7: Traum

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"Jessie?"

"Nein."

"Was hältst du von aufstehen?"

"Nichts."

"Na, du sprühst ja geradezu vor Tatendrang, Liebes."

"Lass mich schlafen. Du kannst ja aufstehen."

"Das geht schlecht, wenn du auf mir liegst."

"Hm."

"Du hast eindeutig zu viel Rum getrunken."

"Gar nicht."

"Doch. Du warst betrunken. Und jetzt hast du einen Kater."

"War ich nicht und hab ich nicht!"

Das war zu viel. Da behauptete er einfach, ich wäre betrunken gewesen und hätte einen Kater. Von wegen! Ich und betrunken? Ich und einen Kater haben? Was denkt der sich eigentlich? Ich hatte es doch noch nie übertrieben und mit Sicherheit hatte ich das auch letzte Nacht nicht getan. Oder? Ich war mir sicher, dass ich ganz bestimmt schon einmal mehr getrunken hatte, als gestern.

"Hast du wohl", beharrte Jack.

"Nein!", murrte ich.

"Dann beweis mir das Gegenteil, Liebes."

Ich öffnete die Augen und das helle Sonnenlicht empfing mich. "Uäh", machte ich und vergrub den Kopf an Jacks Schulter.

"Na, das nennst du keinen Kater haben?"

"Allerdings", konterte ich, stand mühevoll auf und torkelte ein wenig, während ich durch den Sand lief. 

Jack grinste. "Ich überleg mir mal, wie wir meine Crew retten können. Du kannst dich ausruhen."

Ich torkelte auf das Meer zu und kniete mich davor. Letzte Nacht hatte ich da drin noch mit Jack gelacht. Und heute ging es mir zugegebenermaßen doch echt mies. Ich hatte pochende Kopfschmerzen und mir war sogar ein wenig übel. Jack hatte wohl doch Recht damit, dass ich einen Kater hatte. Aber ich wollte es unter keinen Umständen zugeben. Verdammt, war das alles peinlich. Er schien ja gar keine Nachwirkungen des Rums zu spüren. Ich tauchte meine Hände zu einer Schale geformt ins Wasser und schlug es mir ins Gesicht. Das tat gut und war sogar richtig erlösend. Es machte mich viel wacher und lebendiger als vorher. Sehr gut.

Gestern ungefähr um diese Zeit hatte Jack mich gefunden. Und mir das Leben gerettet. Mein Jack. Ich sah mich um. Jack saß hinter mir im Schneidersitz im Sand, hielt eine Flasche Rum in der Hand und zeichnete mit einem Stock verschiedene Dinge in den Sand. Komisch, dass es ihm gut ging. Wahrscheinlich, weil sein Körper Alkoholkonsum schon mehr als gewohnt war. Ich rümpfte die Nase. Mal war sowas ja in Ordnung, aber doch nicht in einem solchen Übermaß, dass man ihn über fünfzig Seemeilen riechen konnte! Na gut, das war schon übertrieben dargestellt, aber so ähnlich war es schon irgendwie.

Ich kroch die paar Meter zu Jack zurück und sah den Rum angewidert an. "Du bist schon wieder am Trinken?"

"Das ist kein Trinken, das ist Kreativitätsförderung", rechtfertigte sich Jack grinsend.

"Ah ja", machte ich. "Ich kann das Zeug im Moment nicht sehen."

Jacks Grinsen wurde breiter. Er wusste jetzt wohl, dass er Recht hatte. Ich allerdings warf einen Blick auf seine Zeichnungen im Sand, erkannte jedoch nichts weiter als Striche und Punkte und hob die Augenbrauen.

Jack musterte mich. "Ist noch nicht ganz ausgereift."

"Dann lass dir mal was einfallen, Captain", meinte ich. "Du hast doch da deine sogenannte Kreativitätsförderung. Viel scheint das ja nicht zu bringen."

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt