Kapitel 12 🎈

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Erst beim klingeln der Schulglocke erwache ich aus meinem Tagtraum. Endlich ist der Unterricht beendet. Eigentlich müsste ich jetzt meine Medikamente nehmen. Was ich aber nicht vor all den Leuten machen kann.

Heimlich verschwinde ich auf die Toilette die zu meinem Glück leer ist. Ich schliesse mich in eine der Kabinen ein und zücke meinen riesen Beutel aus meiner Tasche. Ich suche alle raus, die ich jetzt nehmen muss. Dazu noch meine Wasserflasche. Und schlucke die Tabletten hinunter.

Aber aus irgendeinem Grund bin ich manchmal einfach zu tollpatschig. Wie auch jetzt. Wieso muss das auch ausgerechnet mir passieren?

Mir fliegt eine Tablette runter auf den Boden und rollt weg. Das wars dann wohl. Ich sehe sie nicht mehr. Wie kann sich so was nur einfach in Luft auflösen? Das ist ja wie, wenn das Rückteil des Ohrrings runter fliegt. Das findet man auch nie wieder.

Verdammt. Jetzt muss ich nochmal zu Dr. Carter oder in eine Apotheke.

Doch jetzt schnell. Ich höre Stimmen herein kommen. Ich drücke auf die Spüle und gehe raus, Hände waschen. Als ob alles ganz normal wäre.

Jetzt weiter in meine Englischklasse.

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Ich nehme meinen Platz in der vorderster Reihe ein und lege meine Bücher auf den Tisch. Layla sitzt neben mir und hat ihre Sachen alle schon bereit. Dieses Vorbildhafte getue habe ich ihr gelernt.

"Taylor! Ich brauche deine Hilfe!", wendet sie sich mir zu. Sofort hat sie meine beiden Ohre für sich: "Da du in letzter Zeit nicht so grosse Lust hattest mit mir abzuhängen, hast du sicherlich die Anspannung von Leon nicht mitgekriegt, die er seit ein paar Tage gegenüber mir hat. Was soll das? Wir hängen die ganze Zeit miteinander ab, wieso verhält er sich dann plötzlich anders? Und wenn er sich mal einigermassen normal benimmt, ärgert er mich. Liegt das an mir? Habe ich was falsch gemacht? Dann hätte sich aber Conner doch auch anders verhalten. Hilf mir!"

Ich muss lachen. Wie kann man nur so blind sein. Er hat offensichtlich Gefühle für sie und sie auch für ihn. Warum sieht sie das nicht ein? "Layla, Liebes Dummerchen. Siehst du denn die Wahrheit nicht?"

Verwirrt sieht sie mich an. Sie checkt es wirklich nicht.

"Er mag dich. Es heisst nicht umsonst, was sich liebt, das neckt sich. Und ich weiss ganz genau, dass du ihn auch magst.", erkläre ich ihr, so dass es jeder versteht. Auch die Dümmste Person im Raum. Ihr Blick verändert sich von verwirrt auf schockiert, dann auf ängstlich und dann doch noch zu guter letzt auf glücklich: "Wirklich?"

"Natürlich. Das sieht man auf meilen weite Entfernung. Ich warte schon lange darauf, das ihr etwas macht um eure Beziehung in gang zu bringen."

"Und warum hast du mir dann nichts gesagt?", ihre Mine verändert sich wieder zu Wut. Die glückliche Mine hat mir eindeutig besser gefallen. "Ich mische mich nicht gerne in fremde Beziehungen ein, dass solltet ihr schön selber regeln."

Jetzt wird sie noch wütender: "Aber du bist meine beste Freundin! Es ist deine Aufgabe mich darauf aufmerksam zu machen, Taylor!"

Bevor Layla jetzt noch komplett ausrastet kommt zum Glück Miss Peterson ins Zimmer und begrüsst uns. Schnell flüstere ich noch zu Layla rüber: "Tut mir ja leid, aber du schaffst das auch ohne meine Hilfe. Ich werde nicht ewig an deiner Seite stehen können."

Ihr wütendes Gesicht verschwindet wieder und ein tut-mir-auch-leid-Gesicht kommt zum hervorschein. Geht doch. So kenne ich meine kleine. Leider hat sie keine Ahnung was ich wirklich mit dem gemeint habe.

