als wir es testen wollten, sind uns vermehrte weisse Blutkörperchen aufgefallen."

"Und was heisst das?", warum kann er nicht deutlich mit mir reden? Was ist falsch daran?

"Ich wollte sie fragen, ob Sie in letzter Zeit oft Nasen- oder Zahnfleischbluten hatten? Oder auch Kopfschmerzen, Müdigkeit, Brechreiz oder mangelhafte Kordination?", fragt er. Aber woher weiss er das? Kommt das alles von mehreren weissen Blutkörperchen? Ich verstehe das nicht: "Was bedeutet das?"

Doch statt mir eine vernünftige Antwort zu geben, sagt er nur: "Kommen Sie doch so schnell es geht ins Krankenhaus, da kann man besser reden. Ausserdem kann man da noch Tests machen, es kann immer sein das ich mich irre. Erst recht, wenn ich sie noch gar nicht gesehen habe. Melden sie sich bitte einfach bei Dr. Carter. Bis später."

Das war jetzt komisch. Entweder ist es schlimm oder er ist einfach nur komisch. Was mache ich denn jetzt?

"Ist alles in Ordnung?", fragt auch schon meine Mutter. Ich bin immer noch total geflasht. Das habe ich noch nie erlebt. Ich möchte wissen was los ist!

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