Kapitel 91 🎈

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Ein kleiner Knall ertönt und ich zucke vor schreck zusammen.

„Was war denn das?", mit angeekeltem Blick steht Laurel nun neben mir und der Knall der ertönte war die Schiebetür die sie nicht richtig aufgeschoben hat damit sie fixiert wäre.

Wieso muss sie ausgerechnet jetzt auftauchen nachdem ich mich gerade beruhigt hatte?

„Ich versuche immer noch zu verstehen, wieso Miss Monroe dich als Hauptdarstellerin wollte. Du singst schief, betonst falsch und atmest immer an den falschen Stellen. Nur schon deswegen wäre ich viel besser geeignet.", motzt sie an ihrem Lieblingsthema weiter. Schon kapiert. Sie ist ja so toll und ich bin die, die alles falsch macht und nichts kann: „Laurel, wenn du schon nichts zu sagen hast was mich interessiert, warum hälst du denn nicht gleich deine Klappe?"

„Jetzt tust du auch noch so, als wärst du was besseres?", zickig stemmt sie ihre Fäuste in die Hüfte.

Mein Puls schlägt sofort wieder auf 180.

Einfach tief durchatmen. Ich will mich nicht auf ihr Niveau sinken lassen: „Tu ich gar nicht. Ich versuche nur anständig zu bleiben, weil ich dich sonst erwürgen würde!"

Atmen. Tief durchatmen.

Wieso klappt das nicht?

Meine Atmenzüge werden immer kürzer. Ich habe meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle. Wenn Laurel jetzt noch einmal etwas dummes sagt, weiss ich nicht ob ich mich noch zurück halten kann...

Langsam öffnet sie ihren Mund und da ich sie kenne weiss ich genau, dass jetzt was sehr dummes folgen wird: „Soll das heissen, ich wäre nicht anständig? Ich habe keine Morddrohung gegenüber dir erhoben!"

„Es reicht!", schnaufe ich meine Gedanken aus: „Ich habs satt! Du hasst mich und ich hasse dich, wieso müssen sich unsere Wege dann immer kreuzen? Warum können wir jeweils den anderen nicht ignorieren und unser eigenes Leben führen? Einfach auf den Fluren der High School uns kreuzen ohne dämliche Kommentare die kein Schwein interessiert fallen zu lassen! Solche Kleinkinder sind wir jetzt auch wieder nicht. Wir sind keine Freunde, aber ich brauche auch keine Feindin! Ich habe andere Probleme als mich mit sowas rum zu schlagen. Mir fehlt die Kraft dazu und wenn es nur so endet, sage ich es gern: DU.HAST.GEWONNEN!"

Ich lasse alles raus ohne zwischendurch Luft zu holen. Und nun schweigt sie. Ich habe alles gesagt was gesagt werden musste, jetzt ist sie dran:

„Möchtest du sonst noch irgendwas loswerden?"

„Nein. Das wars."

„Okay.", meint sie gelassen: „Dann lass uns nie wieder miteinander reden."

So einfach? Wow. Wieso habe ich dann nicht schon viel früher meinen Mund aufgemacht?

Ich lasse meinen Blick wieder auf die alte dreckige Fassade schweifen, weil das das einzige ist, was die Aussicht zu bieten hat. Dabei höre ich hinter mir ein rütteln.

Laurel versucht vergeblich die Schiebetür aufzuschieben. Ist sie denn jetzt etwa zu dumm eine Tür zu öffnen?

„Kann man dir helfen?", meine ich leicht genervt, aber mein Wesen konnte dieser Frage trotzdem nicht wiederstehen, obwohl wir gerade abgemacht haben, nie mehr miteinander zu reden.

Sie lässt ihren sturen Blick auf die Tür gerichtet: „Diese verflixte Tür geht nicht mehr auf."

Mit ihrer typischen aggressiven Art tritt sie auf die Tür ein, die sich aber keinen Millimeter bewegt. Mit einem Schritt stelle ich mich neben sie: „Vorsicht. Mit Gewalt kommt man nie weit. Lass mich mal versuchen.", ich versuche die Türe normal aufzuschieben ohne meine Aggressionen wieder an die Oberfläche kommen zu lassen. Doch nichts.

Durch das Glas sehe ich den Griff, dessen Schloss welches eh nicht richtig angebracht ist, zu ist!

Das ist sicher hineingefallen als Laurel die Tür zugeschlagen hat.

Wir sind ausgesperrt!

„Und?", fragt Laurel ungeduldig.

Wir dürfen nicht ausgesperrt sein?

Der nächste Zeitpunkt in dem wir uns treffen ist erst wieder das Abendessen um 8... Bis dahin dauert es noch 5 Stunden! Und vorher wird niemand mitbekommen, dass wir hier sind.

Wenn wir hier nicht bald weg können...

Ich kriege Schnappatmung. Platzangst. Höhenangat. Klaustrophobie. Woher kommt denn das alles? Sonst habe ich diese Probleme nicht. Aber eines weiss ich ganz genau. Wenn ich bis 5 Uhr meine Medikamente nicht nehmen kann... keine Ahnung was dann passieren wird, aber sicher nichts gutes, schliesslich warnt Dr. Carter und meine Mutter mich ständig davor. Soweit möchte ich es lieber nicht kommen lassen.

Langsam antworte ich aber auf Laurels Frage: „Wir sind ausgesperrt."

„Und das heisst?"

„Wir kommen nicht mehr hier weg, Laurel! Oder willst du über das Gelände springen?", mein Puls fährt heute wirklich Achterbahn: „Hast du dein Handy hier?"

Genervt verdreht sie ihre Augen, anscheinend ist ihr nicht bewusst was das ganze bedeutet: „Und wo sollte ich es deiner Meinung nach haben? Im BH? Dieses Kleid hat keine Taschen und meine Gucci liegt drinnen. Was ist mit deinem Handy?"

„Drinnen."

Das darf doch nicht wahr sein.

„Okay, irgendwie kommen wir hier schon weg. Und wenn nicht, beginnen sich die anderen uns zu vermissen. Mich wahrscheinlich eher früher als dich, aber das ist nicht wichtig. Wenn uns dann jemand vermisst, wird er uns suchen kommen... auch hier. Also schieb hier jetzt keinen auf Panik.", versucht Laurel mich zu beruhigen. Aber ich kann mich nicht beruhigen: „Nein. Du verstehst das nicht. Wenn... wenn ich..."

„Wenn du was?"

Ich rauffe mir durch die Haare. Ich kann nicht mehr klar denken. Ich fühle mich wie ein Junkie auf Entzug.

„Ach... ich hatte eh nichts mehr zu tun. Wir befinden uns hier auch im hintersten Loch. Hier draussen kann ich mich wenigstens noch ein wenig sonnen.", sagt sie gechillt und setzt sich auf den Boden: „Wenn wir hier wirklich nicht mehr weg kommen, solltest du es dir ebenfalls bequem machen. Alles andere bringt nichts."

Sie schiebt ihre Sonnenbrille, welche sie auf dem Kopf hatte, runter auf die Nase und leht sich zurück.

Wie kann sie nur so ruhig sein? Das kennt man gar nicht von ihr. Und obwohl sie wahrscheinlich recht hat, werde ich mich nicht beruhigen. Das kann ich nicht.

CancerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt