45 | Wie eine Märtyrerin

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Alles was man vergessen hat, schreit im Traum nach Hilfe.

Elias Canetti

***

Ümit

Der Drang sie nicht berühren zu können brachte mich innerlich um. Schon zu lange war ich wie auf Entzug von ihr. Auch wenn ich es schätzte, dass sie gerade bei mir war und ich somit ihre Anwesenheit fühlte, wollte ich mehr. Es reichte mir nicht. Wir hätten so viele Sachen tun können. Dinge die wir vorher getan hatten. Ich könnte sie einfach in meine Arme nehmen... ihr schöne Sachen zuflüstern... ihre Haut an meiner Hand fühlen...

Ich hatte Sehnsucht nach ihrer wahren Nähe. Im Moment traute ich mich nicht mal zu atmen, aus Angst, dass sie aufwachen und sich von meinen Armen lösen würde. Ich wünschte Arya würde wissen, dass sie meine Medizin war. Als ich auf ihrem Schoß einschlief, war sie selbst eingeschlafen und lag in einer unbequemen Position. Deshalb setzte ich mich an die Ecke von der Couch hin und ließ sie in meine Arme fallen. Sie schlief so friedlich... so unbeschwert. Als ob kein tragischer Schicksalsschlag uns erwischte. Als ob wir gar nicht gelitten hätten.

Ich vermisse sie. Sehr sogar. Dafür reichen nicht mal Worte. Es war schon traurig, dass ich ihre Nähe nur dann genießen konnte, wenn sie unbewusst neben mir schlief.

»Scheiße.«, fluchte ich leise, als mein Handy laut klingelte. Arya schien aufzuwachen, denn meine rechte Brust wurde direkt mit der Kälte geschlagen. Sie rieb durch ihre Augen und setzte sich leicht auf. Somit nahm ich mein Handy vom Couchtisch und ging ran. »Was gibt's?«, fragte ich direkt in den Hörer.

»Ist Arya bei dir?«, fragte Asya panisch. Sofort sah ich zu Arya rüber und bejahte ihre Frage. »Gott sei Dank. Ich dachte schon, dass etwas passiert sei.«

»Wieso?«

»Weil sie mit Noah unterwegs war und einfach nicht mehr nach Hause gekommen ist. Außerdem ist es mitten in der Nacht.«, erklärte sie schnell. Während Arya mich mit großen neugierigen Augen ansah, stand ich von der Couch auf und lief in die Küche, um in Ruhe reden zu können.

»Sie war mit Noah?« Ich musste mich sehr beherrschen nicht laut zu reden, um Arya bloß nicht abzuschrecken. Beruhig dich, Ümit.

»Hat sie dir das nicht erzählt? Sie ist doch bei dir.«, fragte Asya suspekt. Verständlich. Warum hatte ich Arya gar nicht gefragt was überhaupt passiert war?

»Nein hat sie nicht.« Meine rechte Hand bildete sich zu einer Faust bei den Gedanken, warum ich Arya beim Wegrennen gesehen hatte. Hatte er ihr etwas angetan? Wie zur Hölle kam es dazu, dass sie panisch wegrannte und spontan am Sportplatz landete? Fragen über Fragen. Jedoch fehlten Antworten.

»Wie kam es dazu, dass sie dann jetzt mit dir ist?«

»Ich habe sie zufällig am Sportplatz getroffen. Als ich sie sah, war sie außer Atem. Außerdem sah sie ängstlich aus.«, erzählte ich kurz.

»Gott, denkst du Noah wollte die zu etwas drängen?«, wieder diese Panik. Asya's Stimme wurde leicht weinerlich. Selbst ich musste mir gerade meine sentimentalen Emotionen wegdrängen. Einer von uns beiden musste stark bleiben.

»Asya, ich... fuck ich weiß es nicht. Sie hat es mir nicht erzählt und ich bin auch nicht drauf eingegangen.«, kurz sah ich von der Küche aus zu Arya rüber. Sie hatte eine weitere Folge von Brooklyn Nine Nine angeschaltet und schien sich nicht von etwas stören zu lassen.

»Versuch mal sie darauf anzusprechen.«

»Werde ich, Asya.« In meiner Vorstellung sah ich mich mit dem Alibi Profiboxer im Ring. Ja, ja das ist eine gute Vorstellung. Und es war mir egal welche Erfahrung er mitbrachte.

Eine gemeinsame SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt