48: Gefangen bei Captain Bones

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Jack lag in einer kalten, nassen Zelle der Great Maid und war gerade langsam aber sicher dabei aufzuwachen. Er hatte sich eng in sein Hemd geschlungen. Er hatte einfach nichts anderes, das ihn wärmen konnte, und hier unten in der Zelle war es, wie bereits erwähnt, ziemlich kalt. Heute war für ihn der siebte Tag an Bord mit Captain Bones. Und es gefiel Jack ganz und gar nicht. Jeder Tag verlief gleich mies. Morgens wurde er aus seiner Zelle geholt, bekam eine trockene Scheibe Brot und einen Krug Wasser und durfte sich nützlich machen, sprich: das Deck schrubben, Fenster putzen, Segel flicken und was sonst noch alles nötig war. Ein Mittagessen bekam er nicht. Nachmittags durfte er sich ein paar Minuten ausruhen - wie großzügig! -, dann musste er mit seiner Arbeit fortfahren. Abends durfte er mit Til und seiner Crew im Speiseraum zu Abend essen und das, fand Jack, war das Beste an seinem Schicksal hier zu sein. Es gab immer etwas warmes und überaus leckeres zu Essen und Jack durfte sich sogar einmal nachnehmen! Doch die Zeit nach dem Abendessen hasste er am meisten, denn da kam dieser aggressive Kerl namens Murt, brachte ihn in seine Zelle und brandmarkte ihn. Und zwar wortwörtlich. Immer an derselben Stelle - oder ungefähr derselben Stelle. Jack fragte sich sogar schon, ob Til überhaupt davon wusste, da dieser nie dabei war. Denn er bezweifelte nicht, dass selbst er irgendwann so etwas wie Mitleid für ihn empfinden könnte. Denn Jacks Meinung nach, war er schon genug von Til bestraft worden. Und wer weiß, vielleicht hatte er seine Taten mittlerweile überdacht. Immerhin hatte Jessie ihm erzählt, dass sie versucht hatte an Tils Gutherzigkeit zu appellieren, bevor sie ihn für Jack verlassen hatte.

Und da war sie wieder. Zurück in seinem Kopf. Jessie. Und irgendwie wunderte es ihn, dass er sie tatsächlich vermisste. Jack hatte sogar schon von ihr geträumt. Und er musste feststellen, dass sie ihm leider Gottes wirklich sehr fehlte. Er mochte dieses Gefühl ganz und gar nicht. Liebe - schön und gut, damit konnte er sich mittlerweile abfinden. Aber dieses... Vermissen. Das war wirklich ätzend. Und anstrengend. Und irgendwie... schmerzvoll. Jack wollte nichts lieber, als Jessie bei sich zu haben, auch wenn sie sich auf der verlassenen Insel gegenseitig ein wenig auf den Keks gegangen waren. Aber er hatte sich so sehr an ihre Anwesenheit gewöhnt und diese auch lieben und schätzen gelernt, dass er einfach nicht wollte, dass sie nicht in seiner Nähe war.

Schritte hallten durch den Flur und Murt blieb vor Jacks Zelle stehen, was diesen allerdings vollkommen kalt ließ. Er hatte keine Lust mehr hier zu sein. Er wollte weg. Er wollte zu Jessie.

Murt schob den Schlüssel nun in das Loch und öffnete die Tür. "Aufstehen, Sparrow!", rief er. "Faul sein kannst du, wenn du tot bist!"

"Aye, Sir!", parierte Jack wie aus einem Reflex heraus und fuhr hoch. "Äh... was?!", meinte er dann verwirrt.

"Aufstehen! Die Arbeit wartet nicht länger", wiederholte Murt gereizt.

"Ach, die Arbeit kann ruhig schon mal vorgehen. Ohne mich ist sie sowie so besser dran-"

"Keine dummen Späße, Sparrow!", mahnte Murt grummelig und zog ihn am Arm hoch und auf die Beine. "Und keine Widerrede. Folg mir!"

Genervt murmelnd folgte Jack Murt hinaus und aufs Deck. Heute war er mit Kajüten putzen dran, hatte Murt ihm unterwegs erzählt. Also wurde er in Til Bones' Kajüte geführt. Dort lag auf der Koje eine Schürze aus alten, dreckigen Leinen. Murt drückte ihm einen Wischmopp und einen Eimer Putzwasser in die Hand und ließ ihn allein.

Jack sah sich um. So sah also Tils Kapitänskajüte aus. Der riesige Schreibtisch ähnelte dem seinen auf der Black Pearl gewaltig und Jack bemerkte, dass er noch etwas anderes neben Jessie vermisste: seine geliebte Pearl. Und er sehnte sich schon fast nach ihr. Nach seinem Schiff und nach Jessie. Jack schüttelte den Kopf. Er brauchte dringend Rum oder irgendeine andere  Ablenkung. Er zeigte schon Entzugserscheinungen.

Er schnappte sich also die Schürze, band sie sich um und tauchte den Wischmopp in den Eimer. Er begann brav über den Boden zu schrubben. Doch es war ziemlich langweilig. Er konnte froh sein, überhaupt etwas tun zu können, was ihn von seinen Gedanken weg führte, aber es war einfach langweilig! Sollte er sich die Zeit vielleicht mit singen vertreiben? So wie Jessie es garantiert tun würde? Einfach singen? Er konnte auf jeden Fall ausprobieren, wie es war. Jack ging auf die Tür zu, zog sie langsam auf und blinzelte hinaus auf den Flur. Keine Menschenseele. Na gut, wenn ihn keiner hörte, und er sich so besser die Zeit vertreiben konnte... warum eigentlich nicht, aye?!

"Und ich putz, putz, putz, denn überall seh ich nur Schmutz, Schmutz, Schmutz. Oben, unten, rund herum-rum-rum, dieser Dreck bringt mich noch um. Dum di dum", sang er dann einfach drauf los. "Heute putz ich wie bekloppt, lala-lala-la. Jede Ecke wird gemoppt, lala-lala-la. Heute putz ich wie bekloppt, lala-lala-la. Jede Ecke wird gemoppt, lala-lala-"

"Was ist das denn hier für ein Radau?!"

Jack weitete erschrocken die Augen und wirbelte herum. "-la!", endete er schnell und peinlich berührt sein Liedchen. "Hoppla."

"Man hört dich bis in die Kerker, Sparrow. Der Captain eines vorbeifahrenden Handelsschiffes hat uns gefragt, ob wir noch alle Tassen im Schrank hätten", erklärte Til, wirkte aber sogar minimal belustigt.

"Nun, die haben wohl nicht viel Ahnung von Gesang und Putzen", stellte Jack fest.

Und zu Jacks großer, wirklich ziemlich großer Überraschung brach Til in lautes Gelächter aus. Til Bones lachte. In seiner Anwesenheit. Über etwas, das er gesagt hatte. Jack konnte das alles gerade nicht glauben. Passierte das hier wirklich? Aber ja, Til lachte. Und sein Lachen erinnerte Jack stark an Jessie. Und er musste sogleich auch ein bisschen lachen, denn Jessies sowie eben auch Tils Lache war sehr mitreißend. Und nun standen sich also die beiden ärgsten Feinde gegenüber und lachten.

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Lied: Putzlied (hab ich mal irgendwann auf YouTube ausgegraben ^^)

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt