4: Etwas im Wasser

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Es war ein schöner warmer Tag. Die Sonne erhellte das wunderbar blaue Meer der Karibik. Ruhig trafen die Wellen auf die Insel. Sanft wiegten sich die Palmen im Wind. Jack öffnete die Augen. Er hatte lange geschlafen, was er auch wirklich bitternötig gehabt hatte, denn heute würde er mit seiner Crew die Insel, auf der sie gestrandet waren nach etwas Essbarem, Trinkbarem und irgendwelchem menschlichen Leben erkunden. Jack richtete sich im Sand zum Sitzen auf und erhob sich daraufhin. Seine braunen Augen huschten suchend nach seiner Crew über die Insel. Doch er konnte niemanden ausmachen. Wo waren sie? Jack ging auf den sich auf der Insel befindenden Palmenwald zu. Er wirkte so unbekannt und geheimnisvoll. Vielleicht waren sie alle dort.

"Hallo?", rief er. "Hallo?!" Doch Jack erhielt keine Antwort. "Gibbs? Will? Elizabeth?"
Wieder keine Antwort. "Marty? Cotton?" Doch wieder blieb alles still. Das einzige, was man hörte, war das Rauschen des Meeres, die auf den Strand treffenden Wellen und Vogelzwitschern aus dem Wald.

Jack drehte den Palmen den Rücken zu und machte sich auf den Weg zurück zum Strand. Seine Crew würde wohl schon früher oder später auftauchen. Da war er sich sicher. Ohne ihn waren sie ja schließlich so gut wie verloren. Schließlich war die Black Pearl SEIN Schiff. Sie hatten keine andere Chance von der Insel zu entkommen. Er ließ seinen Blick über das Meer schweifen. Gerade spülte eine Welle etwas an. Abrupt blieb Jack stehen und riss die Augen auf. Was war das? Er verformte die Augen zu Schlitzen und versuchte etwas zu erkennen - vergeblich.

Also beschloss er nachzusehen, was es war. Er rannte, soweit das in diesem Sand möglich war, auf dieses angeschwemmte Etwas zu. Als er nur noch wenige Meter entfernt war, erkannte Jack, was es war. Es war eine junge Frau. Sie trug eine beige Stoffhose, braune Lederstiefel, ein weißes Hemd, das, wie auch bei Jack, mit einem beigen Tuch und einem Waffengürtel an der Taille umbunden war, und eine braune Weste. In dem beigen Tuch steckte ein zusammengefalteter Hut und am Waffengürtel waren eine Schwertscheide samt Schwert, ein Messer und ein Kompass befestigt. Sie hatte ein hübsches Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen und ihre dunklen Wimpern warfen einen geheimnisvollen Schatten auf ihre Wangen. Ihre langen, braunen, gelockten Haare fielen leblos auf den Sand. Sie war völlig durchnässt. Logisch! Sie kam ja aus dem Meer.

Jack fiel neben ihr auf die Knie. Lebte sie noch? War sie noch zu retten? Er zögerte noch kurz, dann beugte er sich über sie und presste seinen Mund auf ihren leicht geöffneten. Mit den Händen drückte er auf ihre Lunge.

Er hörte erst mit der Mund-zu-Mund-Beatmung auf, als er spürte, dass sich der Brustkorb unter ihm nun wieder von allein auf- und ab bewegte. Er setzte sich auf.

Ich hustete und spuckte Wasser, das sich in meiner Lunge befunden hatte. Ich bemerkte, dass ich lag, setzte mich also auf und öffnete meine Augen. Ich sah mich um. Ich war auf einer Insel. Ich war gerettet! Doch was war aus Vater, Hendric und den anderen geworden? Dann entdeckte ich den Mann, der neben mir saß und traute meinen Augen kaum. Es war Jack Sparrow! Ich erkannte ihn. Die Beschreibungen Sparrows von meinem Vater und Hendric passten ganz genau zu ihm. Und außerdem hatte ich ihn auf einem der vielen Fahndungsaushängen in Port Royal gesehen. Ich hatte es hier also mit einem gefährlichen Mörder zu tun. Erschrocken wich ich zurück und versuchte aufzustehen, doch meine Beine gaben sofort wieder nach und ich sackte im Sand zusammen. Sparrow starrte mir in die knallblauen Augen.

"Wer seid Ihr?", fragte er.

"Vielleicht werde ich das später mal erwähnen, aber ich weiß, wer Ihr seid."

"So?", meinte Sparrow und grinste doof.

"Na klar! Ihr seid Jack Sparrow. Mein Vater hat mir von Euch erzählt", sagte ich, vielleicht etwas zu vorlaut.

"Captain! Es heißt CAPTAIN Jack Sparrow! Merkt euch das, Madame!", mahnte er mich.

