Kapitel 53 🎈

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„Also, ich muss los. Wir sehen uns.", Layla nimmt mich in den Arm und verschwindet. Doch da fällt mir auf, dass sie immer noch mein Handy hat, welches sie kurz ausleihen wollte: „Lay, warte, mein Handy!" Doch alle Rufe sind zwecklos. Sie ist schon weg. Und mein Unterrich findet in der anderen Richtung statt und startet in drei Minuten. Na ja, ich brauche es ja gerade nicht.

Ich schliesse meinen Spind und will in den Unterricht. Doch da kommt mir Ben entgegen. Was mache ich denn jetzt? Ohne gross darüber nachzudenken flüchte ich in die Besenkammer neben mir und schliesse die Tür hinter mir. Umgeben von Putzlappen und Wäschemitteln stehe ich im dunkeln in einem Eimer.

Aua. Woran habe ich denn jetzt meinen Arm angeschlagen?

Doch da geht die Tür auf und das grelle Licht von draussn scheint mir in die Augen. Zuerst kann ich nur eine Männliche Statur erkennen, die dann fragt: „Taylor? Was machst du denn hier drinnen?"

Nein. Es war doch nicht so eine schlaue Idee von mir, mich hier drinnen vor Ben zu verstecken, denn der steht nun direkt vor mir. Was sage ich ihm denn jetzt?

Er sieht um sich und kommt dann auch noch hinein. Als hätten wir genügend Platz, macht er auch noch die Tür zu: „Also? Vor wem oder was verstecken wir uns?"

Von dir.

Ja, das sage ich glaube nicht. Aber was dann? Ich beginne zu stottern: „Ich... ich... verstecke mich nicht. Ich brauchte nur Klopapier."

Er atmet tief durch: „Taylor? Du lügst schon wieder."

„Ja. Das stimmt. Tut mir leid.", ich kann ihn wirklich nicht mehr belügen. Aber die Wahrheit kann ich trotzdem nicht sagen.

„Du gibst es zu, dass ist schon ein grosser Schritt. Willst du mir denn auch noch die Wahrheit sagen?" Traurig lasse ich meinen Kopf hängen. Ich will ihn nicht mehr verletzen.

Doch dann fassen zwei Finger an mein Kinn und heben es hoch: „Ich will doch nichts böses. Ich mache mir Sorgen um dich. Ich möchte dich nicht verlieren."

Ich glaube, ich muss weinen: „Du wirst mich auch nicht verlieren. Und du musst dir auch keine Sorgen machen. Mir geht es gut."

„Seit du umgekippt bist, weiss ich nicht mehr so recht, ob ich dir glauben kann. Dann kam mir in den Sinn, dass Parker mal was von einer Klinik erzählt hat. Und dann sind mir die kleinen roten Punkte an deinem Arm aufgefallen die nur von Nadeln stammen können. Nadia hat dich Tabletten nehmen sehen. Wir beide wissen, dass du mir was zusagen hast."

Wir beide schweigen kurz. Wir beide warten, bis ich die richtigen Worte finde. Bis ich tief durchatme und beginne zu reden: „Ja. Okay, ja. Aber ich möchte es dir nicht sagen. Irgendwann vielleicht, aber noch nicht jetzt. Denn wenn ich es sagen würde, würde sich alles ändern. Deine Einstellung, unsere Gefühle und unser Gewissen. Seit meine Mutter es erfahren hat, weint sie jede Nacht. Am besten denken wir beide nicht mehr darüber nach und leben unser Leben wie es gerade kommt. Vergessen was war und beginnen wieder von vorne. Was hältst du davon?"

Wir schweigen wieder und warten bis er das Wort ergreift: „Ich weiss nicht. Ich werde nie aufhören können darüber nachzudenken. Taylor, ich liebe dich und ich will einfach nicht, dass es dir schlecht geht."

„Das verstehe ich. Behut auf Gegenseitigkeit.", ich halt seine Hände fest vor seiner Brust fest: „aber ich kann nicht. Ich bin zu schwach. Ich kann es einfach nicht." Er nimmt mich in den Arm und drückt mich ganz fest an sich. Es ist ganz ruhig um uns und alles was ich in dieser Stille hören kann ist sein Herzschlag, welcher im selben Rhythmus schlägt wie meiner.

Das hat aber lange gedauert.

Nach ein paar Minuten stille Umarmung lösen wir uns wieder voneinander. Er ist der erste der was sagt: „Hast du hunger? Wir haben sowieso schon der halbe Unterricht verpasst."

Da hat er recht. Jetzt noch hinzugehen bringt nichts. Da angeln wir uns noch viel mehr ärger ein als sowieso schon. Aber aus dieser dunklen Kammer zu verschwinden ist schon ein guter Anfang. Und Lust auf Pizza habe ich auch: „Pizza?"

„Eine blöde Frage. Pizza geht immer.", lacht er und steckt mich somit an.

Wir verschwinden aus dem Schulgebäude und gehen in die Pizzeria hier in der Nähe. Jetzt ist sie noch leer, aber bald wird sie sich sicher mit allen Schülern füllen, die nicht in die Cafeteria wollen.

Wir bestellen uns eine Pizza Margarita mit extra viel Käse. Gibt es was besseres als extra viel heiss geschmolzener Käse? Ich schmelze ja fast schon hin.

Aber das war nicht das beste an diesem Mittagessen. Sondern Ben mit dem ich über so vieles lachen konnte. Später werde ich mich vermutlich nicht einmal daran erinnern können, worüber wir geredet haben. Aber das es mir gefallen hat und ich mich wohl gefühlt habe, dass werde ich nie vergessen.

Aber irgendwann wird es dann auch wieder einmal Zeit zurück zugehen. Und kaum auf dem Pausenhof kommt uns Layla entgegen: „Mann, Leute. Wo wart ihr denn?"

„Pizza essen.", antworte ich gelassen, doch sie bleibt nicht so cool: „Und dann nehmt ihr mich nicht mit? Und warum nimmst du nicht ab, wenn ich dich anrufe?"

Ist sie jetzt tatsächlich so blöd? „Du hast doch mein Handy eingesteckt?"

Schockiert überrascht starrt sie mich an und mit einem Griff in ihre Tasche fischt sie mein Handy in der Rosafarbenen Hülle hervor: „Ups. Sorry. Ignorier einfach alle meine Anrufe. War nicht so wichtig."

Ich werfe einen Blick auf das Display. Tatsächlich. 7 verpasste Anrufe. Danke, Layla. Aber es sind  nicht alle von ihr. Einer ist noch von Parker, ein weiterer von Mam und noch einer von Dad. Toll. Jetzt habe ich Mams täglichen Kontrollanruf verpasst. Die macht sich doch jetzt sicher Sorgen. Deswegen hat sicher auch Dad angerufen. „Hey, Layla, das nächste Mal wenn meine Eltern anrufen, kannst du ruhig abnehmen. Ich rufe sie schnell zurück. Bin gleich wieder bei euch."

Ich gehe ein paar Meter weiter und bleibe dann an der Aussenwand des Schulhauses stehen. Aus Angst, Mam könnte überreagieren, wähle ich Dads Nummer...

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