Kapitel 68 🎈

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Nach einem wunderschönen Nachmittag, und ein paar Turbulenzen, komme ich dann doch noch einmal zuhause an. Meine Mutter steht schon in der Küche um das Abendessen zuzubereiten und Julia hat sich in ihrem Zimmer verschanzt und guckt eine neue Serie oder so was. Ich steure ebenfalls mein Zimmer an, setze mich vor meinen Schminktisch und sehe in den Spiegel. Meine Frisur ist schon ganz zerzaust und mein Make-up war am Morgen auch noch frischer. Und da ich heute das Haus sowieso nicht mehr verlassen muss, nehme ich ein Abschminktuch und entferne alle Produkte aus meinem Gesicht. Auch meine Zöpfe öffne ich und beginne meine Haare zu bürsten. In dieser ruhigen Minute kann ich aber nicht anders als zu singen. Leise Summe ich die Melodie eines Songs aus dem Musical. Bis die Tür langsam aufgeht: „Du kannst also auch noch singen? Was kannst du denn nicht?"

Langsam kommt Jo hinein und lässt sich auch mein Bett fallen. Ich bin überrascht ihn hier zu sehen, nach dem Drama heute: „Du sprichst also doch noch mit mir?"

„Deine Matratze ist nur viel weicher als meine.", spricht er gegen die Decke und wälzt sich noch ein bisschen mehr in meine Bettdecke: „Außerdem wollte ich dich etwas fragen...", er spricht kühl und ohne Emotionen. Ich dafür umso mehr: „Klar. Frag ruhig!"

„Ich kenne immer gern meine Feinde. Wer war der Typ den ich heute kalt gemacht habe?"

„Wirst du mir dann auch verraten, wieso du ihn kalt machen wolltest?", versuche ich zu verhandeln, doch er ist und bleibt kühl: „Mäh, mal sehen. Also?"

Verhandeln bringt also nichts. Bleibt mir also nichts anderes übrig ihn aufzuklären, denn früher oder später wird er es eh wissen: „Sein Name ist Kyle Brewster. Ich weiß nicht viel über ihn, außer dass er ein Idiot ist, aber nicht so ein riesen Idiot, dass er es verdient hätte geschlagen zu werden. Er hat extrem reiche Eltern und man munkelt, dass sein Vater sogar vorhat als Bürgermeister zu kandidieren. Er ist schlecht in der Schule, spielt Football und war einmal vor langer Zeit einmal mit Parker befreundet. Was genau geschah, weiß ich nicht, aber gut geendet hat es definitiv nicht. Mehr gibt es aber auch nicht zu sagen."

Unterdessen hat Jo sich wieder aufgerappelt und sitzt jetzt nur noch auf dem Bettrand: „Zusammengefasst also der Typ, den man sich vorstellt, wenn man an einen typischen High-Schoolschüler in einem Sporttrikot denkt? Mami und Daddy sind bestimmt stolz auf ihn. Lass mich raten, er wurde auch schon Ballkönig?"

„Nicht ganz. Er wurde noch nicht einmal nominiert. Parker und ich haben gewonnen.", erkläre ich ihm. So ein guter Menschenkenner ist er also doch nicht. Denn jetzt ist er verwirrt: „Ich dachte, Parker sei der, der heute mir eine verpasst hat?"

„Ist er auch.", jetzt bin ich auch verwirrt. Auf was will er hinaus?

„Aber ich dachte, du seist mit dem anderen Spast zusammen? So sieht es jedenfalls nach dem Foto im Flur aus.", meint er und spricht dabei das riesen eingerahmte Foto von Ben und mir an, welches am Abend des Christmasballs entstand und meine Mam so schön fand und es aufhing. Ich war nicht einverstanden und wurde auch nicht gefragt. „Parker und ich sind nur Freunde. Ben ist mein Exfreund, verstehen uns aber immer noch sehr gut.", kläre ich ihn über mein Leben auf: „Aber warum bist du denn so an meinem Leben interessiert? Ich dachte, du wärst hier wegen Kyle?"

„Bin ich auch.", er steht wieder auf: „Und du hast mir sehr geholfen.", er hält die Türfalle schon in der Hand und will gehen, da dreht er sich nochmal zu mir um: „Kyle und diese Tusse mit der er unterwegs war hatten Dinge gesagt, die sie lieber nicht gesagt hätten. Auch wenn jetzt alle denken ich sei der Böse, kämpfe ich immer noch für die Gerechtigkeit. Sag es aber keinem! Ich möchte nicht plötzlich als lieb oder nett bezeichnet werden.", erklärt er mir und ohne groß zu überlegen weiß ich, dass er mit der Tusse Laurel meint. Doch eine Frage bleibt noch offen: „Was kann denn so ein schlimmes Gesprächsthema sein, dass man gleich zuschlagen muss?"

Skeptisch antwortet er: „Lästereien über jemand der nicht anwesend war und sicher nicht verdient hat, dass sowas über einen gesagt wird."

„Über mich?", frage ich, denn das ist offensichtlich. Laurel hasste mich schon immer und versucht mich rund um die Uhr fertig zu machen, anscheinend auch wenn ich noch nicht einmal anwesend bin. Als gäbe es nichts wichtigeres. Und außerdem, wer kennt Jo denn noch auf unserer Schule den er nicht sofort abgeschrieben hat. Er sagt zwar immer wieder, dass er nichts mit mir zu tun haben will, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er mir geholfen hat, als ich in das Zimmer hineingeplatzt bin, als ich völlig betrunken war. Das hätte da schon ganz anders auskommen können, noch schlimmer als es ohnehin schon endete. Tief in seinem Innern mag er mich doch. Da bin ich mir schon fast sicher. Und da er auf meine Frage noch keine Antwort gab, frage ich die nächste Frage: „Du würdest es mir doch sagen, wenn sie über mich gesprochen haben?"

Er beginnt blöde zu grinsen: „Ne, ich glaube nicht.", und so verschwindet er wieder aus meinem Zimmer. Jetzt muss auch ich schmunzeln. Er hat sich wegen mir mit Kyle geprügelt. Das sagte ich doch. Er mag mich und das beweist schon, dass er kein schlechter Mensch sein kann. Auch mir wächst er immer mehr ans Herz und solange kennen wir uns noch gar nicht. Lustig eigentlich.

Jetzt bekomme ich endlich die Erfahrung, einen großen Bruder zu haben. Diese Vorstellung ist gar nicht mal so schlecht.

Doch es dauert nicht einmal ganze zwei Sekunden und schon öffnet er meine Tür noch einmal: „Du, nur noch etwas. Sind diese zwei verrückten Mädels mit dem nervigen Kichern Freundinnen von dir?"

„Du meinst wohl Kira und Annabelle?", lache ich.

„Ja, sind die einmal zu oft auf den Kopf gefallen oder was ist mit denen los? Die haben sich brutal aufgedrängt."

„Tut mir leid, aber wenn man sie näher kennt, sind sie wirklich mega lieb.", verteidige ich meine Freundinnen vor ihm. Und so lassen wir auch dieses Thema stehen. Denn jetzt verschwindet er richtig und ich bin wieder allein.

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