Jack stand am Steuerrad und dachte über das Geschehene nach. Er hatte Angelica doch nur geküsst, weil sie es als Gegenleistung für die Übersetzung von ihm verlangt hatte. Na gut, er musste zugeben, dass es doch etwas außer Kontrolle geraten war - es war sogar etwas SEHR außer Kontrolle geraten. Jack konnte sich selbst nicht erklären, was er sich dabei gedacht hatte. Aber Fakt war, dass Jessie ihn wohl scheinbar dabei gesehen hatte und er konnte nur hoffen, dass sie nicht alles gesehen hatte. Sie verzieh ihm nicht. Sie war sauer auf ihn. Sie hatte sich von ihm getrennt. Jack dachte zwar schon darüber nach, diese Situation auszunutzen, um seinen Ruf wiederherzustellen, was natürlich ein sehr verlockender Gedanke war, aber er wollte es nicht tun. Es war komisch, denn Jessie bedeutete ihm ausnahmsweise und blöderweise mal etwas - Angelica mal ausgenommen. Er konnte nicht zugeben, dass er sie liebte, dafür war er zu stolz, aber er wusste, dass es in der Tat so war und er wusste auch, dass er das nicht ändern konnte, auch wenn er es wollte.
Am Anfang war es zwar wirklich so gewesen, dass er nur seinen Spaß und mit ihr hatte schlafen wollen, aber sie hatte irgendetwas mit ihm angestellt, dass seine Verführungsversuche völlig in die falsche Richtung gegangen waren. Um es also ganz knapp zusammenzufassen, hatte er Jessie ursprünglich tatsächlich nur gewollt, um seinen Bedürfnis nachzukommen. Jedoch hatte sie diese Pläne mit ihrer eigenartigen, allerdings auch bezaubernden Art ordentlich über den Haufen geworfen.
Er musste ihr zeigen, dass die Sache mit Angelica ein Ausrutscher gewesen war und dass er eigentlich nur sie, Jessie, wollte. Und es gab eine Möglichkeit. Jack wusste natürlich, dass sie an vielen kleinen, verlassenen Inseln auf dem Weg zurück in die Karibik vorbeikommen würden. Auf einer von ihnen könnte er Angelica aussetzen. Aye, das würde er tun. Dann konnte Jessie sehen, dass Angelica ihm nichts mehr bedeutete und dass es ihm wirklich ernst war mit ihr. Zwar schuldete er Angelica dann immer noch einen Teil des Schatzes, aber Jessie war ihm wichtiger, als irgendwelche Schulden und eine eingeschnappte Angelica.
Und wenn er es richtig verstanden hatte, liebte sie ihn immer noch, obwohl er es verbockt hatte. Allerdings war sie enttäuscht von ihm. Und das konnte er ihr wirklich nicht verübeln. Denn er wusste, dass er sie sehr verletzt hatte. Aber jetzt hatte er den Salat, denn jetzt wollte Jessie zurück zu Til, ihrem Vater, und der würde sich bestimmt SEHR freuen. Seine Tochter - lang vermisst - würde ihm gebracht werden und zwar von niemand anderem als Captain Jack Sparrow - dem 'Mörder' (wie man's nimmt) seiner Frau und 'Herzensbrecher' (wie Jessie es ausdrückte) seiner Tochter. Heiliges Kanonenrohr.
Jack ließ seinen Blick nun hinauf zum Krähennest schweifen. Dort saß Jessie nun. Das wusste er. Konnte sie ihm verzeihen? Und wenn, wann würde es soweit sein? Wenn sie sah, dass Angelica weg war? Wenn er sie zu ihrem Vater bringen würde? Wenn er weg war? Gar nicht? Sie hatte klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie ihn nicht mehr sehen wollte und von Männern generell die Nase voll hatte. Er würde sich wohl echt bemühen müssen, damit sie ihm verzieh. Denn er wollte, dass sie ihm verzeihen könnte. Er wollte nicht, dass sie weg gehen würde. Er wollte nicht, dass sie ihm fehlen würde. Er wollte ihr in die tiefen, meeresblauen Augen blicken, die ihn anstrahlten, wenn er sie ansah. Er wollte sie singen hören. Und er wollte ihre lustige, süße Art. Jack schüttelte schnell den Kopf und fragte sich, wie viel Rum er heute schon getrunken hatte, um so intensiv und verliebt denken zu können.
Er beschloss, sein Fernrohr hervor zu holen und suchte daraufhin den Horizont ab. Mit einem Schimmer von Hoffnung stellte er beruhigt fest, dass eine Gruppe von Inseln vor ihnen auftauchte. Perfekt. Jack steckte das Fernrohr wieder weg und starrte wieder das Krähennest an. Dort erkannte er einen Schopf brauner Haare, der auf- und ab zuckte - ja förmlich zitterte. Bestimmt weinte Jessie. Als sie vorhin bei ihm gewesen war, hatte sie richtig verheulte Augen gehabt. Rot und geschwollen - und die Tränenspuren auf ihren Wangen nicht zu vergessen. Ihr ganzes Gesicht war gerötet gewesen. Wahrscheinlich hatte sie die ganze Nacht leise durchgewimmert, ohne dass er etwas davon mitbekommen hatte. Während er sich gestern mit Angelica vergnügt hatte, hatte sie sich die Augen ausgeheult. Es tat ihm Leid, das musste er einfach zugeben. Er hatte ihr sehr weh getan, sie tief verletzt und er wollte es wiedergutmachen. Und er wollte, dass sie ihm verzieh. Er mochte sie. Sehr. Sie war ihm wichtig. Sehr. Und er wollte sie. Das wusste er. Keine andere, außer ihr. Da war er sich sicher.
Jack blickte geradeaus gen Horizont. Die Inselgruppe war tatsächlich näher gekommen. Gleich würde er Angelica holen und sie aussetzen und dann würde Jessie ihm hoffentlich verzeihen. Und wenn nicht, hatte er immer noch genug Zeit, bis sie ihren Vater erreichen würden. Er war kreativ und intelligent und ihm würde sicher etwas einfallen. Und außerdem gab er sowie so nicht schnell auf - im Gegenteil, er wäre der letzte, der aufgeben würde. Vor allem dann nicht, wenn es sich zu kämpfen lohnte. Und all dieses Chaos nur wegen eines Piratenmädchens, das es ihm einfach und unerklärlicherweise angetan hatte.
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Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)
Fanfiction»Wer seid Ihr?« - »Vielleicht werde ich das später mal erwähnen, aber ich weiß, wer Ihr seid.« Captain Jack Sparrow ist mal wieder auf Schatzsuche. Jedoch auf Umwegen. Denn die Black Pearl strandet auf einer Insel. Doch die Piraten bleiben nicht lan...