Kapitel 11 🎈

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"Mann, waren die Probe anstrengend. Miss Monroe hat ja gar kein Erbarmen.", jammere ich als die Qual endlich endete.

"Ooh, meine Arme. Kann ich dich mit einem Besuch bei Dunkin Donut aufheitern?", fragt mich Ben und wie nur zu gern würde ich ja sagen. Aber es geht nicht: "Tut mir leid, aber ich habe meiner Mam versprochen, dass ich nach der Probe gleich nach Hause komme."

Traurig sieht Ben mich an: "Das ist aber schade. Und wieso? Was ist so wichtig das du auf unser Nachmittag mit Donuts verzichten musst?"

Der Arzttermin der mir sagen wird, wie lange ich noch lebe. Das kann ich ihm aber nicht sagen, er sieht mich eh schon mit so einem komischen Blick an den ich nicht ab kann: "Nur so ein Familiending. Meine Mam meinte, wir würden viel zu wenig Zeit miteinander verbringen. Anscheinend wir das in nächster Zeit öfters vorkommen. Tut mir wirklich leid."

Ich bin so so so ein schlechter Mensch. Gegen mich ist sogar Laurel gut. Sie ist zumindest ehrlich. Nicht so wie ich. Ich lüge meinem Freund mitten ins Gesicht. Wie kann ich ihm nur in die Augen blicken? Das ist ja unmenschlich.

Und er ist dann auch noch so lieb: "Das muss dir doch nicht leid tun. Ist ja nicht deine Schuld. Komm, Liebling, ich bringe dich nach Hause."

Er schenkt mir ein Kuss auf die Stirn und begleitet mich umschlungen zu seinem Auto mit dem er mich nach Hause fährt.

Die ganze Fahrt über sage ich kein Wort mehr. Ich bin der schrecklichste Mensch den es gibt. Das schlechte Gewissen quält mich jetzt schon. Lange werde ich das sicher nicht aushalten.

Aber solange ich selbst nicht alles genau weiss, sage ich nichts.

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Nervös sitze ich zwischen Mam und Julia im Büro von Dr. Carter und warten bis er kommt. Je länger es dauert, desto nervöser werde ich.

Ich muss meine Gedanken ablenken. Ich schliesse meine Augen und stelle mir vor, ich würde jetzt bei meinen Freunden bei Dunkin Donuts sitzen und wieder über etwas Sinnloses lachen. In solchen Situationen vergesse ich immer alle Probleme auf dieser Welt. Da scheint immer alles perfekt zu sein und mit Glitzer und Einhörner verziert.

Und ich liebe Glitzer... Und Einhörner... Und Regenbögen.

Das erinnert mich immer nur an gute Dinge. Es gibt nichts schlechtes was mit dem zusammen hängt. Ausser wenn man Glitzer benutzt nachher alles voll ist und damit meine ich alles. Es ist an Stellen wo es eigentlich niemals hätte hinkommen können.

Punkt ist aber, es verbreitet Freude.

In diesem Sprechzimmer fehlt auf jeden Fall Glitzer. Ich kann hier drinnen nichts entdecken was Glitzert. Vielleicht fühle ich mich deshalb auch so unwohl.

Gedanken wechsel. Denn Dr. Carter kommt endlich. Was nochmal meine Nervosität steigert.

Ich habe Angst. Er hat noch nichts gesagt und ich fange schon an nachzudenken, was auf meinem Grab stehen soll.

Tochter, Schwester, Freundin, Lügnerin und Angsthase.

Mehr Kreativität habe ich nicht.

Wozu brauche ich die, wenn ich es nicht einmal ausnutzen kann.

Meine Hände sind schon patsch nass geschwitzt. Ich kann mich einfach nicht beruhigen. Noch nicht einmal Dr. Carters Worte können das: "Wie soll ich sagen, ihr Krebs ist gut aber auch irgendwie wieder nicht. Bei älteren Leuten würde man sagen furchtbar. Sie sind aber noch jung und bisher immer gesund gewesen, was die Chance auf Genesung extrem steigt. Wir werden eine Chemo machen müssen auf die wir sie zuerst vorbereiten müssen.

Sie kriegen jede Menge Medikamente die sie alle nehmen müssen. Je nach Körper reagiert man anders darauf, weshalb ich Ihnen noch nicht sagen kann, wann die Chemo beginnt. Sie kann in einem Monat beginnen oder auch erst in vier. Wenn es in spätestens fünf Monaten aber nicht angeschlagen hat, müssen wir einen anderen Weg einschlagen. Das geschieht aber äusserst selten.

Wir gehen jetzt einmal davon aus, dass die Medikamente anschlagen. Sie werden dann einen ganzen Monat hier im Krankenhaus verbringen müssen. Ihre Familie und Freunde können sie jeder Zeit besuchen. Es ist aber wichtig, dass sie dann nicht mehr nach draussen gehen. Ihr Immunsystem wird sehr geschwächt sein, weshalb sie dann sehr schnell krank werden können. Und das kann dann wieder die Genesung beeinträchtigen.

Können sie mir soweit folgen?"

Schüchtern nicke ich. Das klings alles so wie in einem schlechten Film. Obwohl der Film vermutlich noch spannend wäre. Aber nicht, wenn mein Leben dabei auf dem Spiel steht! Das ist weniger witzig.

Jetzt weiss ich aber, wie es um mich und meine Gesundheit steht. Das ist besser als zu wissen, dass man Krebs hat aber nicht weiss wie lange man Lebt. Aber irgendwie auch schlechter als gar nichts zu wissen und das Gefühl haben, dass alles in Ordnung ist.

Nach dem Gespräch mit Dr. Carter zeigt er uns noch ein Zimmer in welchem ich dann wohnen werde. Es sehen alle gleich aus, deshalb bin ich mir nicht sicher, ob das dann wirklich meines wird. Spielt auch keine Rolle.

Sie sind beige. Die Wand ist beige. Die Schränke sind Beige. Die Fensterbrette sind beige. Ausser die Bettdecke. Die ist weiss. Sonst sieht es aus wie ein Krankenzimmer halt. Aber ich habe dann die Erlaubnis es so zu gestalten wie ich will. Solange man es wieder zurück verwandeln kann. Man darf die Wände nicht steichen. Keine Löcher bohren etc. etc. Aber irgendwas wird mir dann schon einfallen und während ich dann hier bin habe ich dann genügend Zeit Deko zu basteln.

Ich muss es positiv sehen und nicht so deprimierend wie dieses Zimmer.

Das wird schon. Ich bin jung und bisher immer gesund gewesen. Ich bin stark genug diesen Krebs zu bekämpfen.

Und sobald ich dann zuhause bin, schaue ich zusammen mit Julia an, wie wir das Zimmer dekorieren werden.

Doch leider schlafe ich noch im Auto auf der Rückfahrt ein und so bleibt es dann auch für die ganze Nacht. Ich kriege nichts mehr mit. Ich schlafe friedlich und teleportiere mich in mein Bett. Und irgendwie konnte ich sogar noch meine Kleidung wechseln. Das konnte ich schon seit jahren nicht mehr während dem Schlaf. Ich kann mich auch nicht mehr ganz erinnern als ich das dass letzte mal konnte. Es ist einfach schon zulange her.

Bei dem Gewissen, dass ich nur noch einen Tag in dieser Woche Schule habe beruhigt mich noch mehr. Der Rest lasse ich einfach auf mich zukommen.

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