Kapitel 28 🎈

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Zu spät. Dieses Gerücht verbreitet sich schneller als die Grippe. Schon nach der vorletzten Stunde wissen es alle. Jeder einzelne in dieser Schule starrt mich mit seinen Augenpaaren an als hätte ich das schlimmste Verbrechen begangen das es jemals gab.

Ich bin alleine. Verloren. Erneut.

Ich weiss noch nicht einmal, was Ben oder Layla dazu denken, denn seither habe ich sie nicht mehr gesprochen. Es fühlt sich an wie in meinen Traum vor ein paar Tagen. Nur mit dem Unterschied das Ben nicht hier ist und Julia stattdessen auf mich zu kommt und nicht weggeht: "Tay! Taylor, wir müssen reden!"

Sie zieht mich auf in das leere Klassenzimmer neben uns. Sie weiss es also auch schon: "Erzähl! Was ist passiert?"

"Ich dachte, ich hätte die Tür abgeschlossen, doch anscheinend war das Schloss kaputt und Nadia hat einfach die Tür im unpassendsten Zeitpunkt aufgerissen. Ich konnte es ihr noch nicht einmal erklären. Jetzt ist alles vorbei."

"Hast du ihr die Wahrheit gesagt?"

Unsicher schüttle ich den Kopf.

"Taylor? Das wäre der richtige Moment gewesen. Es wird echt langsam Zeit, mit der Wahrheit rauszurücken." Sie ist wütend und enttäuscht. Sie hasst mich. Und ich hasse mich dafür. "Es tut mir ja leid, aber..."

"Nein!", unterbricht sie mich: "Es soll dir nicht leidtun. Du musst die Wahrheit sagen!"

"Aber ich kann nicht."

"Willst du denn etwa, dass dich alle für einen Junkie halten?"

Nein. Wer möchte das schon?

"Ich...", ich will gerade wieder einen Versuch starten, als gegen die Gegensprechanlage die Stimme unseres lieben Direktors Kellerman ertönt: "Taylor Claywell bitte im Direktorrat melden!"

Kellerman kennt doch die Wahrheit. Wieso muss ich jetzt trotzdem dort auftauchen? Ist das nur so ein formelles Vorgehen? Er kann mich doch nicht von der Schule werfen, nur weil jemand ein Gerücht in die Welt gesetzt hat?

Ich möchte das aber lieber zuerst mit Julia klären. Die aber nur Anstalten macht, dass ich bessergehen soll: "Geh schon! Wir reden zuhause."

Also gehe ich ins Direktorrat bei dem im Büro von Kellerman er selbst, Laurel und Nadia auf mich warten: "Komm rein und setz dich!", fordert mich Mr. Kellerman auch sofort auf, was ich unsicher befolge.

Kurze Stille.

Ich möchte nicht mit dem Gespräch beginnen. Ich wurde eingeladen. Aber zum Glück übernimmt Kellerman den Anfang: "Also, ich habe gehört das das Gerücht umgeht, Taylor würde Drogen konsumieren. Ich kann mir sowas aber überhaupt nicht vorstellen, deshalb frage ich jetzt euch. Also? Was ist da dran?"

Erneutes Schweigen.

Leicht stupst Laurel Nadia mit ihrem Ellbogen gegen ihren um ihr das Zeichen zu setzen, damit sie anfangen soll: "Au! Hey! Ähm... ja... es ist so, ich habe Taylor erwischt, wie sie sich Pillen Einwurf und konnte das selbst kaum fassen.", übertrieben gespielt fasst sie sich ans Herz: "Anscheinend ist unsere brave gute Tay doch nicht so unscheinbar."

"Und Taylor? Was hast du getan, als dich Nadia gesehen hat?"

Ich fühle mich wie in einem Verhör. Deshalb nehme ich mir vor, so wenig wie nur möglich zu lügen: "Ich habe ihr versucht zu erklären, dass es nur Vitamintabletten sind und ich niemals in meinem Leben Drogen nehmen könnte."

