29 | Konkludente Beziehung

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Eine Beziehung wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.

Kenneth Branagh

***

Arya

Ümit hatte mich wieder rausgeschickt, nachdem wir... uns geliebt hatten. Er wollte, dass ich wieder runter gehe, jedoch wollte ich auf ihn warten. Somit hatte ich mich auf die Treppe gesetzt und versuchte mein Atmen auf Routine zu bekommen. Langsam verlor ich meine Beherrschung. Nicht langsam, sondern eher sehr schnell. Ich musste mich wirklich zurückhalten und nicht immer über ihn herfallen. Eine Beziehung basiert ja nicht nur darauf.

Beziehung? Seid ihr überhaupt in einer Beziehung? Er hat dich doch gar nicht gefragt.

Das stimmt. Er hatte mich gar nicht gefragt. Meine Bestätigung hatte er nur durch mein ganzes Herfallen über ihn bekommen. Ich fühlte mich... bisschen komisch. Nicht dreckig, denn ich wusste, dass er mich liebte und nicht ausnutzte. Trotzdem wollte ich es aus seinem Mund mal hören, dass wir offiziell in einer Beziehung sind.

Aus meiner Hosentasche nahm ich mir mein Haargummi raus und machte mir einen hohen Dutt. Diese Wärme hier wird mich noch verrückt machen. Ich vermisste das Deutschlandwetter mit seinen Stimmungsschwankungen zwischen Sonne und Regen wirklich sehr. Das Entsichern der Türe brachte mich von meinen Gedanken. Reflexartig stand ich auf und erwartete Ümit.

»Du bist noch hier?«, fragte er mich überrascht.

»Uhm, ja. Ich wollte mit dir wieder runter gehen.«

»Na dann, komm.«, er nahm meine Hand in seine und somit liefen wir die Treppen runter. Als wir kurz vor der Terrassentür standen, räusperte ich mich und ließ seine Hand los. Die Gedanken von vorhin plagten mich noch ein wenig. Ohne ihm einen weiteren Blick zu schenken lief ich raus, sofort sprach mich Asya an.

»Sude hat angerufen. Sie will dich sprechen.«, sie überreichte mir mein Handy.

»Ist... ist etwas passiert?«, fragte ich vorsichtig.

»Ich glaube nicht.«, Asya versuchte mich mit ihrem Blick zu beruhigen. Schnell nahm ich mein Handy von ihr ab und lief ins Wohnzimmer rein. Ich setzte mich auf die Couch und rief sie an.

»Arya?«

»Hallo, Sude.«, ich hatte sie echt vermisst. Zuletzt hatte ich sie in Istanbul gesehen, jedoch hatte die Beerdigung uns alle abgelenkt, weshalb ich nichts privates mit ihr unternehmen konnte.

»Ich... ich vermisse dich wirklich, Arya.«, fing Sude an und ich merkte, dass sie weinte. Zwar weinte sie nicht laut, doch ihre Tonlage veränderte sich deutlich.

Sude war zwei Jahre jünger als ich, somit einundzwanzig Jahre alt und ich hatte bei ihr immer das Gefühl, ihre große Schwester zu sein — auch wenn zwei Jahre Altersunterschied nichts großes waren. Vor meinem Verlust hatten wir täglichen Kontakt und vertrauten uns alles an. Jedoch hat sich das nach dem Ereignis geändert. Ich hatte mit ihr gar nicht gesprochen und ich merkte, wie ich meine Familie plötzlich vermisste. Meine Tanten, Cousins und Cousinen. Céline... Plötzlich hatte ich heimweh. Richtiges heimweh. Jetzt war ich die jenige, die ihre Tränen nicht zurückhalten konnte.

»Ich dich auch, Sude.«

»Wie ist es bei Onkel? Bist du glücklich? Kommst du voran?«

Mittlerweile bin ich glücklich. Und ich komme voran. Ich komme mit Ümit voran. Der Rest war mir irgendwie egal. Jedoch wollte ich ihr das alles nicht am Telefon erzählen. Sondern von Auge zu Auge. Sie soll sehen, wie der Gedanke an ihn mich glücklich macht. Wie aufgeregt ich sein kann. Sie soll es erleben.

Eine gemeinsame SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt