73: Wunden

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Jack trug Jessie die hölzernen, knarrenden Stufen des Schiffwracks empor. Vor ihnen liefen Gibbs und Angelica, die die Schatztruhe trugen. Jack achtete darauf, dass Jessie sicher in seinen Armen lag. Oben angekommen gingen die vier auf die Reling zu. Gibbs und Angelica ließen die Schatztruhe über die Reling fallen. Sie landete unten und die anderen Piraten scharten sich darum. Angelica kletterte an dem Seil herunter und landete sicher auf dem steinernen Boden der Höhle.

"Gibbs, hältst du sie kurz?", sagte Jack und übergab Gibbs Jessie, die das Bewusstsein verloren hatte.

"Natürlich", antwortete er und hielt Jessie nun in seinen Armen.

Jack kletterte nun ebenfalls an dem Seil herunter und landete unten. Dann sah er herauf zum Schiff.

"Gibbs, lass sie nun ganz vorsichtig fallen, verstanden?!"

"Aye, Captain!" Gibbs hob Jessie vorsichtig über die Reling und ließ sie dann los.

Unten fing Jack sie auf. Jessie öffnete kurz die Augen.

"Jackie, was los?", murmelte sie noch ganz benommen, dann fingen ihre Augenlider an zu schwanken und sie schlossen sich wieder.

"Jack!", schrie Elizabeth entsetzt und kam auf ihn zu. "Was ist mit Jessie passiert?!"

"Nehmt die Schatztruhe mit", befahl Jack. "Wir gehen zurück zur Pearl!" Dann wandte er sich an die besorgte Elizabeth: "Ich erzähle es dir auf dem Rückweg, Lizzy."

Als alle wieder auf der Black Pearl angekommen waren - es dämmerte bereits wieder -, ging Jack in seine Kajüte und legte Jessie auf seiner Koje ab. Er entzündete mehrere Kerzen, sodass er genügend Licht hatte. Dann wandte er sich wieder Jessie zu.

Er setzte sie auf und lehnte sie an die Wand hinter der Koje. Jack zog ihr die Stiefel und die braune Hose von den Beinen. Dabei bemerkte er die Schnittwunde an ihrem Oberschenkel. Vorsichtig strich er darüber. Dann begann er, ihr auch das Hemd auszuziehen. Die Schnittwunde an ihrem Bauch schockierte ihn. Sie blutete zwar nicht mehr, aber Jessie musste dadurch viel Blut verloren haben. Es war alles auf ihrem Bauch und im Hemd getrocknet. Jack ließ das blutdurchtränkte Hemd auf den Boden fallen und legte seine Hand vorsichtig auf die lange Wunde.

Jessie keuchte, packte Jack am Handgelenk und starrte ihn aus ihren wunderschönen, meeresblauen Augen an. Auf ihrem Körper bildete sich Schweiß.

"Alles wird gut, Liebes", beruhigte Jack sie.

Jessie nickte und brachte schwach hervor: "Ich vertraue dir." Sie führte Jacks Hand höher zu ihrem Dekolleté und drückte sie auf ihr Schlüsselbein. "Sei bei mir, Jackie. Beschütz mich", murmelte sie abwesend.

"Werde ich, Liebes", versprach Jack und zog seine Hand zurück. "Lass mich deine Wunden versorgen."

Jessie schenkte ihm ein dankerfülltes Lächeln; dann fielen ihre Augen wieder zu.

Jack betrachtete sie, wie sie dort lag und er verlor sich in ihrem Anblick. Er fand sie sehr, wirklich ausgesprochen schön. Seine Augen wanderten über ihren Körper. Ihre Augen waren geschlossen und ihre langen, dunklen, schön geschwungenen Wimpern warfen im Kerzenlicht einen hübschen Schatten unter ihre Augen. Ihre langen, braunen, gelockten Haare fielen ihr leblos um den Kopf und ihre Lippen waren leicht geöffnet. Ihr Atem floß ruhig und entspannt und ihr Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig. Ihr Mieder legte sich perfekt um ihren Oberkörper und Jack fiel erneut auf, dass sie es abgeschnitten und nach hinten gebunden hatte. Sie hatte gesagt, ein Mieder war ihr zu lang und umständlich, vor allem, weil sie öfter mal von einem Kleid auf Hemd und Hose umsteigen musste. Jack mochte es. Ihm gefiel es, dass es nun nur noch ihre Brust bedeckte. Das hatte etwas schönes, kreatives, eigenartiges. Er hatte noch nie jemanden getroffen, der sein Mieder gekürzt hatte; leicht schmunzelnd schüttelte er den Kopf und betrachtete Jessie dann erneut. Ihre Schnittwunden waren alle so gut wie getrocknet. Ihre Beckenknochen hoben sich etwas aus ihrem flachen Bauch hervor. Und das flackernde Kerzenlicht setzte ihren Körper noch besonders in Szene.

Jack betrachtete nun ihre Wunden genauer, doch unhübsch machten sie sie keinesweg. Sie machten sie einfach piratiger. Aber vor allem machten sie sie sogar schön. Sie war eben nicht perfekt. Aber genau das mochte Jack.

Er griff nach einem feuchten Leinentuch und reinigte zunächst ihre Wunden und ihren Körper von getrocknetem Blut. Dann zog er das aus sauberen Leinen bestehende Verbandszeug, welches er mitgebracht hatte, heran und schmierte erst einmal Salbe, die er mal von Tia Dalma bekommen hatte auf Jessies Wunden. Es war Wundsalbe, die eine gute Arbeit tat, wie Jack aus eigener Erfahrung wusste. Wahrscheinlich eben weil sie von Tia Dalma stammte. Dann wickelte er erst den Verband um ihren Oberschenkel, dann um ihren Bauch. Jack selbst hatte nur einen kleinen Schnitt am Hals und am Arm und mehrere blaue Flecken. Dann bemerkte er, dass die Haut um Jessies rechten Hüftknochen ganz blau war. Er nahm die Dose, in der sich Tia Dalmas Salbe befand und rieb Jessies Hüfte damit ein. Tia Dalma hatte ihm gesagt, die Salbe würde sogar bei Brüchen und Blutergüssen hilfreich sein. Jack wollte nur zu gern wissen, was sie wohl alles zur Herstellung dieser Salbe verwendet haben musste.

Jessies Lider erhoben sich nun, woraufhin ihre knallblauen Augen Jack anstarrten. "Danke", murmelte sie mit vor Schmerz gequälter Stimme. "Bleib bei mir. Ich fühl mich so sicher, wenn du da bist."

"Das kannst du auch, Liebes", sagte Jack und sah ihr fest in die Augen.

Jessie lächelte und zog Jack zu sich herunter, sodass er auf ihr lag. "Das war also unser Abenteuer."

"Aye. Morgen sehen wir nach, was wir da erbeutet haben."

Jessie nickte. Dann schlossen sich ihre Augen wieder. Jack erhob sich von ihr und deckte sie zu. Er legte sich neben sie, legte seine Arme um sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

"Schlaf gut, Liebes", flüsterte er.

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt