Kapitel 65 🎈

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Layla zieht mich in ein leeres Schulzimmer und fährt sich wild durch die Haare: „Er ist ein klein wenig älter als ich..." beginnt sie, doch das Problem kann ich noch nicht ganz erkennen, es sei denn: „Wie viel älter?"

„Sehr viel älter!", sie rastet komplett aus. Bis sie schüchtern die berüchtigte Zahl sagt: „27"

„27?!?", schockiert wiederhole ich sie: „Lay, das sind 9 Jahre Unterschied!"

„Denkst du etwa, mir ist das nicht bewusst? Irgendwie ist das Alter nie zur Sprache gekommen. Ich habe ja auch nie erwähnt, dass ich erst 18 bin. Habe ich immer noch nicht.", nervös geht sie hin und her: „Als er gesagt hat, er sei 27, habe ich so getan als würdest du mir anrufen und ich ganz schnell zu dir müsste und jetzt bin ich hier."

„Moment.", ich überlege kurz: „Du bist direkt hierhergekommen? Hast du bei ihm übernachtet?" Diese Geschichte wird ja immer besser.

„Verdammt, Tay, was tue ich jetzt? Ich gehe noch immer zur Schule während er die Aktienwerte auf der Börse begutachtet oder wer weiß sonst was, ich war noch nie in dem Alter.", verzweifelt lässt sie sich auf einen Stuhl plumpsen. Ich selbst bin auch gerade mit dieser Situation überfordert und nicht gerade in der Lage Tipps zu geben. Aber er ist 27! Ich muss mich auch setzen: „Mann, Layla, was hast du dir denn da wieder eingebrockt..."

„Es tut mir ja leid, dass wollt ich nicht."

„Und was sagt er zu diesem gewaltigen Altersunterschied?"

„Das ist es ja.", sie beginnt zu stottern: „Er denkt, ich sei auch schon längst 20 gewesen. Er hat keine Ahnung das ich noch zur Schule gehe oder noch bei meinen Eltern wohne."

„Was habt ihr denn die ganze Zeit getan, wenn ihr noch nicht einmal das übereinander wisst? Warte. Will ich das überhaupt wissen?", ich verstehe sie nicht. Worauf hat sie sich nur eingelassen?

„Verstehst du mein Problem?"

„Du musst es ihm sagen."

„Und dann? Sag mir, was wird dann passieren?", dramatisch schlägt sie mit ihren Armen aus: „Und wenn ich ihm mein Alter sage, erzählst du Ben von deiner Krankheit!"

Ich springe wieder hoch: „Warte, das ist nicht dasselbe." Sie kann doch nicht von mir erwarten, dass ich das mit dem vergleiche. Niemals! Zum Glück rettet mich gerade die Schulglocke die zum Unterricht ruft: „Gehen wir, ich möchte nicht schon wieder zu spät kommen."

„Aber sieh doch dem wesentlichen Mal ins Auge!", sie wird immer lauter und in der selben Lautstärke rufe ich zurück: „Seit wann geht es denn um mich? Wir sind doch nur hier wegen dir und deinem blöden Vaterkomplex!"

„Hör auf sowas zu sagen!"

„Du hast doch angefangen, aber Ben hatte recht. Deine Stimmungsschwankungen sind verdammt nervend. Komm doch später wieder zu mir, wenn du dich beruhigt hast und bereit bist dich zu entschuldigen.", und mit diesen Worten lasse ich sie stehen und gehe in den Unterricht. Was fällt ihr denn auch ein so über mich reden zu können. Ich bin alt genug um selbst Entscheidungen treffen zu können.

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Bis zur Mittagspause ging mir Layla immer geschickt aus dem Weg. Auch als ich in der Cafeteria saß, zusammen mit Parker, Conner und Leon, stolzierte sie an unserem Stammtisch vorbei ohne auch nur eine freundliche Mine zu zeigen.

„Was ist denn mit der los?", fragt auch schon Conner als er ihr hinterher sieht.

„Habe ich schon wieder was Falsches getan?", sieht Leon verunsichert mich an.

Was soll ich ihnen denn nur sagen? „Sie hasst mich, weil ich euch belüge, aber nicht will, dass sie den Kerl belügt der sie erst ein paar Tage kennt?" Da beginne ich mich ja schon fast selbst zu hassen. Aber irgendeine Antwort muss ich ihnen geben, da sie mich schon gespannt mustern: „Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit. Sie wird sich schon wieder beruhigen." Ich zwinkere den beiden zu und sehe nochmals zurück über meine Schultern um zu sehen, bei wem sie Platz genommen hat. Es wundert mich, dass sie den Tisch unserer Mitschülerinnen mit denen sie noch kaum einmal gesprochen hat auserkoren hat. Ich wusste ja noch nicht einmal, dass sie sich an deren Namen erinnert, geschweige denn, mit uns in einer Klasse sitzen. Layla hat noch nie weiter geblickt, als in ihrem näheren Umfeld. Es hat schon viel Mühe gekostet, sie von Kira und Annabelle zu überzeugen.

Aber eben, irgendwann wird sie weinend zurückkommen, weil sie es ohne mich oder uns nicht aushalten wird. Da bin ich mich schon fast sicher.

Ich war aber so vertieft in meinen Gedanken, dass ich mich geschockt wieder umdrehe, als es sich jemand neben mir bequem macht: „Hey!"

„Hey.", begrüße ich Ben schnell zurück. Er sieht mich wie früher mit diesem einem bestimmten Blick an, in den ich mich früher immer verlieren konnte, doch heute ist es nicht so. Ich habe keinen Platz in meinem Kopf für sowas. Auch wenn ich nicht einknicken werde, möchte ich trotzdem gerne, dass Layla bei uns sitzen würde. Aber auch was sie gesagt hat, dass ich Ben die Wahrheit sagen muss, geht mir nicht aus dem Kopf. Julia stresst schon lange mit dem. Selbst Parker hat es schon gesagt. Aber so wie ich mich kenne, werde ich es nie über meine Lippen bringen.

Ben legt seine Hand auf meine Schulter: „Taylor?" verwirrt starre ich ihn an. Hat er noch was anderes gesagt?

„Alles klar bei dir? Du siehst nicht gut aus. Bist du dir sicher, dass du schon wieder hier sein solltest?", besorgte Blicke liegen auf mir. Doch ich bin im Moment total neben der Spur: „Wieso?"

„Na, weil du erst gestern aus dem Krankenhaus entlassen worden bist..."

Stimmt. Hatte ich schon wieder vergessen: „Nein, nein, alles in Ordnung."

„Danach siehst du aber nicht aus."

„Ben, wirklich. Es geht mir gut.", ich versuche ihn und mich gleichzeitig zu überzeugen, dass es mir gut ginge, aber ob das auch tatsächlich so ist, weiß ich selbst nicht.

Ich bräuchte jetzt Layla an meiner Seite...


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