Mr. Kellerman streicht sich durch seinen Bart und beobachtet uns ganz genau: "Vitamintabletten?" Er weiss genauso gut wie ich, dass das nicht stimmt. Dennoch sagt er nichts. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. "Und sie haben das trotzdem überall verbreitet?", meint er wieder gegen die anderen gerichtet.

"Durchsuchen sie doch ihre Tasche oder machen sie einen Drogentest! Ich habe mir das nicht ausgedacht.", zweifelnd versucht Nadia ihren Stolz zu verteidigen. Und jetzt mischt sich auch Laurel mal ein: "Mr. Kellerman. Wir würden sowas doch niemals erfinden. Wir machen uns einfach Sorgen um unsere Schule. Was wirft das für ein Licht auf uns und an die Gesundheit von unseren Mitschülern kaum zu denken. Da konnten wir nicht einfach wegsehen. Da müssen wir handeln."

Dieses Miststück. Die einzige Gesundheit die hier auf dem Spiel steht ist meine. Als soll sie mal ihre Klappe halten und einfach ruhig sein. Am besten für immer.

Und Mr. Kellerman kann mir auch nicht helfen. Er kann nicht allen Schülern das Gedächtnis löschen damit sich niemand daran erinnert. Und Laurel und Nadia dazu bringen jedem zu sagen, dass das falsch ist bringt auch nichts. Das kann gar nichts bringen.

"Wenn ihr das nächste Mal sowas sieht sprecht zuerst mit der Person und kommt dann zu mir. Ich kann das klären. Es bringt nichts, so ein Gerücht in die Welt zu setzen. Ist das klar? Ich möchte sowas nie mehr. Ich bin mir fast sicher, dass Taylor unschuldig ist. Ich möchte, dass ihr das wieder in Ordnung bringt!"

Synchron nicken sie unsicher und ruhig. Ein äusserst seltener Anblick.

Kellerman schickt sie zurück in ihre Klassen und sieht mich nochmals ganz genau an.

"Es tut mir leid. Ich mache immer nur Ärger mit diesen dämlichen Tabletten. Ich wollte nie, dass das alles passiert."

"Hör auf. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Wir wollten das Schloss schon lange Mal ersetzen. Aber ich würde dir Raten, wenn du es unbedingt geheim halten willst, sei vorsichtiger. Oder sag die Wahrheit. All diese Probleme würden einfacher werden, wenn du die Wahrheit sagen würdest."

"Aber es ist so schwer! Stellen sie sich vor, sie haben Krebs und müssen es ihrer Frau und ihren Kindern sagen."

Er nickt Verständnisvoll. Er weiss das es nicht leicht ist oder was die richtigen Worte wären. Werder ein Zeitpunkt der gut passt. Es ist einfach nur scheisse.

"Darf ich vielleicht nach Hause?", frage ich noch zum Schluss, was er mich auch lässt. Ein Glück haben wir an dieser Schule so ein toller Direktor. Er wird mir immer sympathischer.

Ich rufe meinen Dad an der mich abholt. Ich verkrieche mich in mein Bett und schalte traurige Musik ein. Toller Abschluss dieses Tages.

Doch dann klopft es an meiner Tür und durch einen kleinen Spalt gucken Laylas Knopfaugen: "Darf ich reinkommen?"

Langsam setze ich mich auf und sie kommt neben mich: "Mach dir keine Gedanken. Niemand glaubt auch nur ansatzweise, dass dieses Gerücht von Laurel wahr ist. Dafür kennen wir dich zu gut. Sie hat bestimmt nur Angst, du machst Ihr Konkurrenz bei der Wahl am Christmasball." Sie legt mir ihren Arm um meine Schulter und lacht mich aufmunternd an. In ihren Augen wiederspiegelt sich so viel Hoffnung. "Oder gibt es einen Grund, warum sie sowas behaupten?"

Ja. Aber statt zu antworten fliesst mir eine Träne über die Wange gefolgt von zwei weiteren. Sie nimmt mich in den Arm. Das tut so gut. Sie gibt mir Kraft. Sie gibt mir Mut. Deshalb gibt es nur etwas was ich tun kann. Ich sage ihr die Wahrheit: "Layla, ich muss dir etwas sagen..."

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