Sie denkt jetzt wahrscheinlich ans College oder so. Meine arme kleine Layla. Wird von ihrer besten Freundin belogen und das bin ich. Ich liebe sie. Aber ich würde es niemals über mein Herz bringen können, ihr die Wahrheit zu sagen.

Ich sehe ihre Reaktion schon vor mir. Sie wäre zuest schockiert. Dann würde sie es für ein Scherz halten und dann würde sie weinen. Und weiter weinen und nie mehr aufhören.

"Hallo? Miss Claywell? Taylor? Bitte hier her mit den Gedanken!", wie lange war ich weg? Miss Peterson steht vor mir und fuchtelt mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. Ohne die Frage überhaupt zu kennen nicke ich und antworte: "Ja! Diese Theorie ist richtig."

"Meine Frage war, welches Thema du für dein Referat ausgesucht hast.", meint Miss Peterson.

Ups.

"Sorry. Ich... ich... mache es über Leukämie. Zuerst wollte ich es zwar über die Soldaten machen, die im Krieg um unser Land kämpfen, weil mein Vater dort als Arzt arbeitet, habe mich dann aber umentschieden weil es dann doch zu persönlich war. Aber nun ja... Ich mache es über Leukämie!", erkläre ich mit nur kleinen Abschweifungen.

Miss Peterson sieht mich interessiert an: "Und wie bist du auf die Idee gekommen es über Leukämie zu machen?"

Weil ich Leukämie habe antworte ich ihr in meinen Gedanken. Ich brauch aber wieder eine Ausrede: "Ähm... keine Ahnung." Für diese tolle Antwort kann ich mir gleich selbst applaudieren. So kreativ, Taylor, wirklich. Wie ist dir das nur eingefallen?

"Ich habe vor kurzem den Film Until forever gesehen, der mich sehr berührt hat. Vielleicht hat es damit einen Zusammenhang. Dieser Film war so wunderschön und jetzt möchte ich gern ein bisschen mehr darüber erfahren.", das war schon besser. Gut gerettet, Taylor.

Ich klopfe mir selbst innerlich auf die Schulter.

Kann jetzt der nächste über sein Thema reden? Bitte!

Danke. Layla ist jetzt an der Reihe: "Ich werde es über mein Herkunftsland Indien machen. Ich war erst einmal dort in den Ferien und die Kultur ist dort so anders als bei uns. Ausserdem wohnen meine Grosseltern zurzeit bei uns zuhause und ich hatte keine andere Wahl."

Ihre Grossmutter hängt sehr an ihrer Kultur und ihrer Herkunft. Sie war gar nicht damit einverstanden, dass Laylas Eltern hier wohnen und die Kinder hier in Amerika grossziehen wollen. Aber der grösste Grund ist sicher, dass sie hier wahnsinnig weit weg von ihrer Grossmutter sind und sie dadurch nur noch ganz wenig sehen müssen.

Ich kann sie sehr gut verstehen. Layla hat den selben sturen Kopf. Und diese Beiden sind auch ganz alleine daran Schuld, dass ich Bauchtanzen muss. Das musste ich immer schon.

Aber ich werde nicht vor der Klasse tanzen, damit Layla eine bessere Note kriegt. Das mache ich nicht mit. Ich darf sie einfach nicht auf die Idee bringen. Dann müsste alles gut sein.

Auch diese Unterrichtsstunde bringen wir hinter uns und verschwinden wieder raus auf den Gang der schon überströmt von Schülern ist.

Wir kommen nicht weit, denn Annabelle und Kira kommen auf uns zugerannt: "Tay! Lay! Wartet mal, das wird euch interessieren!"

Gespannt bleiben wir stehen und sehen, wie sie auf uns zugerannt kommen. Was gibts denn so wichtiges?

Ausser Atem beginnt Kira zu sprechen: "Ratet mal, wer in der Stadt ist?"

Keine Ahnung. Woher sollte das irgendwer wissen? Solche Fragen sind wieso immer total überflüssig weil die niemand beantworten kann.

Bis Annabelle sie für uns beantwortet: "Parker Davis!"

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