"Vergesst es! Ich habe keinen Respekt vor Euch. Den müsst Ihr Euch erst einmal verschaffen", sagte ich leichtsinnig und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Nicht klug, Mädchen. Überhaupt nicht klug. Das merk ich mir", bemerkte Sparrow.

"Wenn Ihr meint..."

"Ihr seid ganz schön frech dafür, dass ich gerade eben Euer Leben gerettet habe", stellte er fest. "Ein Dank wäre angebracht. Immerhin hätte ich Euch genauso gut sterben lassen können."

Verdammt. Er hatte Recht. Wahrscheinlich stand ich jetzt auch noch in seiner Schuld. Da hatte ich mich ja mal wieder großartig in etwas hineinmanövriert.

"Wenn Ihr dazu nichts zu sagen habt, stelle ich Euch eine Frage: Wer seid Ihr? Und wer ist Euer Vater, dass er über mich redet? Und was redet er über mich?", fragte er dann und klang irgendwie neugierig.

Ich sollte ihm zu seiner letzten Frage die Wahrheit sagen, um ihm zu zeigen, dass ich über ihn Bescheid wusste. Also ignorierte ich die ersten beiden Fragen. "Ihr seid der schlimmste Pirat, dem er je begegnet ist! Er sagt, Ihr seid blutrünstig und mordlustig. Ach, und nicht zu vergessen: RUM-AB-HÄNGIG!" Das letzte Wort betonte ich besonders stark, denn er hatte eine starke Rumfahne.

Sparrow lachte bloß. "Und sowas glaubt Ihr, ja? Wenn das so ist, Schätzchen, kennt Euer Vater mich zu schlecht. Und wenn Ihr ihm glaubt, scheint Ihr ziemlich naiv zu sein."

"Entschuldigt mal!", sagte ich empört. "Naiv? Ihr kennt mich doch gar nicht."

"Ach, aber Ihr kennt mich so gut, dass Ihr aus Erzählungen Eures Vaters über mich urteilt?" Mit gerunzelter Stirn sah er mich vorwurfsvoll an.

Ich schwieg. Dieser Mann war wirklich schlagfertig. Und ich konnte nicht verleugnen, dass er damit Recht hatte.

 "Also. Wer ist er? Und wer seid Ihr?"

Ich seufzte kurz. "Ich sagte doch schon, dass ich das vielleicht später mal erwähnen werde!", antwortete ich dann entschieden.

Sparrow kratzte sich kurz am Kopf und atmete hörbar ein. "Euch muss kalt sein", sagte er dann und holte seinen Mantel, der etwas weiter entfernt lag.

Ich nickte, woraufhin Sparrow mir seinen Mantel um die Schultern legte. "Danke", sagte ich leise und vorsichtig.

Und ich musste ganz ehrlich zugeben, dass ich ziemlich überrascht war. So etwas hatte ich ihm nicht zugetraut. Nicht nach alldem, was ich von ihm gehört hatte. Vielleicht stimmte ja wirklich nicht alles von dem, was mir erzählt wurde. Vielleicht hatte ich wirklich zu früh geurteilt.

"So schlimm kann ich doch gar nicht sein, oder?", meinte Sparrow grinsend, als hätte er meine Gedanken gelesen, und deutete auf seinen Mantel.

Ich verkniff mir ein Grinsen, was sehr schwierig war. Schließlich gab ich es auf und lächelte ein wenig.

"Habt Ihr Lust, mich gleich zu begleiten? Ich möchte die Insel erkunden. Über Nacht ist irgendwie meine Crew verschollen. Die können wir dann auch suchen. Immerhin kann ich mein Schiff nicht allein von der Insel befreien."

"Ihr seid aufgelaufen?"

"Aye", antwortete Jack bloß; er schien nicht wirklich darüber reden zu wollen. "Und? Kommt Ihr mit?"

"Natürlich! Denkt Ihr etwa, ich bleibe hier allein?! Wir brechen auf, wenn ich wieder trocken bin", bestimmte ich und nickte.

"Sehr gut", meinte Jack. "Sagt mal... stammt Ihr eigentlich aus einer Piratenfamilie? Ich meine... Ihr seht aus wie eine Piratin."

"Ja, mein Vater ist Pirat", ich brach ab - der Gedanke an meinen Vater tat weh. "...und ähm... unser Schiff ist untergegangen und ich mit ihm. Also wurde ich wohl scheinbar angespült."

"Verstehe", sagte Jack ruhig und nickte langsam.

Irgendwie war er echt nicht schlimm. Ja, sogar in gewisser Weise nett und hilfsbereit - jedenfalls meinem ersten Eindruck nach zu urteilen. Warum hatte Vater gemeint, ich sollte mich vor ihm hüten? Er entsprach wirklich nicht seinen Beschreibungen und Erzählungen.

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt