66: Rum und Schokolade

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Der Abend kam schneller als gedacht. Ich hatte mir einen schönen Nachmittag mit Elizabeth gemacht. Die Zeit war wie im Fluge vergangen. Und ich musste feststellen, dass sie meine erste wirkliche Freundin war. Denn sonst war ich nämlich nur mit männlichen Menschen so eng befreundet, wie mit ihr. Sie ersetzte mir so ein bisschen meinen Hendric. Aber eben nur ein bisschen. Denn einen Hendric Dolmunda konnte man einfach nicht ersetzen. Nun, wie dem auch sei, ich musste mich unbedingt noch umziehen. Heute Abend wollten wir nämlich mal wieder ein bisschen feiern und ich hatte immer noch die Kartoffeln im Haar.

Und nun war ich mit Jack in seiner Kajüte und stand vor ihm. Er hielt mir vier Kleider vor die Nase, in jeder Hand zwei, und blickte genervt drein. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, verflucht! Ich strich mir verzweifelt die Haare aus dem Gesicht, wobei ein paar Kartoffelstückchen zu Boden fielen.

"Sag du doch auch mal was dazu", meckerte ich Jack nun an, der eigentlich gar nichts dafür konnte.

"Du kennst meine Meinung. Ich habe dir schon drei mal gesagt, du sollst dieses hier nehmen." Er nickte mit dem Kopf auf das weinrote, welches er mir auf der Insel gekauft hatte. "Du wolltest es so gerne haben, jetzt zieh es auch an. Ich habe es dir nicht umsonst geschenkt."

"Na schön, überzeugt...", sagte ich. "Kannst du vielleicht noch etwas länger Kleiderständer spielen? Ich muss kurz meine Haare waschen und sie von dem ganzen missglückten Kartoffelzeugs befreien."

Ich sah Jack noch die Augen verdrehen, während ich schon aus der Kajüte spazierte.

Wenig später kam ich wieder. Ich kämpfte gerade noch mit meinen langen, nassen Haaren und einem Haarband.

"So, Spatzi", begann ich mit Jack zu reden, zog das Haarband, mit welchem ich meine Haare zu einem Dutt auf meinem Kopf zusammengebunden hatte, fest und ließ die Arme sinken. "Dann können wir... Hey! Du solltest doch das Kleid festhalten." 

Jack hockte auf dem Boden und aß Schokolade. "'schuldigung", brachte er kauend hervor.

"Ich will auch Schokolade!", beschwerte ich mich und nahm mir ein Stück.

Jack erhob sich, griff nach dem Kleid und stellte sich wieder schön brav an seinen Platz als Kleiderständer. Vorbildlich. Ich befreite mich aus meiner Weste und warf sie in eine Wäschekiste. Dann zog ich mir die braune Stoffhose von der Hüfte und sie folgte der Weste.

"Soll ich weg sehen?", fragte Jack und grinste mich herausfordernd an.

"Laber keinen Mist", antwortete ich und zog mir das Hemd über den Kopf.

Jack lachte, als ein Haufen Zwiebel- und Kartoffelstücke zu Boden fielen. Und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Obwohl ich es nicht gerade so witzig fand, dass ich darüber lachen musste, war es zugegebenermaßen doch minimal amüsant. Ich sah an mir herab. Selbst in meinem halben Mieder - aye, halbes Mieder. Ich bevorzugte die kurze Variante, da ich ein langes Mieder einfach viel zu umständlich fand - befanden sich kleine Stücke. Ich senkte den Kopf, steckte die Hand in besagtes Wäschestück und tastete nach weiteren Essensstücken. Jack kringelte sich vor Lachen.

"Lach nicht!", sagte ich flehend.

"Darf ich mal?", fragte Jack grinsend und kam schon auf mich zu.

"Vergiss es", antwortete ich. "Sag mal, hast du zufälligerweise irgendwo ein Mieder?"

"Nein, tut mir Leid", sagte Jack und musste sich wohl tierisch zusammenreißen, um nicht zu lachen. "Vielleicht hat Lizzy noch welche."

Ich seufzte. "Ach egal, ich lass das jetzt einfach so."

"Und heute Nacht darf ich zwischen misslungenen Bratkartoffeln schlafen, oder was?!"

"Niemand hat gesagt, dass du mich ausziehen sollst, Liebling", erklärte ich zwinkernd und griff nach dem Kleid, doch Jack wollte es nicht los lassen. "Gib schon her. Was soll das denn?!"

Always the Sea - Die Abenteuer der Jessie Bones (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt