11: Tanzen im Mondlicht

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Ich seufzte verträumt, als der letzte Sonnenstrahl am Horizont verschwand, woraufhin Jack mich angrinste. Ich liebte sein Grinsen. Es war so schön frech und piratig.

"Feiern, Liebes", sagte er, nahm mich bei der Hand und ging mit mir zu den anderen.

Seine Hand war warm und irgendwie weich und ich fragte mich, warum er als Pirat weiche Hände haben konnte? Wie konnte das möglich sein? Auf jeden Fall war es ziemlich angenehm. Umso mehr bedauerte ich es auch, dass er meine Hand leider wieder los ließ, als wir bei den anderen waren.

"Ich muss mich bei euch allen bedanken. Ohne euch würde die Pearl immer noch auf der feststecken. Holt den Rum, wir haben etwas zu feiern!", verkündete er.

Gibbs und ein paar andere gingen unter Deck, kamen wenig später mit Rumflaschen und etwas zu Essen wieder und stellten es auf herumstehenden Kisten ab. Sofort bedienten sich alle. Piratenfete eben. Auch ich trank Rum. Vielleicht ein bisschen zu viel...

Jedenfalls waren wenig später fast alle betrunken oder zumindest recht gut dabei, tanzten und sangen laut aus vollem Hals: "Yo-ho, yo-ho, Piraten haben's gut! Wir plündern und rauben und stehlen, trinkt aus, Piraten, yo-ho! Entführen, zerstören ohne Problem, trinkt aus, Piraten, yo-ho! Yo-ho, yo-ho, Piraten haben's gut. Wir sacken kräftig Schätze ein, trinkt aus, Piraten, yo-ho! Betrügen und legen jeden herein, trinkt aus, Piraten, yo-ho! Yo-ho, yo-ho, Piraten haben's gut!"

Auch ich sang mit. Ich kannte das Lied. Mein Vater und Hendric hatten es mir manchmal vorgesungen, wenn ich schlafen sollte. Allerdings konnte ich jetzt nicht mehr viel denken, denn es waren bestimmt schon einige meiner grauen Zellen durch den Rum verpufft. Also hakte ich mich ohne darüber nachzudenken bei Jack ein und wir drehten uns lachend und singend im Kreis.

"Es lebe der Rum!", rief Jack lautstark über das ganze Schiff und an seiner Stimme erkannte man, dass er nicht nur eine Flasche getrunken hatte. Dieser Säufer.

"Jack", sagte Elizabeth, von der ich erfahren hatte, dass sie Rum für ein abscheuliches Gebräu hielt, aber heute wohl dennoch eine Kleinigkeit getrunken hatte, und kam mit Will auf uns zu. "Wir gehen schlafen, aye?!"

"Wunderschöne Träume wünsche ich, Lizzy!", sagte Jack und Elizabeth und Will gingen davon, während Will uns ein 'Gute Nacht' zu rief.

Nach und nach verließen viele aus der Crew das Deck und gingen ebenfalls schlafen. Sobald Jack und ich schließlich allein waren - abgesehen von Gibbs, der betrunken und schlafend auf dem Boden lag - brachen die Wolken auf und der Mond erschien. Das hatte einen ziemlich mystischen Effekt, wie ich fand. Und es war ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt geschehen. Seltsam. Außerordentlich seltsam.

"Sieh mal", sagte ich und deutete gen Himmel.

Jack blickte ebenfalls hinauf. "Es ist wunderschön, stimmt's?", flüsterte ich.

Jack grinste bloß und sein Anblick machte mich ziemlich nervös. Ich schmolz fast. Es sah einfach unglaublich magisch aus, wie der Mond sich in seinen Augen widerspiegelte.

Ich lächelte. "Ich würde ihm so gerne näher sein..."

"Mir?"

Ich lachte unnötig verrückt. "Dem Mond, Jackie."

"Das kannst du haben, Liebes", sagte Jack, hob mich hoch und ging mit mir zum Achterdeck, wo wir natürlich höher standen und dem Mond somit tatsächlich etwa ein bis zwei Meter näher waren.

"Lass mich runter!", protestierte ich, obwohl ich es wirklich mochte von ihm getragen zu werden. Doch zu meinem Bedauern gehorchte er. Hätte ich mal lieber nichts gesagt.

Gleichgültig nahm ich nun noch einen Schluck aus meiner Rumflasche und ließ sie dann einfach zu Boden fallen. Und von da an war ich wirklich weg. Naja, was hieß 'weg'? Mein Körper war da, aber mein Verstand war flöten gegangen. Irgendwie spürte ich auch nichts mehr. Ich war einfach nur da.

"Die Königin wurde vom König entführt", begann ich dann leise zu singen und wusste echt nicht warum.

"Am Ende siegte er", sang Jack mit seiner schönen dunklen Stimme, der man jedoch anmerkte, dass er einiges an Rum intus hatte.

"Es ist vollbracht er hat die Macht. Uns gehört das Meer", sang Jessie.

"Du hast eine wundervolle Singstimme, Liebes", lobte Jack sie.

Jessie kicherte. "Danke."

Zusammen sangen sie: "Yo-ho, zu-Gleich!"

"Hisst die Flagge zeigt sie." Das war wieder Jessie allein.

"Soll'n sie uns verdammen!", sang Jack.

"Doch wir sterben nie! Yo-ho steht zusammen." Das sangen sie zusammen.

"Hisst die Flagge zeigt sie." Das war Jack.

"Soll'n sie uns verdammen!"

Und wieder beide zusammen: "Doch wir sterben nie!"

Darauf folgte ein irres Kichern von Jessie.

Dann starrten die beiden bloß stumm geradeaus auf das dunkle Meer hinaus, in welchem sich der Mond widerspiegelte. Es wurden sogar ein paar klitzekleine Wellen vom sanften Wind aufgewühlt und brachen leise am Bauch des Schiffes. Und ganz langsam drückte Jack Jessie währenddessen immer weiter in Richtung Reling des Achterdecks.

"Captain, was tut Ihr? Wollt Ihr mich etwa loswerden?", fragte Jessie mit einem irren betrunkenen Kichern.

"Wie könnte ich es wagen, Liebes?", antwortete Jack.

Er legte nun seine Hände auf ihren Rücken, lächelte - oder war es ein Grinsen? - zuckersüß auf Jessie herunter und schritt langsam mit ihr, sie voran, auf den Rand des Schiffes zu.

"Was wird das?", fragte Jessie, lächelte aber, als wenn sie etwas ahnen würde. "Jack", hauchte sie dann sanft und sog scharf die kühle Nachtluft ein.

Jack erreichte nun die Reling und drückte Jessie dagegen. Dann nahm er eine Hand von ihrem Rücken und legte sie unterhalb ihres Ohres an ihren Hals. Mit dem Daumen streichelte er sanft über ihre Wange. Und Jack kam ihr immer näher. Jessie lehnte sich soweit wie möglich über die Reling zurück und starrte Jack einfach nur an. Er beugte sich über sie. Seine mit Perlen bestückten Dreadlocks fielen nach vorn und baumelten in der Luft. Jessie schlang ihre Arme um Jacks Hals und drückte ihn so noch näher an sich. Stumm und immer noch grinsend blickten sich die beiden in die Augen. Dann kam Jack noch ein Stück näher und berührte mit seiner Nasenspitze die von Jessie. Jessie schloss die Augen. Jack ebenfalls. Dann drückte er seine Lippen auf ihre und recht betrunken, wie sie beide waren, fiel auch der Kuss aus.

Irgendwann einmal ließen sie voneinander ab und Jack zog Jessie nach oben, da sie immer noch über die Reling gelehnt war. Jessie tat nichts anderes mehr, als irre zu kichern und tanzte an Jacks Hand wild umher, anscheinend, ohne etwas davon mitzubekommen.

"Liebes? Sollen wir schlafen gehen?"

Augenblicklich hörte Jessie auf zu tanzen und spürte plötzlich die Müdigkeit durch ihren Körper kriechen. "Ja, sinnvolle Idee, Jack", gähnte sie und legte ihre Arme um seine Schultern.

Jack hob sie hoch und trug sie unter Deck. Praktischerweise war seine Koje groß genug, denn im Schlafraum war keine andere mehr frei und in seine Kajüte wollte Jack nicht, da er gerne ein Auge auf seine Crew werfen wollte - sie könnten ja womöglich auf die Idee kommen zu meutern und auf Meuterei wusste Jack herzlich zu verzichten. Jessie wollte, betrunken wie sie war - natürlich bei Jack bleiben, also legte er sie vorsichtig in der Koje ab und legte sich neben sie. Er warf eine Wolldecke über sie und sich und löschte die Kerze, die den Raum erhellte.

"Gute Nacht", murmelte Jessie noch, kuschelte sich an Jack und schlief ein.

"Träum schön, Liebes", flüsterte Jack zurück, legte seinen Arm um Jessie und schlief ebenfalls bald ein.

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt